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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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das Haus hüte und das Herdfeuer und die Kinder. Wir haben Angst, und du hast vor Gott geschworen, uns zu schützen. Also bewege deinen Arsch nach Hause.»
    Pater Fürchtegott, der noch immer stand, legte dem keifenden Weib eine Hand auf den Unterarm. «Was erregt Euch so? Warum soll der Eure nach Hause kommen? Sitzt er nicht oft im Gasthaus, ohne dass Ihr vor Furcht vergeht?»
    Das Weib blinzelte. Sie warf einen Blick zu ihrem Mann, schluckte und brüllte dann ihre ganze Furcht aus sich heraus: «Ihr, Pater, seid der Schlimmste von allen. Die Michelsmüllertante ist tot. Heute Morgen habt Ihr sie begraben. Glaubt nicht, dass wir das nicht wüssten. Ihr habt am Grab gestanden, habt das Vaterunser runtergeleiert und die Michelsmüller auch. Und jetzt habt Ihr die Stirn zu fragen, wovor ich mich fürchte? Könnt Ihr zählen, Pater?» Sie riss die Hand hoch und zeigte drei Finger. «Drei Tote, Pater. Drei in kurzer Zeit!»
    «Still! Sei jetzt still!» Der Dorfschulze hatte sein Weib grob am Arm gepackt und wollte sie mit sich ziehen, aber die riss sich los. «Lass mich!», schrie sie. «Du kannst uns auch nicht helfen! Magst zwar der Dorfschulze sein, aber gegen Nachzehrer bist auch du machtlos! Es gibt nur die Bruderschaft, die vielleicht noch etwas ausrichten kann.»
    «Schweig still, kein Wort weiter!»
    Der Glenbauer hatte sich erhoben und drohte der Dorfschulzin. «Tu, was dein Mann dir sagt, schere dich heim.»
    Sie warf ihrem Mann noch einmal einen zornesfunkelnden Blick zu, dann schwang die Gasthaustür, und die Dorfschulzin war verschwunden.
    Im Schankraum herrschte mit einem Mal Stille. Die Else zupfte an ihrem Brusttuch. Der Hettrich schlich zu seinem Platz. Der Glenbauer klopfte auf den Tisch und kratzte sich hernach am Kopf. Selbst der Wirt war plötzlich so mit den leeren Bechern beschäftigt, dass er keinen Blick auf seine Gäste richtete. Nur der Pater stand noch da, die Fäuste auf den Tisch gestützt. «Nachzehrer?», fragte er. «Hat Euer Weib von Nachzehrern gesprochen? Habe ich das Wort ‹Bruderschaft› gehört? Was hat es damit auf sich?»
    Der Dorfschulze steckte einen Finger zwischen Hals und Kragen und drehte den Kopf. «Ein Weib. Was wollt Ihr. Sie reden viel, wenn der Tag lang ist. Weiß Gott, wer ihr diese Ausdrücke in den dummen Kopf gesetzt hat.»
    Die Männer grinsten allesamt dümmlich, und der Glenbauer schrie nach dem Krüger, dass er neuen Wein bringe. Da aber stand das Wegenerweib, die Gertie, auf. Ihr Busen bebte unter dem geschnürten Mieder, und auf ihren Wangen brannten rote Flecke. «Sie hat recht, die Dorfschulzin. Nachzehrer. Darum geht es doch, oder?»
    Die Männer schwiegen.
    Das Wegenerweib schälte sich aus ihrer Bank, baute sich vor dem Pater auf. «Nachzehrer, Untote. Wesen, die aus ihren Gräbern steigen und andere mit sich in die Unterwelt ziehen. Wiedergänger auch genannt.»
    Der Pater sah ihr aufmerksam ins Gesicht. «Und Ihr glaubt, die Michelsmüller wären Nachzehrer?»
    «Weiß ich’s?», fragte sie zurück. «Drei Tote in nicht mal einem Monat. Zuerst der Vater, dann der Jost und nun die Tante. Vor kurzem noch gesund und munter und jetzt kalt und starr im Grab. Wie erklärt Ihr Euch das?»
    «Ich habe keine Erklärung», erwiderte der Pater. «Ich weiß nur, dass so etwas vorkommt. Es ist kalt. Da verkühlt man sich leicht. Vor allem die Därme, wie bei den Michelsmüllern. Einen Medicus gibt es hier weit und breit nicht. Wie schnell steckt man sich da an. Doch sagt an, Frau, wisst Ihr auch etwas über eine Bruderschaft?»
    Das Wegenerweib wiegte den Kopf. «Von einer Bruderschaft habe ich noch nie gehört. Und was die Nachzehrer betrifft: Kann sein, kann aber auch nicht sein. Träfe es eine Familie des Dorfes, so gäbe es keine Nachfragen und keine bangen Gedanken. Aber es trifft die Michelsmüller. Die, die schon immer Ärger gemacht haben.»
    «Ärger? Welchen Ärger?» Der Pater ließ den Blick nicht vom Wegenerweib. Um ihren Mund zuckte es, und ihr Blick schweifte durch den Raum. Die Empörung, die ihr gerade eben noch den Busen gebläht hatte, sackte in sich zusammen. Der Wegener stand auf, nahm die Seine beim Arm. «Komm, lass uns nach Hause gehen», sagte er leise, aber mit Nachdruck. Und das Weib nickte, blickte zum Pater und sprach: «Vergesst, was ich gesagt habe. Alles wird sich aufklären.»
    Und dann erhoben sich auch die anderen und verließen einer nach dem anderen die Schenke.
    «Nichts wird sich von allein aufklären», stellte Pater

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