Teufelspfad
dazu. Sie brauchte Insider. Freunde. Menschen, die, wenn es darauf ankam, in die andere Richtung schauten.
Sie nahm den Telefonhörer in die Hand und rief ihren alten Chef Mitchell Price zu Hause an.
Er nahm beim dritten Klingeln ab.
„Hallooo, Miss Jackson! Wie geht es dir an diesem schönen Abend?“
„Ganz gut. Mitchell hast du gehört, dass wir Fitz gefunden haben?“
„Ja. Ich habe ihn vorhin sogar schon besucht. Wenn man bedenkt, was er alles durchgemacht hat, ist er in erstaunlich guter Verfassung. Ich muss zugeben, dass ich diese Nachricht ein wenig gefeiert habe.“
Bei dem Geständnis musste Taylor lächeln. Mitchell klang auch ein wenig beschwipst.
„Das merke ich.“
„Oh, so schlimm?“
„Nein, keine Angst. Ich kenne dich nur gut genug, um den leichten irischen Akzent in deinen Worten herauszuhören.“
„Ah. Gut. Was kann ich für dich tun? Hast du dich endlich entschieden, die Truppe zu verlassen und dich meiner fröhlichen Ganovenbande anzuschließen?“
„Nicht ganz. Ich hatte gehofft, mit dir etwas Geschäftliches besprechen zu können.“
Sie hörte, dass die Musik im Hintergrund leiser gestellt wurde. Er hustete kurz. Seine Stimme war ernst.
„Geht es um eine Ermittlung oder um Schutz?“
„Um ehrlich zu sein, um Schutz. Baldwin ist kurz vorm Durchdrehen und plant, mich hinter einer Mauer aus FBI-Agents zu verstecken. Ich will nicht … behindert werden. Ich muss mich um verschiedene Dinge kümmern, und diese Polonaise aus Anzugträgern ist mir dabei nur im Weg.“
„Du hast doch nicht etwa vor, auf die Jagd zu gehen?“
Price hatte sie schon immer viel zu gut gekannt. Sie drückte sich um eine ehrliche Antwort.
„Wir sind uns ziemlich sicher, dass die nächste Aktion des Pretenders gegen mich persönlich gerichtet sein wird. Ich will einfach nur etwas zusätzliche Verstärkung. Nach Dienstschluss. Draußen. An meinem Haus. So etwas. Hast du ein paar Jungs, die du mir für eine Woche oder so zur Verfügung stellen kannst?“
„Nur für eine Woche?“
„Wenn es länger dauert, mache ich irgendetwas falsch“, sagte sie leise.
Price schwieg einen Moment. Sie hielt den Atem an. Sicher würde er nicht Nein sagen. Und sie hatte recht.
„Okay Taylor. Ich habe ein paar Jungs, die vielleicht für dich arbeiten könnten. Sie sind sehr diskret. Ruhig. Und verdammt gut in dem, was sie tun. Ich halte sie normalerweise für die eher privaten Aufgaben zurück.“
Privat. Genau das, was sie suchte.
„Das klingt perfekt. Wann können sie anfangen?“
„Gleich heute Abend, wenn du willst. Gib mir ein paar Stunden, um alles zu organisieren.“
„Bereite sie bitte nur auf eines vor: Der Pretender gehört mir. Wenn er sich nähert, müssen sie sich von ihm fernhalten. Sie sollen mich nur informieren und sich dann zurückziehen. Okay?“
„Taylor …“ In seiner Stimme lag ein warnender Unterton.
„Ich will einfach nur diejenige sein, die ihn festnimmt, das ist alles.“
Price schnaubte, sagte aber nichts.
Sie beendete das Gespräch und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Das Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden. Der erste Schritt war getan.
Jetzt konnte sie sich Gedanken über den zweiten Teil ihres Planes machen.
Sie spürte die Dunkelheit in ihrem Inneren, wie eine Schlange wand sie sich in ihrem warmen Nest. Je älter Taylor wurde, desto matter wurde ihr Geist. Jeder Tod bedeutete weiteres Blut an ihren Händen, weitere abgesplitterte Teile ihrer Seele. Warum sollte das hier anders sein? Er war eine Bedrohung, und Bedrohungen mussten neutralisiert werden. So einfach war das. Taylor wusste, sie könnte es tun. Wusste, sie wäre dazu in der Lage.
Vor Jahren schon war sie aus der Kirche ausgetreten, aber jetzt betete sie zu einem unbekannten, nie gesehenen Gott. Die Worte glitten lautlos über ihre Lippen.
Mach, dass ich es bin. Dass ich diejenige bin, die der Sache ein Ende bereitet .
16. KAPITEL
Taylor schreckte aus dem Schlaf hoch. Verdammt. Für eine halbe Sekunde nur hatte sie die Augen geschlossen und war weggenickt.
Unterschiedlichste Gefühle kreisten durch ihren Körper. Sie musste aufstehen, die Nachtluft einatmen, ihn finden. Es war gut und schön, davon zu träumen, den Kampf mit dem Pretender aufzunehmen, aber in Wahrheit war vermutlich er es, der den Kampf beginnen würde.
Mit einem Mal war ihr das Büro zu eng. Die Wände schienen sie zu erdrücken. Taylor stand zu schnell auf. Ihr Holster blieb an der Ecke ihres Posteingangskorbes
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