Teufelsmauer
regelmäÃig mit seinem Mountainbike da vorbeikam?«
Breitenhiller wog seine Worte sorgfältig ab, knetete die massigen, an schwere Arbeit gewohnten Hände. »Ich habe ihn ab und zu gesehen. Der fährt anscheinend immer dieselbe Strecke.«
Der Monsignore mischte sich ein. »Wollen Sie damit andeuten, dass mein Bruder mit dieser unglückseligen Sache zu tun hat? Das ist doch lächerlich. Jeder weiÃ, dass dieser Herr Pietzka sein Intimfeind ist. Das wäre geradezu hirnrissig, wenn Albert versucht hätte, ihn auf ⦠eine so schreckliche Weise loszuwerden.«
»Was hirnrissig ist und was nicht, überlassen Sie bitte den Fachleuten«, erwiderte Morgenstern.
Der Wirt kam mit einem Tablett. »Cinque Capucce, per favore«, sagte er lächelnd und verteilte die Tassen. »E un aqua per il Dottore.«
Johann Breitenhiller hatte sich ganz professionell eine kleine Flasche San Pellegrino zu seinem Cappuccino bestellt, ein weiteres Indiz für seine Weltläufigkeit.
»Was wird jetzt aus Ihrem Römerpark?«, fragte Morgenstern.
Albert Breitenhiller atmete erleichtert auf. »Der wird gebaut, so schnell es geht. Wir haben politischen Rückhalt, der Landrat hat mir versprochen, dass das Projekt im beschleunigten Verfahren geprüft wird. Für den Landrat ist das Wirtschaftsförderung vom Feinsten. Neue Arbeitsplätze, ein neuer Tourismusmagnet, der Landkreis steigert seinen Freizeitwert â wer soll jetzt noch dagegen sein?« Er zwickte seine Frau in die Schulter. »Und du musst nie mehr Kühe melken.«
Rosemarie Breitenhiller begann unvermittelt zu weinen.
Wenigstens einer hier, der wie ein fühlendes menschliches Wesen reagiert, dachte Morgenstern. Höchste Zeit, sich näher mit ihr zu befassen.
»Was haben Sie, Frau Breitenhiller, eigentlich vom Exfreund Ihrer Tochter gehalten?«
»Vom Gundekar?«
»Genau, diesem Legionär.«
Die Bäuerin wischte sich die Tränen aus den Augen. Sie schien sich dafür zu schämen. »Ich hab ihn nett gefunden, den Gundekar. Er war ein paarmal bei uns. Ich habe gehofft, dass es dieses Mal etwas Ernstes werden könnte, etwas von Dauer. Er hat sich wirklich sehr um unsere Barbara bemüht. Er war auch deutlich älter als sie und so vernünftig und so vielseitig interessiert. Was der mir alles über die Römer erzählt hat ⦠und über den Limes. Wir hier sagen ja immer noch Teufelsmauer dazu.« Sie versuchte vergeblich zu lächeln. »Als ob er nichts Wichtigeres zu tun hätte, der Teufel, als eine Mauer zu bauen.«
Morgenstern imitierte die schnarrende Stimme von Walter Ulbricht mit dem Satz, der Eingang in die deutschen Geschichtsbücher gefunden hatte als gröÃte Lüge aller Zeiten: »Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.«
Rosemarie Breitenhiller erzählte unbeirrt weiter: »Den Gundekar hätte ich gerne als Schwiegersohn gesehen. Aber dann kam es, wie es immer gekommen ist: Die Barbara hat ihm den Laufpass gegeben.«
»Das haben wir gehört, ja.« Morgenstern nippte an seinem Kaffee. »Mit festen Bindungen hat sie Probleme gehabt.«
»Man kann in die Frauen nicht hineinsehen«, fügte Hecht hinzu, und Morgenstern kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er an seine eigene Exfrau dachte, die sich von einem Tag auf den anderen von ihm getrennt hatte. Sie habe es mit diesem Langweiler einfach keinen Tag länger aushalten können, hatte sie später dem Scheidungsrichter erklärt.
»Rosemarie, wir haben das doch schon alles besprochen«, mischte sich der Monsignore ein. »Gundekar hat ihr später noch nachgestellt, das hat mir Barbara selbst erzählt. Wie kannst du da so gut über ihn reden? Wir wissen fast gar nichts über ihn. Auch in Männer kann man nicht hineinsehen.«
Rosemarie Breitenhiller seufzte. Leise sagte sie: »Ich halte das nicht mehr aus. Ich kann doch nicht jeden um mich rum, jeden, den ich auf der StraÃe treffe, als Barbaras möglichen Mörder ansehen. Das macht mich kaputt.«
»Nehmen Sie sich endlich diesen Gundekar vor«, beharrte der Monsignore mit Blick auf Hecht und Morgenstern. »Ich habe den Eindruck, dass Sie die Leute hier alle mit Samthandschuhen anfassen. Da muss man sich nicht wundern, wenn es keine Ergebnisse gibt.«
Morgensterns Mund wurde schmal, seine Augen ebenso. »Wie wir hier ermitteln, das lassen Sie bitte
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