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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Straße fallen. Lärm drang heraus. Jemand sang, eine Frau lachte.
    Karla stieß entschlossen die Tür auf und schob Pater Fürchtegott nachdrücklich ins Innere. Sie dirigierte ihn zu einem Platz in der Nähe des Feuers, gleich neben den Tisch der alten Männer. Ein Teil der Gespräche verstummte. Misstrauische Mienen betrachteten den Pater und Karla.
    «Habt Ihr Euch verlaufen?», wollte der Dorfschulze wissen. Ein paar Männer an seinem Tisch, unter ihnen der Hettrich und der Glenbauer, lachten pflichtschuldig.
    «Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet zum Berg gehen», erklärte Fürchtegott.
    «Hä?» Der Beckmann legte eine Hand hinters Ohr und zeigte damit an, dass er nicht verstanden hatte.
    «Will sagen: Wenn Ihr nicht zu mir in die Kirche kommt, so komme ich zu Euch in das Wirtshaus.»
    «Aha», rief der Glenbauer und rutschte auf der Bank hin und her. «Und was wollt Ihr hier von uns?»
    «Mit Euch reden.» Pater Fürchtegott wusste nicht, wohin mit seinen Händen. Der Tisch vor ihm war klebrig und mit Ringen beschmutzt. Also steckte er die rechte Hand in den linken Ärmel und die linke Hand in den rechten Ärmel.
    Der Glenbauer machte dem Krüger ein Zeichen, eine Kanne Wein zu bringen, die er vor dem Pater auf den Tisch knallte.
    Karla setzte sich neben den Pater und sah sich um. Die Gesichter der Dörfler waren verschlossen, versteinert gar und sehr düster. Karla fröstelte unter diesen Blicken, die nicht mehr hilflos waren wie noch am Heiligen Abend, sondern jetzt eine finstere Entschlossenheit ausstrahlten. Ihr Magen zog sich zusammen, und sie goss sich rasch einen Becher Wein ein und stürzte ihn hinunter. Der Glenbauer stand auf und trat an den Tisch des Paters. Sein Gesicht war noch röter als sonst und glänzte im Schein des Feuers und der Kerzen. Er zog sich mit beiden Händen das Beinkleid hoch und fragte: «Reden? Worüber wollt Ihr mit uns reden, Hochwürden?»
    «Über die Michelsmüller, über die Kirche, über Eure Angst, über das, was hier im Dorf so vor sich geht. Ich will Euch helfen, jetzt, da der Dippel so elend ist.»
    «Helfen?» Der Hettrich war aufgestanden, hatte sich neben den Glenbauern gestellt und sein Karnickelgesicht mit den geschwinden Augen nach vorn geschoben. «Helfen? Uns kann keiner helfen. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. So lautet unser Motto.»
    «Und wie wollt Ihr Euch selbst helfen?» Pater Fürchtegott blieb äußerlich ruhig und gelassen, aber Karla, die dicht neben ihm saß, spürte sein Zittern.
    Der Dorfschulze hatte sich neben den Hettrich gestellt, und auch der Beckmann stand auf. «Das lasst unsre Sorge sein. Was du nicht weißt, macht dich nicht heiß.»
    Eine schrille Stimme füllte plötzlich den Schankraum. Karla hatte Else bisher nicht bemerkt. Die hockte in der Ecke beim Ofen, zwischen der Bernadette und dem Weib des Henn Wegener. Mit der rechten Hand fuchtelte sie vor ihrem Gesicht herum. «Wann habt Ihr uns je geholfen, hä? Ich weiß genau, dass Ihr heute bei der Mühle wart. Habt Ihr das Kruzifix mitgenommen? Hattet Ihr Weihrauch oder geweihtes Wasser dabei? Nichts von allem. Ihr seid da rübergegangen, als wolltet Ihr einen Sonntagsbesuch abstatten. Und dann sprecht Ihr hier davon, uns helfen zu wollen? Pah!»
    Sie machte Anstalten, auf den Boden zu spucken, aber Henn Wegeners Weib zog sie zurück auf ihren Platz.
    Ein Zischen und Tuscheln ging durch das Gasthaus. «Sie hat recht, sie hat recht. Niemand hilft uns, und der Pater zuallerletzt.»
    «Ruhe!» Pater Fürchtegott hatte sich erhoben und stützte sich mit beiden Händen auf der schmierigen Tischplatte ab. Er wandte sich an den Glenbauern. «Was habt Ihr vor?»
    Der Glenbauer zog sein Ostergesicht und wechselte Blicke mit den anderen Männern. «Nichts, Pater.»
    «Ich glaube Euch nicht.»
    Der Dorfschulze grinste schlau und rieb sich das Kinn, das schief hing, seit es von einem Pferdehuf zertrümmert worden war. «Wenn Ihr nicht einmal glaubt, Pater, wie wollt Ihr uns dann in die Kirche kriegen?»
    Brüllendes Gelächter war die Antwort. Mit einem Mal ging die Tür auf, und das Weib des Dorfschulzen trat ein. Mit zornesroten Wangen stellte sie sich vor ihren Mann. «Hier bist du also. Dachte ich es mir doch! Komm nach Hause. Sofort!»
    Der Dorfschulze schob sein Weib zur Seite. «Schweig still!», herrschte er sie an. «Schweig oder ich hole den Knüppel.»
    «Pah!», brüllte das wütende Weib. «Du bist ja im Warmen, im Trockenen, und ich kann sehen, wie ich

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