Teufelspfad
geglaubt, dass Colleen irgendwie seinen Weg gekreuzt hatte, aber nie im Leben hätte sie gedacht, dass sie ihn wirklich beim Namen kannte. Ihr erster Impuls war, Baldwin anzurufen, ihm zu erzählen, was gerade vorgefallen war. Aber sie brachte es nicht über sich, jetzt seine Stimme zu hören. Nicht nach dem, was sie vorhin erfahren hatte. Sie bemühte sich sehr, den Schmerz und Frust wegzudrücken. Im Moment musste sie sich auf Sam konzentrieren. Mit dem Rest ihrer zusammenstürzenden Welt würde sie sich später beschäftigen.
Erneut klappte sie ihr Handy auf und wählte die Nummer von Emily Callahans Büro. Die Verbindung wurde hergestellt, und Callahans Stimme schwebte durch den Äther.
„Taylor Jackson wie sie leibt und lebt. Ich glaube es ja nicht. Wie geht es dir? Bist du in New York?“
„Hey Emily. Nein, leider nicht. Ich bin in Nashville und bearbeite gerade einen Fall.“
„Ah, dann ist das also ein beruflicher Anruf. Was kann ich für dich tun?“
Das mochte sie so an Callahan – die Frau war zuallererst eine Kollegin und erst an zweiter Stelle eine Freundin. Bei ihr hatte Taylor immer das Gefühl, nicht auf der Hut sein zu müssen. Sie bot stets eine mitfühlende, intelligente Schulter, auf die Taylor sich stützen konnte. Callahan war befördert worden und arbeitete jetzt nicht mehr in Long Island City, sondern in der Mordkommission des 6. Reviers in Manhattan.
„Emily, du warst nicht zufällig für die Schießerei im Washington Square Park vor ein paar Tagen zuständig, oder?“
„Das homosexuelle Pärchen? Nein, das ist nicht mein Fall, aber ich kenne den Detective, der ihn leitet. Warum?“
Taylor nahm sich ein paar Minuten Zeit, um Callahan die Situation zu erklären. Anhand der Hintergrundgeräusche hörte sie, dass Callahan bereits die Akten durchging.
„In der Nähe des Tatorts sind mehrere Zigarettenstummel gesichert worden. Wenn die etwas mit dem Fall zu tun haben, können davon möglicherweise DNA-Spuren genommen werden. Es hat auch eine Nachricht gegeben, deren Existenz bisher aber geheim gehalten wird. Ein Nachahmer des Son of Sam will eine Massenpanik verursachen, und das können wir im Moment gar nicht gebrauchen.“
„Wem sagst du das. Ich versuche gerade herauszufinden, wohin er weitergefahren ist – vorausgesetzt, er hat New York verlassen. Es hat keinen weiteren Vorfall dieser Art gegeben, oder?“
„Nicht, dass ich wüsste. Die Männer, die getötet wurden, waren beide verheiratet und führten eine sehr geheime Beziehung. Wenn etwas Ähnliches auftaucht, lasse ich es dich sofort wissen. Du glaubst, es war eine einmalige Aktion, und er ist jetzt wieder auf dem Weg nach Nashville?“
„Das ist gut möglich. Mehr als Vermutungen haben wir aber leider im Moment nicht.“
„Ich sag dir was. Ich sorge dafür, dass die Ergebnisse des DNA-Tests direkt zum FBI geschickt werden. Ich nehme an, Baldwin arbeitet an dem Fall?“
„Ehrlich gesagt nein, aber sein Team. Du hast doch schon mal mit Pietra Dunmore zu tun gehabt, oder?“
„Ja, ich erinnere mich an sie. Gutes Mädchen. Ich schicke die Sachen sofort zu ihr.“
„Mein Gott, Emily, was kann ich tun, um dich aus New York wegzulocken?“
„Ein paar Hundert Wolkenkratzer bauen. Der ganze blaue Himmel da unten macht mich nervös.“
Sie lachten gemeinsam, dann versprach Callahan, die Sache weiter im Auge zu behalten.
Taylor legte auf und setzte den Blinker. Die Rechtsmedizin lag zu ihrer Linken. Es war an der Zeit, sich der Wahrheit zu stellen.
39. KAPITEL
Preston Pylant hatte einen sehr schlechten Tag. Er hatte bei McDonald’s angehalten – unerzogene, schreiende, von Eiscreme verschmierte Kinder überall; wer lässt sein Kind schon mitten im Winter Eis essen? – und war, als er von der Toilette kam, von einer Gruppe Polizisten aufgehalten worden. Er hatte sich noch nicht mal die Hände richtig abtrocknen dürfen. Vielleicht standen sie darauf, die widerlichen Mistkerle. Mochten schmutzige Hände, von denen sie wussten, was diese gerade in der Kabine gemacht hatten. Jetzt hatten sie ihn in einen kleinen, kalten Raum mit holzvertäfelten Wänden gesperrt. Wer verkleidete seine Wände heutzutage noch mit Holzpaneelen? Die Schwulen natürlich. Die standen darauf.
Der Engel hatte natürlich auch eine Meinung zu all dem. Wie immer.
Erschieße sie, Kumpel. Erschieße sie alle. Sag ihnen, wie du dich fühlst, eingesperrt in diesen Loserraum hier .
Gute Idee.
„Sie können mir nicht vorschreiben, was ich zu
Weitere Kostenlose Bücher