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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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aus dem Inneren des Hauses, und Karla rannte davon, als wäre ihr der Leibhaftige auf den Fersen. Sie stolperte über den Saum ihres Kleides, raffte im Laufen den Stoff und hetzte die Dorfstraße hinauf. Immer wieder sah sie sich um, doch die Dorfstraße blieb so leer, wie sie seit der Nacht immer war. Mit schmerzenden Seiten und laut nach Luft japsend, blieb sie endlich stehen, als das Pfarrhaus in Sichtweite war und aus der Kammer Pater Fürchtegotts ein Lichtschein drang. Sie lehnte sich an die Mauer des Hettrichhofes und zwang sich, langsam und tief durchzuatmen. Es dauerte, bis sie sich beruhigt hatte.
    War die Stimme ein Spuk gewesen? Hatten ihr die Sinne einen Streich gespielt? Hatte ein Poltergeist sie zum Narren gehalten? Karla wusste es nicht. Noch immer zitterte sie ein wenig. Sie lehnte den Kopf an die kühle Mauer und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Ein Geruch, der über die Mauer wehte, stieg ihr dabei in die Nase. Karla schüttelte sich. Sie kannte den Geruch, hatte ihn tausendmal an der Schlachtbank des Metzgers gerochen, kannte ihn aus dem Dorf. Ein Huhn rannte gackernd über die Gasse, gefolgt von einem wieselflinken kleinen Tier mit einem langen Schwanz. Wie gebannt schaute Karla auf die Szenerie. Da wurde im Hettrichhaus eine Öllampe entzündet, deren matter Schein auf die Gasse fiel. Und was Karla da sah, ließ ihr das Blut in den Adern gerinnen: Ein halbes Dutzend Ratten lief im Gänsemarsch über die Straße und verschwand in einem bodenhohen Loch in der Mauer unweit von ihrem linken Fuß. Eine der Ratten blieb stehen, quiekte leise, kam näher und schnüffelte an Karlas Stiefel. Sie hielt den Atem an, presste sich so eng gegen die Mauer, dass sie beinahe mit ihr verschmolz. Da ließ die Ratte von ihr ab und folgte ihren Gefährten durch das Loch der Mauer in den Hettrichhof.
    Karla schrie auf, und dann rannte sie die letzten Meter zum Pfarrhaus, stürmte durch die Tür, die Stiege hinauf und warf sich Pater Fürchtegott in die Arme.
     
    «Rattenspuk. Kind, ja. So etwas gibt es.» Pater Fürchtegott hielt seine zitternde Gehilfin im Arm und strich ihr sanft über den Rücken. In seinem Kopf machte sich eine Erinnerung breit, die ihm den Schweiß ausbrechen ließ. Im Kloster hatte er einmal von einem Herbergsgast eine unglaubliche Geschichte gehört. Der junge Mann, Sohn eines Ritters, war von der Burg geflohen. Eine Kräuterfrau hatte ihn verflucht, weil er sich stets über sie lustig gemacht, ihr den Kräuterkorb gestohlen und ihre schwarze Katze an das Hoftor genagelt hatte. Da hatte das Weib ihn verflucht, hatte ihren Finger nach ihm ausgestreckt und gerufen: «Von heute an sollen dir Ratten folgen, damit ein jeder sieht, dass du verflucht bist. Niemand wird dich in sein Haus lassen, keiner dir einen Platz an seinem Tische anbieten. Die Mädchen werden schreiend vor dir davonlaufen und die Händler auf dem Markt dich von ihren Ständen verjagen. Allein sollst du sein und nur die Ratten zu Gefährten haben.»
    Und tatsächlich: Mit dem jungen Ritter hielten die Ratten Einzug im Gästehaus des Klosters. Sie nisteten sich in die Strohsäcke ein, sie verwüsteten die Vorratskammern, sie hockten auf dem Brunnenrand. Erst als der Ritter weitergezogen war, verschwanden auch die Ratten. Wochenlang hatte man noch im Kloster diskutiert, ob Ratten tatsächlich einem Verfluchten folgen, bis der älteste der Klosterbrüder schließlich verfügt hatte, dass es genau so sei. Dabei erinnerte er an die Geschichte des Rattenfängers von Hameln. Und seither hatte Pater Fürchtegott eine gelinde Furcht vor Ratten. Das alles verschwieg er Karla jedoch. Stattdessen strich er der Weinenden und Bebenden immer wieder über den Rücken und versicherte: «Es ist Winter, Karla. Die Ratten suchen nach Futter. Auf dem Hettrichhof steht ein großer Misthaufen. Sie werden von dessen Geruch angelockt worden sein. Sorge dich nicht. Es ist nichts weiter. Und was den Spuk im Beckmannhaus betrifft, nun, so kannst du dir selbst denken, dass eine unerlöste Seele eben keinen Frieden finden kann. Deshalb ist der Beckmann aus seinem Haus ausgezogen. Doch du hast mit der toten Lissi nichts zu tun. Ihr Geist wird dich nicht behelligen.»
    Es dauerte lange, bis sich Karla wieder beruhigt hatte, aber ein Rest von Angst und Bangigkeit blieb, wurde einmal noch verstärkt, als die Else nach Hause kam. Oder hatte sie sich am Ende doch alles nur eingebildet?
    Karla hatte zum Abendbrot Speck in einer Pfanne ausgelassen und

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