Teufelsmond
zischte Bernadette.
Karla schüttelte entschlossen den Kopf, während der Pater hinzufügte: «Das ist noch nicht erwiesen. Wäre der Michelsmüller das Böse, würde er dann im Sterben liegen?»
Die Alweröder sahen sich an. Daran hatte noch keiner von ihnen gedacht. Kann das Böse sterben? Schließlich wagte die Frau des Dorfschulzen ein Wort: «Warum soll er nicht sterben? Jeder stirbt. Aber das Böse bleibt. Das weiß jedes Kind. In seine Nachfahren fährt es.»
«Man kann mit einem Hanfseil keinen Umhang stricken», war alles, was Pater Fürchtegott dazu einfiel. «Eins nach dem anderen. Ihr solltet alle am heutigen Abend zur heiligen Messe in die Kirche kommen. Und Ihr solltet in Euch gehen, damit ich Euch heute Abend die Beichte abnehmen kann.»
Karla trat von einem Bein auf das andere, bis Pater Fürchtegott sie schließlich anstieß. «Was ist los mit dir? Warum hüpfst du hier so rum?»
Karla räusperte sich. «Vielleicht kann danach ein bisschen geräuchert werden. Das ist hier Brauch und erfüllt seinen Zweck.»
«Was braucht Ihr für die Haus- und Herdräucherung?», wollte das alte Weiblein wissen, das sie vorhin beim Backhaus getroffen hatten. Sie nickte immerzu mit dem Kopf, als halte sie eine Räucherung für unumgänglich.
Pater Fürchtegott sah hilflos zu Karla. Die schloss kurz die Augen und presste beide Zeigefinger gegen ihre Schläfen. «Wir benötigen Drachenblut, Myrrhe, Wacholder, Lorbeer, Rosmarin und Rosenblüten. Die Räucherung werden wir zu Mitternacht abhalten. Wer mag, kann gern dabei zusehen. Und jeder, der will, soll eine Kohlepfanne mitbringen und sich etwas von den geräucherten Kräutern mitnehmen, um das eigene Haus zu reinigen.»
Jetzt zeigten die Gesichter der Dorfbewohner Erleichterung. Pater Fürchtegott aber zog Karla ins Haus.
«Was soll das?», fragte er. «Seit wann bist du hier der Exorzist? Eine Räucherung! Herr im Himmel! Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man so etwas anstellt.»
«Aber ich, Pater. Die alte Grit hat bei jeder Gelegenheit geräuchert, und auch die anderen in unserem Weiler. Und Ihr habt in Euerm Kloster nichts anderes getan. Oder hat bei Euch etwa keiner zu den heiligen Messen das Weihrauchfässchen geschwenkt?»
Pater Fürchtegott verdrehte die Augen. «Großer Gott, das kann man doch nicht vergleichen! Schon in der Heiligen Schrift steht: ‹Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet vor dir auf.› Psalm 141 , wenn du es genau wissen willst. Der Weihrauch ist ein Symbol, verstehst du, mehr nicht. Er zeigt unsere Verehrung Gottes an.»
Karla zuckte mit den Schultern. «Dann ist ja alles gut, und Ihr braucht Euch nicht zu sorgen. Wir tun etwas, das dem Herrn ein Wohlgefallen ist.»
Pater Fürchtegott schüttelte den Kopf. «Heidnische Bräuche», murmelte er. «Das Mädchen bringt mich in Teufels Küche. Ich glaube, ich muss einmal ernsthaft mit ihr reden.»
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Neuntes Kapitel
Pater Fürchtegott betrat die Küche, die ihm nicht anders erschien als vorher. Auf der Schwelle stand Else. «Riecht Ihr nicht den Schwefel, Pater? Spürt Ihr nicht die böse Kraft hier?»
«Nein», erwiderte er und fügte murmelnd hinzu: «Zumindest nicht, solange du deinen Mund hältst.» Auch der Pater war mittlerweile dazu übergegangen, die Else zu duzen.
«Was hat er gesagt?», wollte Else von Karla wissen. Die verkniff sich ein Grinsen. «Fürbitten. Er hat eine Fürbitte gesprochen.»
Pater Fürchtegott spritzte ein wenig Weihwasser ins Herdfeuer, goss in alle vier Ecken der Küche ein paar Tropfen, danach benetzte er die Fensterbänke und die Türschwelle. Else wich zurück. Zum Schluss stellte er sich mitten in die Küche, malte ein großes Kreuzzeichen in die Luft und sprach dabei ein Vaterunser.
«Bist du jetzt zufrieden?», fragte er danach die Else.
Die Haushälterin nickte, presste eine Hand auf ihren wogenden Busen und sah Pater Fürchtegott mit verklärtem Blick an. «Ich danke Euch recht schön. Ihr habt mir meinen Seelenfrieden wiedergegeben.»
«Hm», brummte der Pater und befahl: «So mach du jetzt Mittagessen und kümmere dich gut um deinen Herrn.» Dann packte er Karla beim Ärmel: «Und du, meine Liebe, kommst mit mir. Wir haben etwas zu besprechen. Aber nicht hier. Wir gehen ein Stück.»
Als sie die letzten Dorfkaten hinter sich gelassen hatten, fragte Karla schüchtern: «Habe ich etwas falsch gemacht? Warum seid Ihr so wütend?»
Pater Fürchtegott blieb stehen und ließ Karlas Ärmel fahren. «Du hast,
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