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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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nannte sie diesen Zustand, der ihre Hände zum Zittern brachte und ihr den Schweiß auf die Stirn trieb. Doch gerade wenn Karla ihr einen beruhigenden Sud aufbrühen wollte, genas Else plötzlich. Sie sprang von der Bank hoch, verschwand in der Vorratskammer und huschte dann aus dem Haus, das Gesicht unter einer großen Kapuze verborgen. Niemand, auch Karla nicht, wusste, wohin sie ging.
    Heute, hatte sich Karla vorgenommen, wollte sie ihr folgen. Kaum war Else davongehuscht, schlüpfte Karla in ihre Stiefel und ging ihr nach.
    Die Else hatte den Weidenkorb fest an sich gepresst und hielt sich im Schutze der Katen.
    Karla duckte sich in eine Nische, verbarg sich hinter der Lügenlinde, beobachtete vom alten Backhaus aus, wohin die Else ging. Als Karla sah, dass die Haushälterin auf den Hof des ehemaligen Beckmannhauses einbog, erschrak sie.
    Seit der Nacht auf dem Friedhof hieß es im Dorf, dort gehe ein Geist um. Gespukt hatte es schon lange dort, denn die Seele der Beckmannin fand keine Ruhe. Die Trudl hatte einmal Ketten im Kamin rasseln hören. Die Lori hatte einen weißen Raben auf dem Dach gesehen, und die Wegenerin, die das Nachbarhaus bewohnte, sprach von Schritten und Poltern, als würden Möbel umgestürzt.
    Jeder im Dorf mied das Beckmannhaus. Es hieß, dass der Strick, mit dem die Lissi sich erhängt hatte, noch vom Balken baumelte. Und jetzt ging die Else dort hinein.
    Langsam schlich Karla näher, hielt sich eng im Schutz der Mauer und hielt vor der Tür des Hauses inne. Zu gern hätte sie gewusst, was sich im Inneren des Hauses abspielte, doch sie wagte nicht hineinzugehen. Zum Ersten quietschte die Tür ganz furchtbar in den Angeln, und zum Zweiten hatte Karla Angst.
    Karla war zwar immer davon überzeugt gewesen, dass es Gott, Geister und Gespenster gab, doch sie selbst hatte noch nie Kontakt zu ihnen gehabt. In ihrem Weiler gab es Geister, aber niemand hatte sie je gesehen. Und auch Gott hatte noch nie direkt zu jemandem gesprochen, den sie kannte, hatte ihr selbst nie eindeutige Zeichen gesandt. Deshalb liebte sie Gott nicht weniger, doch seine Existenz stand ihr nicht vor Augen; sie konnte weder ihn noch das Böse so recht begreifen. Gott war etwas wie der Frühling. Man sah ihn nicht, aber plötzlich war er da, blieb eine Weile und verschwand so unbemerkt, wie er gekommen war. Jeder wusste, dass die Zeit der sprießenden Knospen Lenz genannt wurde, aber keiner hatte je gesehen, wie genau dieses Wunder der Wiedergeburt vor sich ging. Als Kind hatte Karla sich einmal einen ganzen Tag unter den Apfelbaum gesetzt. Sie hatte mit eigenen Augen sehen wollen, wie die Knospen zersprangen und sich die weißen Blüten daraus emporreckten. So lange hatte sie in den Baum gestarrt, dass ihr die Augen brannten, doch nichts war geschehen. Keine einzige Knospe zersprang. Am nächsten Morgen aber war der Baum mit weißen Blüten übersät, und Karla hatte einsehen müssen, dass sich der Frühling nicht festmachen ließ. Ebenso wenig wie Gott oder der Teufel.
    Sie hielt sich unter einem Fenster mit zerbrochenem Rahmen verborgen und konnte die modrige Luft im Inneren des Hauses riechen. Von oben drangen Stimmen herab. Einmal hörte sie Else kichern, ein anderes Mal schien sie Karla empört. Etwas raschelte, aber Karla konnte nicht unterscheiden, ob das Rascheln von den Mäusen kam oder von Elses Röcken. Daneben erklang eine Männerstimme. Karla hielt die Luft an. Die Stimme kam ihr bekannt vor. Sehr bekannt sogar. Aber … nein, das konnte nicht sein. Diese Stimme gehörte so wenig nach Alwerode wie ein blühender Kirschbaum in die Raunächte. Diese Stimme … dieses Brummen und Quietschen … dieses grässliche Lachen, das alles gehörte nicht hierher. Nicht ins Beckmannhaus. Unmöglich! Der Schreck war Karla dermaßen in die Glieder gefahren, dass sie nach Luft ringen musste. Ihr Herz schlug rasend schnell, und vor ihren Augen drehten sich schwarze Ringe. Karla ließ sich auf den Boden sinken und presste eine Hand auf ihr wild schlagendes Herz. Ihr Bauch fühlte sich hohl an und zog sich zusammen, sodass sie sich krümmen musste.
    «Nein», murmelte sie. «Das kann nicht sein. Das ist eine Täuschung. Jeder sagt, dass es hier spukt. Und ich habe gerade einen Geist gehört.»
    Sie sprach sich Mut zu, wollte sich nicht ausmalen, dass diese Stimme, die sie mehr hasste als jede andere, vielleicht so wirklich war wie der knospenlose Apfelbaum im Pfarrgarten.
    Mühsam rappelte sie sich hoch. Da erklangen Schritte

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