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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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muss doch erreichbar sein.« Sie stand auf und ging zum Schreibtisch. »Ah, da ist er ja schon. Karl-Heinz Rehling. Genau, der Rehling aus Dollnstein. Den würde ich an Ihrer Stelle mal anrufen.«
    Morgenstern hob die Katze, die es sich mittlerweile schnurrend auf seinem Schoß bequem gemacht hatte, zur Seite, notierte sich die Handynummer, und weil er schon stand, nutzte er die Gelegenheit, sich weiter in der Wohnung umzusehen. In einer Ecke stand ein Metallrohr mit gebogenem Griff und am unteren Ende einer Art eiserner Teller: Es schien ein Metallspürgerät zu sein. In einer schlichten gläsernen Vitrine waren verwitterte, teils von Grünspan überzogene Münzen ausgestellt, dazu Speer- oder Pfeilspitzen, Reste von eisernen Ketten und ein gedengeltes Metallteil, das möglicherweise einmal zu einem Helm gehört hatte. Offenbar hatte Russer als Sondengänger einigen Erfolg.
    Â»Schöne Sammlung«, sagte er zu Anna Russer, die sich ein wenig argwöhnisch hinter ihn gestellt hatte.
    Â»Finden Sie? Ich weiß nicht recht. Er hat mir erzählt, dass er oft abends oder sogar nachts allein unterwegs ist. Das gefällt mir gar nicht. Man macht sich ja Sorgen.«
    Â»Ein Mann muss seinen Weg gehen«, sagte Morgenstern lakonisch.
    Â»Da sagen Sie was, Herr Kommissar.« Sie seufzte erneut. »Er ist ja auch Finanzbeamter geworden, hier in Eichstätt. Wer hätte das gedacht?«
    Â»Das ist doch schön, Frau Russer. Finanzbeamte braucht man immer.«
    Â»Finanzbeamter«, wiederholte sie mit bitterem Ton. »Er hatte schon angefangen mit dem Theologiestudium. Er hat Priester werden wollen. Genau so, wie ich mir das immer gewünscht habe. Wie oft haben wir damals für ihn gebetet.«
    Â»Wir?«
    Â»Ja, ich bin im Gebetskreis für geistliche Berufe, und da beten wir gemeinsam einmal im Monat ganz früh am Morgen den Rosenkranz. Wir beten um Priesternachwuchs, dass Gott Arbeiter in seinen Weinberg schicke. Wenn Sie verstehen, Herr Kommissar.« Mit hoher, vibrierender Stimme begann sie zu singen: »Dein Weinberg, Herr, ist leer und öd, das Volk ist hungrig und vergeht, nach deinem Wort und Werke …«
    Â»Um Gottes willen«, entfuhr es Morgenstern.
    Anna Russer interpretierte das als Zustimmung. »Da haben Sie recht. Es ist eine Katastrophe, dass immer weniger junge Männer für den Dienst am Altar bereit sind. Und mein Gundekar wäre genau der Richtige gewesen. Hat schon im Priesterseminar am Leonrodplatz gewohnt. Und dann macht er auf einmal einen Rückzieher und sattelt um auf Finanzwesen. Und jetzt wohnt er ausgerechnet hier in diesem Haus.« Sie deutete auf den Fußboden. »Haben Sie die Schilder gesehen in den Schaufenstern?«
    Morgenstern nickte. »Schon oft. Die sind nicht zu übersehen. Das ist ja der Sinn der Übung.«
    Â»Dass so etwas erlaubt ist, also wirklich! Eine Unverschämtheit ist das. Und mein Gundekar zieht ausgerechnet hier ein. Und ich? Jedes Mal, wenn ich die Katze füttere, muss ich daran vorbei. Eine Schande! Früher hätte es das nicht gegeben.« Anna Russer hatte sich in Rage geredet.
    Morgenstern wollte sich nicht vorstellen, wie dieses »Früher« in einer katholisch geprägten Bischofsstadt wie Eichstätt ausgesehen haben mochte.
    Â»Und als Sie vorhin angerufen und gesagt haben, dass Sie von der Polizei sind, da dachte ich mir: Das ist ein Zeichen dafür, dass es höchste Zeit wird, dass etwas unternommen wird.«
    Â»Von Ihrem Gebetskreis?«, fragte Morgenstern arglos.
    Â»Nein. Natürlich von Ihnen. Sie sind doch hier der Vertreter von Recht und Ordnung. Sie müssen diesen Wahnsinn stoppen. Das ist Gotteslästerung, was hier in diesem Haus passiert.«
    Morgenstern schielte zur Tür. Er musste schauen, dass er hier heil herauskam.
    Â»Soweit ich das sehe, geht es hier nicht so sehr um Gott, sondern eher um sein irdisches Bodenpersonal, das kritisiert wird, die Kirche als Institution«, gab er vorsichtig zu bedenken und bewegte sich Richtung Ausgang.
    Â»Kritisiert?« Ihre Stimme schraubte sich höher. »Da wird unser Heiliger Vater gelästert. Und die Polizei legt die Hände in den Schoß!«
    Â»Beruhigen Sie sich, Frau Russer.« Morgenstern kam der rettende Blitzableiter in den Sinn. »Was sagt denn Ihr Sohn dazu, wenn er doch schon mal Theologie studiert hat? Der müsste sich doch damit besser auskennen als ich. Der

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