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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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gar nicht die Gräber, sondern vielmehr die Alweröder?»
    Pater Fürchtegott zwinkerte ihr zu. «Ich werde tun, was ich kann, was in meiner Macht steht. Alles andere liegt in Gottes Hand. Manchmal aber», er zwinkerte wieder, «kann man Gott ein wenig unter die Arme greifen.»
    Karla verstand. «Was soll ich tun?»
    «Ich werde die Gräber mit Fackeln umstellen. Und ich werde einen Fackelkreis um die Alweröder bilden. Wenn ich den großen Exorzismus abhalte, behalte die Fackeln im Auge. Es wäre ein unheilvolles Zeichen Gottes, wenn er sie verlöschen ließe.»
    Karla nickte. «Ich verstehe», erwiderte sie leise. «Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Ist es das, was Ihr meint?»
    Fürchtegott lächelte und kniff Karla leicht in die Wange. «Du bist die beste Gehilfin, die sich ein Exorzist nur wünschen kann.»
    Dann führte er die Alweröder geschlossen von der Mühle weg und hinüber zum Friedhof.

[zur Inhaltsübersicht]
    Zweiundzwanzigstes Kapitel
    Kaum hatten die Alweröder den Friedhof der Mühle betreten, riss die Wolkendecke auf, und ein blasser, halbrunder Mond erhellte den Gottesacker. In diesem Licht war auch der nahe Wald gut zu erkennen. Die Wipfel der Bäume wiegten sich im leisen Wind, als raunten sie sich Geheimnisse zu. Irgendwo in weiter Ferne bellte ein Hund.
    «Stellt Euch auf. Stellt Euch so, dass Eure Leiber ein Kreuz bilden. Und steckt die Fackeln zu Euren Füßen in den Boden!», rief Pater Fürchtegott, und die Alweröder taten, was er ihnen befohlen hatte, und stellten sich so, dass das mittlere Grab, das Grab des jungen Jost, den Schnittpunkt zwischen den Streben bildete. Links und rechts des Grabes hatten sich die Weiber aufgestellt, sodass die letzten Ruhestätten des alten Müllers und seiner Schwester auf ihrer Linie lagen. Die Männer hatten sich so platziert, dass zwei von ihnen oberhalb des Grabes standen, der Rest zog sich nach unten hin.
    Vor ihnen, genau in der Verlängerung der langen Strebe, stand der Pater. Zu seinen Füßen brannten zwei Fackeln. Nun gebot er den Leuten, ihre Rosenkränze in die Hand zu nehmen oder wenigstens die Finger zu kreuzen. Gemurmel entstand. Die Bernadette zog unter ihrem Brusttuch ein Kettchen hervor und hielt es in der Faust. Die Dorfschulzin tat es ihr gleich, doch sie küsste ihr kleines goldenes Kreuz zuvor. Else hob Zweige auf, hielt sie zum Kreuz vor sich und starrte darauf, als warte sie auf eine Verwandlung. Der Hettrich malte mit der Fußspitze ein Kreuz in den Matsch, zog einen Kreis darum und stellte sich darauf. Eine Wolke jagte am Mond vorbei und tauchte die Szenerie ins Dunkle. Die Fackeln warfen zuckende Schatten auf die Gräber. Am Waldrand wiegten sich die Bäume, als würden auch sie an der Zeremonie teilnehmen. Stille trat ein. Nur der Wind raunte, und in der Ferne bellte noch immer der Hund.
    Der Pater breitete die Arme aus, hob das Gesicht zum Himmel und erhob seine Stimme, die sich auf zu den Gipfeln der Bäume schwang, in die Herzen der Menschen kroch und zugleich so kräftig war, als könne man sich daran festhalten: «Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.»
    Die Gemeinde erwiderte: «Amen.»
    Karla kroch es kalt den Rücken herunter. Sie stand hinter dem Pater und blickte auf das menschliche Kreuz. Die Stimmen verursachten ihr Gänsehaut an Armen und Beinen.
    Noch immer hatte Fürchtegott das Gesicht dem Mond zugewandt und die Arme ausgebreitet: «Ich bete zu dir, heiliger Erzengel Michael», rief er aus. Die Leute packten ihre Kreuze fester. Selbst der Glenbauer riss sich die Kappe vom Kopf und knüllte sie in den Händen.
    «Glorreicher Fürst der Himmelsheere, heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe gegen die Mächte und Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die Geister der Bosheit unter dem Himmel.»
    Karla sah, wie die Else erschauerte und ihre Zweige fester packte. Ein schwarzer Rabe flog krächzend über die Versammlung dahin. Die Wegenerin zuckte zusammen und zeigte mit dem Rosenkranz auf den Vogel. Bernadette hatte sich an den Hettrich geklammert.
    «Komme den Menschen zu Hilfe, die Gott nach seinem Ebenbilde und Gleichnis schuf und um hohen Preis aus der Tyrannei Satans erkaufte.»
    Er hielt inne, und die Versammelten riefen: «Amen!»
    «Dich verehrt die heilige Kirche als ihren Schutzpatron; dir übergab Gott, der Herr, die erkauften Seelen, um sie einzuführen in die Freuden des Himmels. Bitte den Gott des Friedens, dass er Satans Macht unter unseren

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