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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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Wange bis zum Kinn. Die Augen hatte sie im Tod weit aufgerissen. Langsam zog der Spurenexperte die Decke ganz zur Seite.
    Â»Tatsächlich. Ein Kettenhemd.« Morgenstern starrte die Leiche an. Die winzigen Eisenringe funkelten in der Sonne, bildeten die Kontur des schlanken Körpers nach. War es wirklich eines der Kettenhemden aus dem Pfünzer Römerkastell? Er zückte sein Handy und drückte die Kurzwahlnummer der Polizeiinspektion Eichstätt. Mit knappen Sätzen erklärte er Inspektionsleiter Manfred Huber die Lage. Er brauche dringend jemanden, der die geraubten Pfünzer Ausstellungsstücke genau kannte und bestätigen konnte, ob die Limeskönigin eine der beiden Panzerhemden anhatte. Die Wachstube müsse noch einmal mit allergrößter Gründlichkeit nach Hinweisen durchforstet, die Legionärspuppen auf Fingerabdrücke untersucht werden. Er werde den Experten von der Spurensicherung zur Inspektion schicken.
    Â»Wer geht mit einem bleischweren Badeanzug ins Wasser?«, fragte Hecht, der bisher stumm neben Morgenstern gestanden hatte. Auch ihm hatte der Anblick der jungen Frau im Kettenhemd einen Schock versetzt.
    Morgenstern warf ihm einen ungnädigen Blick zu. »Badeanzug«, wiederholte er missbilligend. »Nein, ich sehe bloß zwei Möglichkeiten. Entweder das war ein sorgfältig vorbereiteter Selbstmord, und der Panzer war die Garantie fürs rettungslose Untergehen im Wasser. Oder …«
    Â»Oder es war Mord«, ergänzte Hecht.
    Morgenstern warf einen letzten Blick auf die tote Limeskönigin, dann wandte er sich ab. »Ich geh noch mal zur Feuerwehr, vielleicht können die was beitragen.«
    Hecht nickte. »Ich komme mit.«
    Der Feuerwehrkommandant stand kreidebleich etwas abseits zwischen zwei Büschen.
    Â»Wie tief ist eigentlich der Weiher?«, fragte Hecht.
    Â»Flach. Darum ist er auch meistens so voll mit Algen.«
    Â»Kann da jemand ertrinken?«
    Â»Ertrinken kann man überall, auch daheim in der Badewanne«, antwortete der Kommandant knapp.
    Â»Da haben Sie recht.« Morgenstern und Hecht nickten.
    Â»Was glauben Sie?« Zögernd formulierte der Feuerwehrmann seine nächste Frage: »Ist sie, die Limeskönigin … ist sie ermordet worden?« Die Frage stellte sich inzwischen wohl ganz Pfahldorf.
    Â»Sieht das für Sie nach einem Badeunfall aus?«, fragte Morgenstern zurück. »Wer steigt nur so zum Spaß mit einem zehn Kilo schweren Kettenhemd ins Wasser?«
    Der Feuerwehrkommandant stutzte. »Zehn Kilo ist so ein Ding schwer?«
    Â»Ungefähr«, antwortete Morgenstern. Er hatte die Information eben von Huber am Telefon bekommen.
    Zwei Autos kamen fast gleichzeitig auf den Weiher zugefahren. Eines aus Richtung Autobahnausfahrt Altmühltal; es war ein schwarzer Leichentransporter, der die Tote zur Untersuchung nach Ingolstadt bringen sollte. Der andere Wagen kam aus Richtung Norden. Ein Mercedes, dessen Silbermetallic-Lackierung in der Sonne schimmerte.
    Â»Um Himmels willen«, entfuhr es dem Feuerwehrkommandanten, als er den Mercedes sah.
    Â»Was ist los?«
    Â»Das sind die Eltern. Das Auto kenne ich. Das ist der Moier aus Hirnstetten. Familie Breitenhiller.«
    Morgenstern erinnerte sich an das Gespräch, das er tags zuvor am Biertisch geführt hatte. Da war vom »Moierhof« die Rede gewesen, vom größten Hof im Dorf. Er blickte auf das herannahende Auto, besprach sich kurz mit Hecht, dann winkte er einen Beamten der Polizeiinspektion Beilngries herbei. Der konnte in seiner tadellosen Uniform sehr viel besser als Amtsperson auftreten als er oder Hecht.
    Der Kollege war alles andere als begeistert von dieser Aufgabe, konnte sich aber letztlich der Argumentation des Kriminaloberkommissars Morgenstern nicht verschließen, denn der trug wie üblich hohe braune Cowboystiefel und seine enge, ausgewaschene Jeansjacke.
    Â»Wir lassen Sie schon nicht im Stich«, versprach Hecht, der wie so oft mit einem hellblauen Polohemd und einer dunkelbraunen Cordhose bekleidet war. »Wurde das Kriseninterventionsteam schon informiert? Und der Pfarrer?«
    Der Beilngrieser Beamte nickte. »Das habe ich gleich nach der ersten Meldung erledigt. Sie müssten jeden Moment kommen.«
    Der Mercedes rollte direkt neben den Weiher, drei Türen flogen auf. Der Vater, die Mutter und, so vermutete Morgenstern, die jüngere Schwester der Toten stürzten aus dem

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