Teufelsmond
Füßen vernichte, damit dieser die Menschen nicht mehr beherrschen und der Kirche nicht mehr schaden kann!»
«Amen!», riefen die Leute. Else war auf die Knie gesunken, reckte ihr Kreuz gen Himmel. Ein Windstoß kam auf, fuhr in die Fackeln und rüttelte sie. Auch die Dorfschulzin sank auf die Knie. Ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle.
«Bringe unser Gebet vor das Antlitz des Allerhöchsten, damit die Erbarmung des Herrn bald auf uns herabkomme! Ergreife den Drachen, die alte Schlange, die nichts anderes ist als der Teufel und Satan, und stürze ihn gefesselt in den Abgrund, damit er die Völker nicht mehr weiter verführe!»
«Amen!», schrien die Alweröder. «Amen! Amen!»
Alle Weiber waren unterdessen auf die Knie gesunken und reckten die Arme zum Himmel. Die Männer versuchten, ihre Ergriffenheit zu verbergen. Heimlich suchten sie in ihren Taschen nach den Rosenkränzen und drehten sie. Bernadette bekreuzigte sich zwei Mal, und die anderen Weiber taten es ihr nach. Dann folgte der Hettrich. Er ließ sich ebenfalls auf die Knie sinken, wandte das Gesicht zum Mond und rief, so laut er konnte: «Amen, Herr Jesus. Amen, amen!»
Dann trat der Glenbauer vor den Pater und fragte, gleichwohl mit bebender Stimme: «War’s das? Ist damit das Böse vertrieben?»
Karla sah das Funkeln in den Augen des Bauern. Noch immer tanzten die Mordlichter darin. Auch Fürchtegott schien es zu sehen, denn er schüttelte den Kopf. «Wenn dem Bösen so leicht beizukommen wäre, dann gäbe es auf der Welt nur Gutes», teilte er mit. «Der zweite Teil des Exorzismus braucht Männer wie Euch, Glenbauer. Gestern habt Ihr den Toten ausgegraben und die Leiche liegen gelassen. Heute aber müsst Ihr sie erneut zu Grabe tragen.»
Der Glenbauer wich zurück. «Was sollen wir? Wie sollen wir das anstellen? Wo ist überhaupt die Leiche?»
Der Pater seufzte. «Karla und ich haben sie zurück in den Sarg gelegt. Während Ihr Eurer Feigheit nachgegeben habt, habe ich mit Hilfe dieses schwachen Weibes und ihrer jungfräulichen Tugend, gegen die das Böse keine Chance hat, den Toten erneut bestattet und damit verhindert, dass wilde Tiere ihn holen und ins weite Land tragen, sodass kein Mensch seiner mehr habhaft werden könnte. Nun aber, während des großen Exorzismus, müsst Ihr alle drei Leichen wieder ausgraben. Sind es Nachzehrer, so hilft nur ein einziges Ritual.»
Die Frau des Glenbauern schob sich neben ihren Mann und umklammerte seinen Oberarm. «Er tut es, Pater!», sagte sie. «Er tut es um unsrer Kinder willen.» Ihr Ton war so fest und entschlossen, dass der Glenbauer eine Schaufel packte. Die Glenbäuerin wandte sich an die anderen Männer. «Nehmt Eure Geräte, holt die Toten aus ihren Gräbern.»
Der Dorfschulze war blass geworden und hatte dem Beckmann seine Mistgabel in die Hand gedrückt. «Ja», rief er. «Tut, was der Pater sagt. Ich werde wachen, dass nichts sonst geschieht.» Er löste eine Kanne von seinem Gürtel und trank sich in großen Schlucken Mut an.
Pater Fürchtegott schob sich neben den Mann. «Ihr grabt, Schulze. Ich werde wachen, denn ich bin der, der den Exorzismus ausübt.» Er bückte sich, nahm eine der Schaufeln, welche die Männer gestern in ihrer Hast weggeworfen hatten, drückte sie dem Schulzen in die Hand und nahm ihm zugleich die Branntweinkanne ab.
«Die Frauen machen den Männern Platz. Betet, Ihr Weiber, das hilft am besten.»
Und die Frauen gehorchten, und die Männer machten sich an den Gräbern zu schaffen. Eine Weile war nichts zu hören als das Gemurmel der Frauen und das Keuchen der Männer. Der Mond hatte sich hinter den Wolken verzogen. Nur an den Rändern schien ein schwefelgelber Lichtschein hervor. Einmal noch flog ein Rabe über den Friedhof, ein andermal rannte eine schwarze Katze am Rande entlang und verschwand im Wald. Dann wurden die Gebete der Weiber lauter, drängender. Die Wegenerin rang die Hände: «Seht, das Böse, es flieht schon!»
Da bekreuzigten sich die Weiber, und auch die Männer ließen ihre Arbeitsgeräte fallen und malten ein Kreuzeszeichen in die Luft.
Pater Fürchtegott aber stand am Rande, die Hände gefaltet, und sah ruhig und gelassen dem Treiben zu.
«Was habt Ihr jetzt vor, Pater?», fragte Karla. Ihre Stimme klang klein und blass. Außerdem fror sie, doch es war nicht die Winterkälte, die ihr in die Knochen fuhr, sondern die Angst.
Endlich waren die Holzkisten auf die Erde gebracht. Fürchtegott ordnete die Leute an wie zuvor, dass sie als
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