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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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schon in seiner Kindheit angewöhnt, bei sich bietender Gelegenheit auf den Limes zu pinkeln. »Die Macht der Gewohnheit.«
    Â»Das interessiert doch die Herren Kommissare nicht«, zischte peinlich berührt Rosemarie Breitenhiller.
    Â»Wenn’s aber wahr ist«, sagte ihr Mann.
    Â»Ein bisschen mehr Respekt vor einem Weltkulturerbe hätte ich schon erwartet«, meinte Morgenstern.
    Â»Weltkulturerbe«, wiederholte Breitenhiller, und es klang erstaunlich abschätzig für einen Mann, der beschlossen hatte, aus dem Limes so viel Kapital wie nur möglich zu schlagen. »Wir leben hier immer schon am Limes. Und ich habe immer schon auf die Teufelsmauer gepieselt. Das ist meine Art, mich über den Teufel lustig zu machen. Das hat mein Vater auch schon so gehalten. Und wahrscheinlich alle unsere Vorfahren, wenn sie an dieser Wiese Heu gemacht haben.«
    Â»Geisteraustreibung mit Urin. Das habe ich auch noch nie gehört«, sagte Morgenstern. »So etwas kann nur Männern einfallen.« Er dachte kurz an Fiona, die es gar nicht leiden konnte, wenn Männer an jeder sich bietenden Stelle unbekümmert ihr Geschäft verrichteten. »Und als sie fertig waren mit dem Pinkeln?«, fragte er dann.
    Â»Da bin ich wieder auf den Bulldog gekraxelt und heimgefahren.«
    Â»Und Sie sind nicht zufällig noch die Forststraße runtergelaufen Richtung Schafhausen?«
    Â»Wenn ich’s Ihnen doch sage! Nein.«
    Â»Und Sie haben Heinrich Pietzka heute früh nicht gesehen?«
    Â»Nein. Aber ich habe auch nicht nach ihm geschaut. Vielleicht ist er an meiner Wiese vorbeigeradelt, als ich gerade gemäht habe.«
    Morgensterns Handy dudelte eine blecherne Version von Wagners »Walkürenritt« durchs Vernehmungszimmer. Mühsam fummelte er das Gerät aus der Jackentasche. Das Display zeigte eine unbekannte Handynummer. Wer auch immer es war, er platzte mitten in eine Vernehmung. Sei’s drum.
    Â»Ja bitte?«
    Â»Hier ist Russer, Gundekar Russer, der Legionär, Sie wissen schon.«
    Â»Das ist ja eine Überraschung, eben erst haben wir von Ihnen gesprochen, Herr Russer. Wo stecken Sie denn?« Morgenstern warf Hecht einen Blick zu und ging aus dem Vernehmungsraum auf den Gang.
    Â»Ich bin in Weißenburg, in der Altstadt beim Römermuseum. Wir machen da mit dem Museum zusammen eine kleine Werbeaktion, und das Bayerische Fernsehen ist auch gekommen. Studio Franken aus Nürnberg.«
    Â»Na also«, sagte Morgenstern. »Dann wird es doch noch was mit der Berühmtheit. Und was verschafft jetzt mir die Ehre?«
    Â»Wir haben gerade vorhin erfahren, dass es am Limes noch einen Todesfall gegeben hat. Von den Fernsehleuten. Deswegen rufe ich an.«
    Â»Ja, das ist korrekt. Und was haben Sie auf dem Herzen?« Auf der anderen Seite hörte Morgenstern ein deutliches Schlucken, als müsste Gundekar Russer, der furchtlose Legionär, seine ganze Entschlusskraft aufwenden.
    Â»Ich muss mit Ihnen sprechen. Mit Ihnen und Ihrem Kollegen. Es gibt da eine Sache, über die ich seit unserem letzten Treffen nachgedacht habe.«
    Ein Geständnis, triumphierte Morgenstern innerlich. Die »Sache«, die Russer auf der Seele brannte, war eine Mordsache, das fühlte er ganz deutlich. »Was für eine Sache«?«, fragte er.
    Â»Das kann ich Ihnen am Telefon nicht sagen.«
    Â»Dann kommen wir zu Ihnen rüber nach Weißenburg. In dreißig Minuten sind wir da. Und marschieren Sie uns bitte nicht wieder davon.«
    Â»Keine Sorge. Ich denke, der Marsch ist für mich zu Ende. Höchste Zeit, stehen zu bleiben.«
    Â»Das finden wir auch«, sagte Morgenstern.
    Die Breitenhillers wussten nicht, wie ihnen geschah, als Morgenstern und Hecht sie aus dem Vernehmungszimmer komplimentierten. Inspektionsleiter Huber ließ die beiden kulant in einem seiner Streifenwagen nach Hause fahren, auch wenn das im Dorf sicher für gewaltiges Aufsehen sorgen würde. Dann preschten die beiden Kommissare los. Auf der Bundesstraße 13 war Weißenburg gerade mal fünfundzwanzig Kilometer entfernt.
    Die ehemalige freie Reichsstadt war zu Römerzeiten Standort eines Kastells gewesen und sonnte sich heute mehr als jede andere bayerische Stadt in ihrer römischen Vergangenheit. Ein gewaltiges Tor des Kastells jenseits der Altstadt war rekonstruiert worden. Gleich daneben war eine riesige römische Bade- und Sportanlage ausgegraben worden.

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