Teufelsmond
ohne mich zu fragen, diese Räucherung vorgeschlagen und mir in meine Arbeit hineingeredet. Du bist ein Weib, ein vorlautes Gör vielmehr, du hast den Mund zu halten. Noch einmal so eine Sache, und ich lasse dich an dem Ort, an dem wir gerade sind.»
Karla schüttelte erst den Kopf, dann nickte sie. «Ja, Pater.» Ihr Gesicht war vor Angst ganz blass geworden. «Ich tue alles, was Ihr wollt, nur, lasst mich nicht allein zurück. Ganz gleich, wo.»
«Hmpf», brummte Pater Fürchtegott und kratzte sich am Kinn. Dabei schaute er Karla an, die mit gesenktem Kopf vor ihm stand und mit dem rechten Fuß ein Muster in den Schlamm malte. «Also gut. Und jetzt erzähle mir, was es mit dem Räuchern auf sich hat. Woher stammt dieser Brauch, was hat er zu bedeuten?»
Karla wand sich, ehe sie kleinlaut zugab: «Die alte Grit hat immer geräuchert.»
«Die alte Grit? Die, die an die heidnischen Götter geglaubt hat?»
Karla nickte. «So manch einer in den Dörfern glaubt an Odin und Wotan und Thor, das habt Ihr selbst gesagt.» Sie sah auf. «Und natürlich auch an unseren Herrn Jesus Christus. Die Grit aber hat gesagt, es gibt nur einen Gott. Und es ist ganz egal, wie man ihn nennt.»
«Hmpf», machte Fürchtegott wieder. «Ich fürchte, damit ist die christliche Kirche nicht einverstanden, aber die Landleute sind von schlichtem Verstand. Viele haben noch nicht mal einen Priester, den sie zu Rate ziehen können. Kein Wunder, dass hier alles drunter und drüber geht. So, und jetzt sage mir, warum geräuchert wird.»
Karla sah Pater Fürchtegott an. «Das ist doch ganz einfach. In jeder Pflanze wohnt eine Kraft, das habt Ihr mir selbst erklärt. Es steht sogar in Euren Büchern. Manche können uns von Krankheiten heilen, andere sogar den Tod bringen. Und wenn man bestimmte Pflanzen verbrennt, dann entfalten sie ihre Wirkung über den Rauch.»
«Hmpf», machte Pater Fürchtegott zum dritten Mal. Er fühlte sich äußerst unwohl in seiner Haut. Fast so, als könne er darauf bereits die Flammen des Fegefeuers spüren. In seinem Kloster war die Welt geordnet und klar. Es gab Gebets- und Studierzeiten, es gab das gemeinsame Essen im Refektorium und den Nachtschlaf im Dormitorium. Hier draußen aber war alles irgendwie durcheinander. Der Tag war nicht durch Stundengebete geregelt, und ein jeder tat, was er wollte. Der Sinn war nicht auf den Herrgott gerichtet, sondern auf etwas, das Pater Fürchtegott einfach nicht zu fassen kriegte, so viel er auch darüber nachsann. Und eines wurde ihm von Stunde zu Stunde klarer: Ohne Karla war er in der Welt verloren.
«Also gut», sagte er. «Räuchern wir. Wenn’s die Leute denn beruhigt.»
Nach dem Mittagessen musste sich die Else hinlegen, denn so viel Aufregung konnte sie nur schlecht verkraften. «Mir ist ganz heiß», erklärte sie. «Das ist der Beweis dafür, dass in diesem Hause Teufel waren. Oh, oh, ich glaube nicht, dass sie schon alle vertrieben sind.»
Sie riss ihr Umschlagtuch von den Schultern und wedelte sich mit der flachen Hand Kühlung zu, sodass das Tuch, welches ihr Haar bedeckte, verrutschte. Else begab sich, eine Hand in den Rücken gepresst, hinauf in ihre Schlafkammer.
Karla saß derweil am Küchentisch und ordnete die Kräuter, welche ihr die Dorfleute gebracht hatten. Pater Fürchtegott war neben ihr in die Bibel vertieft.
«Sagt, Pater Fürchtegott, wie viele Teufel gibt es eigentlich?», wollte Karla wissen.
«Sieben», erklärte der Pater. «Für jede Todsünde einen. Luzifer ist der Dämon des Stolzes, Mammon steht für den Geiz, Leviathan für Neid, Satan für Zorn, von Asmodeus werden meist die Weiber befallen, denn er ist der Teufel der Wollust. Beelzebub gehört zur Völlerei und Belphegor zur Faulheit.»
«Und wenn einer der Teufel in den Menschen hüpft, dann ist er besessen?»
«Ja!», erwiderte der Pater knapp.
«Und woher wisst Ihr, wer von wem befallen ist? Ich glaube, bei Else müssen wir nicht lange überlegen, deren Herr ist Belphegor. Aber bei anderen Menschen?»
Pater Fürchtegott seufzte und klappte seine Bibel zu. «Ein Geist verbindet sich mit einem Körper, wobei der ursprüngliche Mensch teilweise oder gänzlich verdrängt wird. So steht es im Handbuch für Exorzisten, welches mir der Abt mit auf den Weg gegeben hat. Aber auch in der Bibel ist von Dämonen die Rede. Man hat Jesus nachgesagt, er sei von Beelzebub besessen. Markusevangelium, Kapitel 3 .»
«Jesus? Ein Dämon?»
Pater Fürchtegott zuckte mit den Achseln. «Ein
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