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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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Gesichtszügen und früh ergrautem Haar.
    Â»Der Hans?«, fragte Morgenstern.
    Â»Mein älterer Bruder«, sagte Breitenhiller. »Wesentlich älter als ich. Er ist in Eichstätt ins Seminar gegangen und Priester geworden. Es war für ihn eine Ehrensache, dass er damals unsere Barbara getauft hat.«
    Rosemarie Breitenhiller überblätterte einige Seiten im Album. »Der Hans: Wir haben ihm schon Bescheid gegeben. Er wird auch die Beerdigung halten.« Sie fand das Bild, nach dem sie gesucht hatte. »Hier ist er noch mal.«
    Morgenstern und Hecht sahen den hageren Geistlichen in schwarzer Soutane vor einer unverwechselbaren Kulisse: vor dem Petersdom, umgeben von seinen Verwandten aus Hirnstetten, darunter auch Barbara als Teenager.
    Â»Da haben Sie einen Ausflug mit ihm nach Rom gemacht?«, fragte Hecht höflich.
    Â»Nein«, sagte Breitenhiller und schien auf seinem Sofa vor Stolz ein wenig zu wachsen. »Hans wohnt in Rom. Wir haben ihn da besucht. Mein Bruder ist schon seit vielen Jahren im Vatikan, er arbeitet in der Kurie. Monsignore Breitenhiller.« Er deutete auf das Foto aus dem Vatikan. »Er hat natürlich auch den Doktor gemacht. Der einzige Akademiker in unserer ganzen Verwandtschaft.«
    Â»Dass Barbara tot ist, ist ein Schock für ihn«, sagte die Mutter. »Er war immer ganz vernarrt in unsere Mädchen. Wenn er nicht Priester geworden wäre, wäre er bestimmt ein guter Vater geworden.«
    Â»Der Hans hätte alles werden können«, schob Breitenhiller nach. »Nun hat er in der Kirche Karriere gemacht. Im Vatikan. Jetzt geht er auf die sechzig zu, da denken die Leute im weltlichen Leben langsam an die Rente. Aber in der katholischen Kirche wird es da erst interessant.«
    Rosemarie Breitenhiller sah die Ermittler an. »Waren Sie schon mal in Rom?« Als beide verneinten, sagte sie: »Sollten Sie aber. Man sagt doch: Alle Wege führen nach Rom.«
    Breitenhiller pflichtete bei. »Wenn man bedenkt, dass hier direkt bei uns in Hirnstetten die Grenze des Römischen Reiches verlaufen ist, dann wird einem erst klar, warum wir Bayern so nach Süden orientiert sind. Das sagt der Hans auch immer. Deswegen hilft er mir auch beim Römerpark.«
    Â»Ich stamme von der anderen Seite«, sagte Morgenstern kurz und deutete dahin, wo er Norden vermutete. »Aus Nürnberg. So weit sind die Römer nie gekommen.«
    An diesem Abend saß Morgenstern erstmals seit langer Zeit ganz alleine zu Hause. Er stöberte in den Tiefen des Vorratsschranks eine hoch betagte Dose Tomatenravioli auf, die einst als eiserne Reserve beim Campingurlaub gedient hatte, aber nie zum Einsatz gekommen war. Ein Blick aufs Verfallsdatum zeigte, dass ihr Inhalt noch während des gesamten Jahrzehnts gefahrlos verzehrt werden konnte.
    Morgenstern suchte und fand eine große Zwiebel, schälte sie, schnitt sie in grobe Würfel und schwitzte sie mit viel Sonnenblumenöl bei höchster Temperatur an. Darauf kippte er den Doseninhalt, der erfreulicherweise auch einem misstrauischen Schnuppertest standhielt. Er rührte einmal um, legte den Deckel auf und ging dann duschen. Als er fünf, eher zehn Minuten später in die Küche zurückkehrte, roch er das Malheur schon, bevor er den Deckel abgenommen hatte: Sein Nudel-Fertiggericht war hoffnungslos eingedampft und hatte sich mit einer dicken schwarzen Kruste auf dem Topfboden eingebacken.
    Â»Wäre sowieso eine viel zu große Portion gewesen«, murmelte er und begann, mit einem Löffel den oberen, noch am ehesten unversehrten Teil seiner Strohwitwer-Mahlzeit zu sich zu nehmen.
    Den Rest stellte er nach kurzer Überlegung ins Spülbecken. Dann versuchte er es noch einmal bei Gundekar Russer. Nachdem es eine ganze Weile geläutet hatte, meldete sich eine Frauenstimme.
    Â»Hier bei Russer.«
    Â»Mein Name ist Morgenstern, Mike Morgenstern. Ich hätte gern mit Herrn Russer gesprochen. Ich habe es heute schon ein paarmal versucht.«
    Â»Das tut mir leid«, erwiderte die Frau. »Er ist die ganze Woche nicht da.«
    Â»Ans Handy geht er auch nicht«, stellte Morgenstern mit tadelndem Unterton fest.
    Â»Er hat sein Handy nicht mitgenommen. Das soll ja alles ganz original sein. Und damals gab’s halt noch keine Handys.«
    Â»Wie bitte?« Morgenstern verstand nur Bahnhof.
    Â»Ach so. Sie wissen das nicht: Gundekar ist mit seiner Gruppe am Limes unterwegs. Die

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