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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Beckmann band sich zudem noch ein Tuch vor Mund und Nase.
    «Jetzt öffnet den Sarg!»
    Karla zupfte den Pater am Ärmel. «Wollt Ihr nicht eingreifen?»
    «So warte doch!»
    Der Beckmann bückte sich mit einer Zange in der Hand über den Sarg, zog unter Keuchen und Fluchen die Nägel heraus. An der anderen Seite der Holzkiste arbeitete der Hettrich. Ein leiser Wind war aufgekommen, tuschelte mit den Baumwipfeln. Von fern wehte der Geruch nach Schweinemist heran.
    Die übrigen vier Männer standen auf ihre Spaten gestützt da und sahen dem Hettrich und dem Beckmann bei der Arbeit zu. Henn Wegener schlotterte ein wenig, zumindest kam es Karla in ihrem Versteck so vor. Die Mienen der anderen waren angespannt. Niemand sagte mehr ein Wort.
    Endlich waren die Nägel herausgezogen.
    «Hebt den Deckel ab!», bestimmte der Glenbauer.
    Hettrich schüttelte den Kopf. «Mach du das!»
    «Hast du etwa Angst?» Der Glenbauer grinste verächtlich.
    Karla sah, wie Hettrich schluckte, ehe er erwiderte: «Ja. Ich habe Angst. Und ich habe auch allen Grund dazu. Es ist Raunacht. Weißt du, was aus dem Sarg hervorkommt?»
    «Gespenster?» Der Glenbauer lachte, spreizte die Finger und fuchtelte dem Hettrich mit der Hand vor dem Gesicht herum. «Huhuhu, die Geister kommen!»
    «Hör auf damit!» Der Dorfschulze rammte seinen Spaten in die lockere Erde. «Mach du den Deckel auf und dann lasst uns von hier verschwinden. Ich kann mir wahrlich Besseres vorstellen, als eine Raunacht auf einem ungeweihten Friedhof zu verbringen.»
    Der Glenbauer grinste noch immer, dann bückte er sich, schob ein Brecheisen unter den Deckel und hebelte ihn mit einer gewaltigen Kraftanstrengung auf.
    Die Männer wichen entsetzt ein Stück zurück.
    «Wusste ich es doch!», stammelte der Dorfschulze, drehte sich um und kotzte.
    «Jetzt», raunte Pater Fürchtegott. «Jetzt gehe ich hin. Du aber bleibst hier. Versprich mir das.»
    Karla nickte und ging in die Hocke, ließ dabei die Männer nicht aus den Augen.
    Die standen stumm und starrten mit aufgerissenen Augen und Mündern in den Sarg. Nur das Würgen des Dorfschulzen durchbrach die Stille der Nacht.
    Plötzlich warf einer der Männer seinen Spaten zu Boden, drehte sich um und rannte über den Acker in Richtung Dorf, als würde er von allen Höllenhunden gehetzt. Ein zweiter folgte, und der Dorfschulze kotzte und kotzte, als wolle er niemals wieder aufhören.
    Der Glenbauer sah den Flüchtenden nach. «Feige Hunde!» Er lachte scheppernd.
    «Kann ich Euch behilflich sein? Ich meine, jetzt, da die Hälfte der Leute fahnenflüchtig ist?»
    Mit einem Schreckensschrei fuhr der Dorfschulze herum. Auch Henn Wegener, der Beckmann und der Glen vollführten eine entsetzte Drehung.
    «Ach, Ihr seid es nur, Pater!» Der Glenbauer war sichtlich erleichtert. «Was, zum Teufel, habt Ihr hier zu suchen?»
    Pater Fürchtegott blies die Backen auf, als hätte er es mit einem unglaublich dummen Klosterschüler zu tun. «Die Geschichte vom Berg und vom Propheten. Ihr erinnert Euch?»
    Langsam trat der Pater näher.
    Auch Karla hielt jetzt nichts mehr in ihrem Versteck. Vorsichtig erhob sie sich und schlich sich hinter die Männer. Zwischen den Schultern des Wegener und des Beckmann erhaschte sie einen Blick in den offenen Sarg. Beinahe hätte sie aufgeschrien, doch sie hatte sich vorsorglich eine Faust vor den Mund gepresst, sodass ihr Schrei zu einem erstickten Zischen wurde. Aber was sie da sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren, die Haare sträubten sich, und in ihrem Magen begann es zu rumoren.
    Im Sarg lag ein Ding, ein Etwas, das vielleicht einmal ein Mensch gewesen war. Vielleicht der alte Michelsmüller. Doch nein, der Michelsmüller konnte es nicht sein. Der war im Leben hager gewesen, hatte die Else erzählt, so schmal wie sein Sohn. Und der da jetzt im Sarg hatte einen Bauch, so dick wie eine Schwangere kurz vor der Niederkunft. So einen Wanst hatte der Michelsmüller im Leben nie gehabt.
    «Da, seht Ihr es!» Die Stimme des Glenbauern klang blass und dünn wie die eines sehr jungen Mädchens. «Ein Nachzehrer. Der alte Michelsmüller ist ein Nachzehrer. Aus dem Grab ist er gestiegen, hat sich den eigenen Sohn und die eigene Schwester geholt und gefressen.»
    Er hob die Hand und bekreuzigte sich zwei Mal hintereinander, und die anderen Männer taten es ihm nach.
    Pater Fürchtegott schob sich dicht an den Sarg heran. «Leuchtet mir!», befahl er und kniete sich neben den Sarg.
    Henn Wegener schluckte, riss

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