Teufelsmauer
Mann aus Italien, der Menschen für Geld tötet«, sagte er schlieÃlich.
Rosemarie Breitenhiller nickte. Nach einer Weile öffnete sie den Verschluss ihrer Handtasche und holte ein einfaches weiÃes Kuvert hervor. »Wenn Sie Fragen haben: Vielleicht finden sich hier Antworten.«
»Was ist das?«, fragte Morgenstern. »Wo haben Sie das her?«
»Es ist auf unserem Wohnzimmertisch gelegen. Ich habe es gerade eben erst entdeckt.«
Morgenstern nahm den verschlossenen Umschlag mit spitzen Fingern und las murmelnd vor: »Für Albert und Rosemarie. Nicht öffnen vor Sonntagabend! Hans«
Rosemarie Breitenhiller blickte wieder in die Ferne. »Ich kann mir denken, was drinsteht«, sagte sie leise. Dann ging sie langsam zum Dorf zurück, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen.
EPILOG
Eine Woche später war Mike Morgenstern mit seiner gesamten Familie an einem Urlaubsort, der ihm selbst nie in den Sinn gekommen wäre: in Rom. Morgenstern hegte eine tiefe Abneigung gegenüber Städtereisen, Kulturtourismus war ihm ein Gräuel. Aber wie so oft hatte sich Fiona mit ihrem Vorschlag durchgesetzt, was ihr vor allem deswegen leichtgefallen war, da ihrem Gatten nur ein paar Tage Camping am nahen Brombachsee als Alternative eingefallen waren.
»Du brauchst ein bisschen mehr Abstand von deiner Arbeit«, hatte Fiona erklärt. Und ehe sich Morgenstern versah, hatte sie eine kleine Ferienwohnung mitten in Rom gebucht, in der Via del Tritone, ganz nahe beim Trevi-Brunnen und der Spanischen Treppe.
Zur Anreise hatte Familie Morgenstern den Nachtzug MünchenâRom gewählt. Der Familienvorstand hatte während der Fahrt im Liegewagen kaum ein Auge zugetan: Das lag vor allem an seiner notorischen Furcht vor Taschendieben, vor denen es dem Hörensagen nach in diesen Zügen wimmelte, weswegen Morgenstern seine unersetzbare antike Jeansjacke als Kopfkissen benutzte und ansonsten versuchte, den â selbstverständlich von innen verriegelten â Eingang des Abteils im Auge zu behalten.
Die Ferienwohnung, in der er am Vormittag völlig übermüdet ankam, lag direkt gegenüber dem Verlagshaus der Tageszeitung »Il Messaggero«, wie Morgenstern mit einigem Desinteresse feststellte. Vom Fenster aus konnte er den Redakteuren auf die Schreibtische schauen, unten auf der StraÃe war die aktuelle Ausgabe in Schaukästen ausgehängt.
»Als Erstes fahren wir zum Kolosseum«, entschied Fiona, die resolut das Kommando übernommen hatte. »Morgen gehen wir dann in den Petersdom, und übermorgen will ich zum Forum Romanum.«
»Ja, ja«, seufzte Morgenstern »Dabei wollte ich eigentlich nur ein bisschen ausspannen. Mit Lagerfeuer und Nackensteak vom Grill.«
»Und der Bildzeitung«, legte Fiona nach. »Sei bloà froh, dass du mich hast. Wenn wir jetzt noch in Eichstätt wären, müsstest du bestimmt auf diese Beerdigung in Kipfenberg.«
Morgenstern nickte. »Da muss jetzt der Spargel hin, wenn sie diesen Gaetano Formazzi unter die Erde bringen. Dabei heiÃt er gar nicht so.«
»Nein?«, fragte Fiona. »Wie dann?«
»Das weià keiner. Wir haben über Interpol alles überprüfen lassen. Es gibt zwar einen Gaetano Formazzi, einen Olivenbauern aus Kalabrien. Aber der erfreut sich bester Gesundheit. Vor einem Jahr ist sein Personalausweis gestohlen worden. Dieser Auftragsmörder hat sich eine falsche Identität zugelegt. Niemand weiÃ, wer er wirklich ist und wo er herkommt. Deswegen wird er jetzt auf dem Kipfenberger Friedhof beigesetzt. Auf Staatskosten.«
»Und ich dachte, mit DNA -Analyse kann man heute jeden identifizieren«, sagte Fiona.
»Nur, wenn er schon mal polizeilich aufgefallen ist. Das war aber offensichtlich nicht der Fall.«
»Und der Chef von diesem Restaurant hat ihn einfach so angestellt? Ohne etwas über ihn zu wissen?«
»Ach, Fiona, die haben in der Gastronomie im Altmühltal in der Hochsaison so groÃe Personalprobleme, dass da keiner genau hinschaut.« Morgenstern fläzte sich auf das breite Bett und genoss die Kühle der Klimaanlage. »Der nimmt sein Geheimnis mit ins Grab.«
»Im Gegensatz zum Monsignore«, fügte Fiona an. »Was ist eigentlich genau in diesem Brief gestanden? Das hast du mir bisher noch nicht erzählt.«
Morgenstern richtete sich auf. »Ein Geständnis, na ja, eher eine Art Entschuldigung. Er
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