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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Sturm. Und der kranke Pfarrer Dippel. Hier sind wir am richtigen Ort, ein Exorzist ist dringend vonnöten. Und womöglich sind hier sogar die Lazarusbrüder bekannt, wer weiß?»
    Pater Fürchtegott sah Karla in die Augen. «Warum glaube ich dir nicht, dass es dir um die Nachzehrer geht?», fragte er.
    Karla seufzte und sah beschämt auf den Boden. «Na ja, das ist nur die halbe Wahrheit.»
    «Und der Rest?»
    «Es wird immer kälter. Gestern der Sturm. Das war nur ein Vorbote. Es wird stärker stürmen. Denkt an den Martinssommer. Der Schnee wird bald mannshoch hier liegen. Seht Euch nur die Wolken an. Ihre Bäuche sind dick und rund. Wir können nicht mehr in Heuschobern übernachten. Es wäre gut, wenn wir wenigstens bis nach den Raunächten hier bleiben könnten. Hier ist es warm; und hier werden wir gebraucht. Und zu essen und zu trinken werden wir auch haben.»
    Das war noch immer nicht die ganze Wahrheit, doch Pater Fürchtegott nickte. «Du hast recht, Kind. Diese Zeit ist wahrlich nicht die beste für eine Wanderung.» Er dachte an seine klamme Kutte und daran, wie seine Knochen bei dem feuchten kalten Wetter geschmerzt hatten.
    «Else!», rief er. «Gebt mir den Kirchenschlüssel.»
    Die Haushälterin seufzte erleichtert auf und tat, was der Pater ihr befohlen hatten. Fürchtegott ging Richtung Kirche, Karla blieb neben Else stehen.
    Dann wandte sie sich an die Nachbarin. «Und was tust du jetzt mit dem Schwein? Du sagtest, die Krähen hätten ihm gerade die Augen ausgehackt, als der schwarze Jo vorüberging.»
    «Das ist es ja», erklärte die dürre Bernadette und rang die Hände. «Wir können es nicht essen, das steht fest. Wer weiß, was mit uns geschieht, wenn wir es verzehren. Auf den Misthaufen hat es der Meine geworfen. Eigentlich müssten wir es unter die Erde bringen, aber Gott, wir haben wahrlich anderes zu tun. Unseren Zaun hat es umgeworfen, und der Fensterladen an der guten Stube ist zersplittert. In den Holzschuppen ist der Sturm auch gefahren. Die oberen beiden Lagen sind nass. Alles muss neu gestapelt werden.»
    Else trampelte von einem Fuß auf den anderen. «Eine Kälte ist das! Man sollte meinen, der Dezember war noch nie so eisig. Zeit wird es, dass ich wieder ins Haus komme. Ich kann die Kälte bis in die Knochen spüren.»
    Die Else sonnte sich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Immer wieder kamen neue Dorfbewohner dazu, die mit eigenen Ohren hören wollten, was der schwarze Jo in der Pfarrhausküche gesagt und getan hatte. Und Else schwätzte und schwätzte, als läge in ihrem Haus kein kranker Pfarrer. Endlich kam Pater Fürchtegott aus der Kirche, ein Krüglein in der Hand. Das hob er hoch und rief: «Hier ist das Weihwasser!»
    «So geht rasch hinein und verspritzt es überall», forderte Else. «Ich muss mich um den Dippel kümmern. Bestimmt verlangt er schon nach seiner Morgengrütze.» Bei diesen Worten warf sie Karla einen giftigen Blick zu.
    Mittlerweile hatten sich alle Nachbarn vor dem Pfarrhaus versammelt. Ihre Gesichter waren verschlossen, und die Blicke, die sie dem Pater zuwarfen, waren alles andere als freundlich.
    «Was ist los?», fragte der Pater. «Habt Ihr nichts zu tun?»
    Die dürre Bernadette trat vor: «Wir haben unser Schwein verloren. Es reicht nicht aus, nur ein bisschen Weihwasser zu verspritzen. Die Else sagt, Ihr seid der Exorzist. Dann bannt den Fluch, den die Michelsmüller über uns geschickt haben.» Die Frau war so mager, dass die Brüste unter ihrem Kleid herunterhingen wie leere Säcke. Selbst am Haar schien der Herrgott bei ihr gespart zu haben, denn die einzelnen Strähnen, die unter ihrer Haube hervorlugten, waren so dünn und fein wie Säuglingshaar.
    «Ich weiß von keinem Fluch», erklärte der Pater. «Der alte Michelsmüller liegt im Sterben. Die Familie braucht Euer Mitgefühl. Ihr solltet für sie beten.»
    Bernadette spuckte aus. «Das tue ich, Pater. Und mehr nicht. Die da drüben haben schon genug Unheil über uns gebracht. Unser Schwein, die einzige Sau, wurde verhext, und nun ist sie hin.»
    Karla sah, dass einige der anderen Dorfbewohner mit bitteren Mienen und grimmigen Blicken nickten. Einer von ihnen sagte: «Niemand kann sich erinnern, dass es bei uns je einen Martinssommer gegeben hat. Und der letzte Sturm, der so schwer war wie dieser, liegt ein Knabenalter zurück.»
    Pater Fürchtegott seufzte und sah hilfesuchend zu Karla. Die schlang ihren Schal fester um die Schultern.
    «Wir haben es hier mit dem Bösen zu tun»,

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