Teufelsmond
Fürchtegott fest und sah in seinen leeren Becher.
«Natürlich nicht», erwiderte Karla. «Habt Ihr nicht gesehen? Die Männer. Sie hatten Spaten dabei. Oder Knüppel. Oder Äxte. Ich bin sicher, sie wollen rüber zur Mühle.»
Karla hatte leise gesprochen, doch der Mann, der sich schon die ganze Zeit im Schankraum in einer Nische verborgen hielt, hatte jedes Wort gehört. Jetzt griff er nach seinem roten Umhang und verschwand aus der Hintertür.
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Achtzehntes Kapitel
Es war so dunkel, dass Karla kaum sah, wo sie hintrat. Der Boden war überfroren, aber an vielen Stellen stand der Morast noch knöcheltief. Sie trug die neuen Stiefel und achtete besorgt darauf, sie nicht zu beschmutzen.
In der Hand trug sie eine Fackel, aber die brannte nicht. Pater Fürchtegott, der hinter ihr über die Äcker stolperte, hatte ihr geboten, sie zu löschen, als sie die letzten Häuser des Dorfes erreicht hatte. «Niemand soll uns sehen», hatte er gesagt. «Und keiner soll uns hören. Also halte den Mund, bis wir drüben sind.»
Der Himmel war schwarz. Nicht schwarz gescheckt und nicht grau, sondern so tiefschwarz, wie eigentlich nur die Hölle sein konnte. Kein Stern blinkte am Himmel, nichts. Nur dieses Schwarz ringsum und unter Karlas Füßen das schmatzende Geräusch der nassen Wege.
«Wisst Ihr noch, wo wir sind und wohin wir gehen müssen?», fragte sie den Pater.
«Geradeaus.»
Schweigend liefen sie weiter. Links stieg Nebel auf; und Karla war erleichtert, denn sie wusste, dass sich dort die Wasserscheide befand. Sie waren auf dem richtigen Weg.
Vor ihnen lag nun die Handelsstraße, und dahinter begann gleich das Gebiet der Michelsmühle.
«Still!» Pater Fürchtegott zupfte sie am Ärmel, obwohl Karla keinen Mucks von sich gegeben hatte.
«Ich höre Stimmen, Geräusche. Von dort, vom Mühlenfriedhof kommen sie.»
Wie zwei Wilderer pirschten sich Karla und der Pater heran, suchten Schutz im nahen Gehölz.
Vor ihnen lag der Friedhof. Ein halbes Dutzend Männer stand vor den frischen Gräbern, Fackeln in den Händen. «Rammt die Lichter in den Boden!» Die Stimme des Glenbauern durchschnitt die Stille der Nacht. Die Männer gehorchten. Nur einer, der Hettrich, drängte sich vor: «Ist es nicht besser, gleich die ganze Mühle anzuzünden?», wollte er wissen.
«Hast du Hirse im Kopf?» Der Glenbauer gab dem Hettrich einen leichten Stoß vor die Brust. «Eins nach dem anderen, sage ich. Wir können die Mühle nicht ausräuchern, nur weil wir gerade Fackeln dabeihaben. Es gibt Gesetze. Willst du deinen Hof verlieren? Wir müssen erst beweisen, dass die Müller vom Satan befallen sind, ehe wir Weiteres unternehmen können. Also pack deinen Spaten und fang an zu graben.»
Der Hettrich gehorchte. Mit ihm die anderen Männer.
«Was tun sie da?», raunte Karla.
«Sie schaufeln das Grab auf», erwiderte Fürchtegott.
«Wozu?», wollte Karla wissen, aber der Pater schwieg.
Nach einer Weile flüsterte Karla: «Ah, ich weiß, was sie vorhaben!»
«Sei still!»
Die Männer schaufelten im Schein der Fackeln. Es dauerte nicht lange, da wischte sich der Hettrich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn, während Henn Wegener sich keuchend auf dem Spatenstil abstützte.
«Weiter, weiter! Macht schon, Leute!», dirigierte der Glenbauer.
«Soll ich zur Mühle laufen und den schwarzen Jo verständigen?», wollte Karla wissen.
Der Pater schüttelte den Kopf. «Was soll er hier ausrichten? Du brächtest ihn nur in Gefahr.»
Die Kälte kroch Karla in die Knochen. Ihre Oberschenkel fühlten sich an, als wären sie mit einer Eisschicht bedeckt. Auch der dünne Umhang wärmte nicht. Schon schlotterte sie und klapperte mit den Zähnen. Nur ihre Füße in den weichen Stiefeln waren warm.
Die Männer waren gerade dabei, den Sarg aus der Grube zu wuchten. «Halt!», rief der Glenbauer, als die sauber gezimmerte Holzkiste den Boden berührte. «Hier, nehmt das!»
Er verteilte an jeden der Männer zwei kleine weiße Stopfen. Was ist das?, überlegte Karla und rückte ein Stück weiter nach vorn.
«Was soll das?», wollte auch der Hettrich wissen.
«Ins Grab bringt mich deine Fragerei», erwiderte der Glenbauer. «Leinenfetzen sind das, in Schnaps getränkt. Weißt du etwa nicht, wie Leichen stinken? Ich habe keine Lust, dass einer von euch hier in Ohnmacht fällt. Also stopf dir die Dinger in die Nase und dann tu, was du tun musst.»
Widerwillig brummend verschlossen die Männer ihre Nasenlöcher. Der
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