Teufelsmauer
nachdem sie mit ihm Schluss gemacht hatte. Haben Sie davon etwas mitbekommen?«
»Gundekar?« Katharina schüttelte den Kopf. »Sie hat ihn fallen lassen, wie sie alle ihre Männer hat fallen lassen. Lass uns Freunde bleiben blablabla.« Sie ahmte mit der rechten Hand die klappenden Mundbewegungen eines Frosches nach. »Sie hat den Typen immer das Gefühl gegeben, dass man sich jederzeit noch irgendwo treffen kann, dass sie sich im âºDasdaâ¹ auch gerne auf einen Wodka-Cola einladen lässt. Aber dass es jetzt eben nichts Ernstes mehr ist. Das war ihre Art, Beziehungen zu beenden. Sie hat nie jemanden ernsthaft verletzt. Und deswegen haben die Kerle das immer akzeptiert. Dieser Gundekar war vielleicht ein bisschen schwerer von Begriff. Aber ich habe nie etwas davon gehört, dass er sie drangsaliert hätte.«
»Dann hat Ihre Schwester gegenüber Ihrem Onkel wohl ein bisschen dick aufgetragen«, sagte Morgenstern zum Abschluss. Beim Hinausgehen warf er noch einen Blick auf das Foto, das die Familie am Petersplatz zeigte. Albert und Rosemarie Breitenhiller hatten den in die Kamera strahlenden Monsignore in ihre Mitte genommen, ganz rechts auÃen stand Barbara, den Arm zärtlich um ihre kleine Schwester gelegt.
Als Hecht und Morgenstern aus dem Haus kamen, sahen sie in den StraÃen des Dorfes mehrere Polizeiautos stehen. Die Haushaltsbefragung war in vollem Gange. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich eine Flut von vagen Hinweisen über die Ermittler ergieÃen würde, die in aller Sorgfalt abgearbeitet werden musste. Hinweise auf Autos mit auswärtigen Kennzeichen, auf arglose Radfahrer und Wanderer, auf Pilzsammler und vom Weg abgekommene Jakobspilger. Auf Audi-Testfahrer, die im Morgengrauen einsame LandstraÃen unsicher machten, oder auf alkoholisierte Wirtshausbesucher, die aus Gründen des Führerscheinerhalts für die Heimfahrt mit dem Auto die abgelegensten Schleichwege wählten. Und doch war diese schuhsohlenverschleiÃende FleiÃarbeit die vielversprechendste Methode, um zum Erfolg zu kommen.
Morgenstern und Hecht wussten, dass sie es besser hatten als die uniformierten Kollegen, denn sie konnten sich die Rosinen aus dem Kuchen picken. Im konkreten Fall bedeutete das, dass sie sich heute auf Albert Breitenhiller und seine Frau konzentrieren konnten. Eins war sicher: Breitenhiller, der Milchbauer, war am frühen Morgen bereits mit Traktor und Ladewagen unterwegs gewesen, um frisches Gras für seine Kühe zu holen. Das hatte Tochter Katharina ihnen beiläufig mitgeteilt. Die entsprechende Wiese lag einige hundert Meter nordöstlich des Dorfes, direkt am Limes. Und damit nahe beim Waldweg, auf dem Breitenhillers gröÃter Widersacher so grausam zu Tode gekommen war.
Als Morgenstern und Hecht endlich in Eichstätt beim Bestattungsinstitut ankamen, ein unscheinbarer Laden am östlichen Rand der Altstadt, gleich neben dem Friedhof, hatten sie das Breitenhiller-Trio knapp verpasst. Der Bestatter, ein hochgewachsener Mann mit tadellosem schwarzem Anzug, grauem Haar und einem schon berufsmäÃig vertrauenswürdigen, doch ernsten Blick, saà an einem modernen Schreibtisch und tippte Daten in einen Laptop. Rechts von ihm war die Sargkollektion aufgereiht: fünf Modelle, vom teuren, edlen Schwarzlack bis zum schlichten, hellen Furnier. Die Angehörigen der Limeskönigin hatten sich, so viel konnte er auf Nachfrage bei aller Diskretion doch verraten, für einen Sarg aus heller Eiche entschieden. Eine gute Wahl, wie er lächelnd erklärte. Edel, aber nicht protzig. Nun seien die Eltern und Hochwürden seines Wissens auf dem Weg zum Domplatz, wo sie ihren Wagen geparkt hätten.
Die beiden Kommissare nahmen die Beine in die Hand und eilten in Richtung Domplatz. Vorbei an der ehemaligen fürstbischöflichen Reitschule, die in eine Teilbibliothek der katholischen Universität umgebaut worden war, kamen sie auf den Leonrodplatz, den zentralen Platz vor der riesigen barocken Schutzengelkirche. Morgenstern blickte kurz zum riesigen eichenen Eingangsportal der ehemaligen Jesuitenkirche und blieb abrupt stehen.
»Spargel, wir haben sie«, sagte er.
Vor dem Portal standen tatsächlich Rosemarie und Albert Breitenhiller sowie Monsignore Dr. Johann Breitenhiller â Letzterer in schwarzer Soutane. Alle drei debattierten lebhaft mit einem weiteren Soutanenträger, der dem Gast aus Rom in Sachen
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