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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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sei.
    Eine halbe Stunde später hatte sie bereits zweihundertsechsundfünfzig »Gefällt mir!«-Klicks und siebenunddreißig zustimmende Kommentare eingefahren. Die »Community« formierte sich zur Kriminalisten-Kolonne.
    Â»Und da habe ich etwas, was Sie vielleicht interessieren könnte«, sagte Alina Baumüller, als sie zu einem ersten Zwischenbericht ins Büro der Kollegen kam.
    Â»Super«, sagte Morgenstern. »Endlich ein Hinweis.«
    Â»Das nicht gerade«, sagte die Beamtin mit dem Facebook-Know-how. »Aber einen interessanten Termin. Heute Abend um sechs Uhr wird in der Kirche in Hirnstetten ein Rosenkranz gebetet, im Gedenken an Barbara Breitenhiller. Dass ein Rosenkranz als Facebook-Veranstaltung gepostet wird, habe ich noch nie erlebt. Es gibt massenhaft Anmeldungen.«
    Â»Anmeldungen für einen Rosenkranz?«, fragte Hecht staunend.
    Â»Ja, eine Freundin hat den Termin ins Netz gestellt, und jetzt kommen die ganzen Klicks ›Ich nehme teil‹ oder ›Ich nehme vielleicht teil‹. Da wird die Kirche brechend voll.«
    Â»Was hat das jetzt mit uns zu tun?«, fragte Morgenstern. »Sollen wir etwa in die Kirche gehen?«
    Â»Ich mische mich da nicht ein«, sagte die junge Kollegin und klang ein wenig beleidigt. »Aber schaden könnte es nicht. Da haben Sie alle Freunde und Verwandten auf einem Haufen.«
    Morgenstern überlegte, wann er zum letzten Mal bei einem Rosenkranz gewesen war. Das musste beim Tod seiner Oma gewesen sein, also in seiner frühen Jugend. Er erinnerte sich nur noch an einen eintönig-leiernden Singsang.
    Â»Klär mich mal kurz auf, Spargel. Wie war das gleich wieder mit diesem Rosenkranz?«
    Â»Schäm dich, du Karteileichenkatholik«, sagte Hecht mit tadelndem Blick. »Also gut: Da kommt erst ein Vaterunser und dann zehn Ave-Marias, das Ganze fünfmal hintereinander. Und dazwischen heißt es immer wieder: ›Oh mein Jesus, verzeih uns unsere Sünden, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle. Führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die deiner Fürsorge am meisten bedürfen.‹« Hecht guckte stolz.
    Â»Du kennst dich aus«, sagte Morgenstern beeindruckt. »Bewahre uns vor dem Feuer der Hölle … ganz schön gruslig.«
    Â»Einmal gelernt, nie mehr vergessen«, meinte Hecht. »Ich war als Bub Ministrant. Und wenn das heute Abend tatsächlich so eine große Sache wird da draußen in Hirnstetten, dann müssen wir dabei sein.«
    Die junge Kollegin nickte zufrieden.
    Â»Himmel, hilf«, sagte Morgenstern.
    Den Tag verbrachten die beiden in Kipfenberg, wo sie sich im Rathaus am Marktplatz mit dem Bürgermeister unterhielten, sich das verwaiste Festgelände ansahen und den Parkplatz begutachteten, auf dem Barbara Breitenhillers Fiesta gestanden war. Sie sprachen, begleitet vom Bürgermeister, mit den verschiedensten Bürgern, die Sonntagnacht noch im Bierzelt gewesen waren. Zwischendurch telefonierte Hecht Heinrich Pietzkas Grillfreunden hinterher. Sie waren tatsächlich bis tief in die Nacht in Hirnstetten gewesen. Pietzkas Alibi war stabil.
    Schließlich fuhren Morgenstern und Hecht direkt von Kipfenberg zum Rosenkranz.
    Als sie gegen siebzehn Uhr fünfundvierzig in Hirnstetten ankamen, war schon das ganze Dörfchen vollgeparkt. Am Straßenrand, aber auch in den Höfen waren die Autos der Kirchenbesucher abgestellt. Der Moierhof der Familie Breitenhiller hatte sich in einen Großparkplatz verwandelt, und Morgenstern erschien das Verkehrschaos wie ein Vorgeschmack auf künftige Zeiten, wenn der Augustus-Park Wirklichkeit sein würde. In Scharen strömten die Menschen, vor allem junge Leute mit betroffenem Gesichtsausdruck, zu der kleinen weißen Kirche mit dem massiven, gedrungenen Turm, deren Glocke gerade zu läuten begonnen hatten.
    Es war den Kommissaren rasch klar, dass das Gotteshaus die Massen nie und nimmer würde fassen können, sodass sich ein Großteil der Besucher mit einem Stehplatz draußen auf dem kleinen Friedhof würde begnügen müssen. Zur Übertragung nach draußen war neben der Kirchentür eigens ein schmaler Lautsprecher auf einem Dreibein aufgestellt worden. Morgenstern und Hecht drängten sich in die Kirche und fanden mit Mühe auf der linken Seite in der vorletzten Sitzbank zwei Plätze, von denen aus sie mit ein bisschen Kopfstrecken einen Überblick über die

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