Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
Vom Netzwerk:
Toskana versetzt fühlten, wenn sie auf gelb gebänderte Häuser mit markanten Erkern blickten, die ihre Vorbilder in italienischen Stadtpalästen hatten. Und ebenfalls kein Wunder, dass italienische Gastronomen sich hier zu Hause fühlten, vom Eisdielenbetreiber aus den Dolomiten bis zum Pizzabäcker aus Sardinien.
    Morgenstern und Hecht gingen mit den Breitenhillers die kurze Strecke zur Luitpoldstraße hinauf, vorbei an prächtigen Höfen der einstigen adeligen Domherren, die heute fast allesamt nach aufwendigen Sanierungen von der Diözesanverwaltung oder der katholischen Universität genutzt wurden. Das »L’Incontro« war ein Café mit großen Glasscheiben, dessen Wirt Wert darauf legte, dass sein Lokal so authentisch wie möglich wirkte – vom über Kabel empfangenen italienischen Radiosender bis zur Tatsache, dass jeden Mittag exakt ein warmes Nudelgericht im Angebot war.
    Die Kommissare und das Trio aus Hirnstetten nahmen an einem quadratischen Tisch Platz und bestellten Cappuccino, wobei sich der Monsignore bemüßigt fühlte, den perfekt deutsch respektive oberbayerisch sprechenden Wirt in formvollendetem Italienisch zu begrüßen und sich quasi als Dolmetscher anzubieten, als befände man sich gerade auf der Piazza Navona in Rom. Der Wirt ließ sich nicht zweimal bitten und umschmeichelte den Herrn in der Soutane mit einem italienischen Wortschwall, in dem er in klassisch südländischer Höflichkeit mindestens fünfmal die Anrede »Dottore« fallen ließ. Der Monsignore lehnte sich zufrieden zurück und gab sich für einen Augenblick der sündigen Eitelkeit hin.
    Â»Der Pietzka ist tatsächlich tot?«, fragte Albert Breitenhiller nach einer Weile. »Was ist denn mit ihm passiert?«
    Morgenstern nickte. »Er hatte heute früh am Berg runter nach Schafhausen einen schweren Fahrradunfall. Den hat er nicht überlebt.«
    Â»Und jetzt erwarten Sie von mir, dass er mir leidtut?«, fragte Breitenhiller. »Aber damit kann ich nicht dienen.« Er schaute finster drein und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Â»Nein. Ich erwarte von Ihnen gar nichts. Wir wissen alle, dass Sie im Streit gelegen sind. Wir wissen auch, dass der Römerpark seinen größten Gegner verloren hat.«
    Â»Cui bono?«, sagte Peter Hecht, und der Monsignore als überzeugter Lateiner fühlte sich zur Übersetzung aufgerufen: »Alter juristischer Grundsatz: Wem ist es von Nutzen?«
    Â»Mir«, antwortete Breitenhiller. »Aber es war doch ein Unfall? Oder?«
    Morgenstern ließ sich Zeit, während ihn die Breitenhillers gebannt anblickten. Leise sagte er schließlich: »Es sollte aussehen wie ein Unfall. Aber unsere Spurensicherung hat nachgewiesen, dass zwischen zwei Bäumen ein Draht gespannt war.«
    Hecht hatte mittlerweile seinen kleinen Block und den Füllfederhalter aus der Tasche gezogen. »Wundern Sie sich jetzt noch, dass wir nach Ihnen gesucht haben? Wo waren Sie heute früh?«
    Die Frage richtete sich primär an Albert Breitenhiller, aber der Monsignore war von seiner Wichtigkeit dermaßen überzeugt, dass er sich zuerst äußerte: Er habe die letzte Nacht außer Haus verbracht und am Abend noch ein wichtiges Gespräch über vatikanische Gegebenheiten in München führen dürfen. »Mit dem Kardinal«, erklärte er mit gesenkter Stimme. »Ich habe danach wegen der späten Stunde in der Landeshauptstadt übernachtet, in einem der Gästezimmer der Erzdiözese München und Freising. Im Palais Holnstein.«
    Â»Und dann?«, fragte Morgenstern.
    Â»Um sechs Uhr morgens hatte ich die Ehre, in der Privatkapelle des Kardinals mit ebendiesem die heilige Messe zu feiern. Danach habe ich noch ein schlichtes Frühstück eingenommen, und gegen halb neun bin ich dann nach Hirnstetten heimgekehrt.«
    Die Bäuerin berichtete, sie habe ab fünf Uhr dreißig unablässig die Kühe gemolken, das dulde keinen Aufschub. Und Albert Breitenhiller? Er war, wie er zögernd einräumte, beim Futterholen gleich nach dem Aufstehen mit seinem Traktor unerfreulich nahe an den Ort des Geschehens gekommen.
    Â»Da ist eine unserer Wiesen, an der Teufelsmauer«, sagte er langsam.
    Â»Wer hat Sie gesehen?«, fragte Morgenstern.
    Â»Was weiß ich? Ich bin jedenfalls praktisch nicht vom Bulldog abgestiegen.«
    Â»Wussten Sie, dass Herr Pietzka

Weitere Kostenlose Bücher