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Teufelspfad

Teufelspfad

Titel: Teufelspfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Ellison
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Zweifel. Nein, ihre Sorgen hatten einen ganz anderen Grund.
    Sie hatte noch nie zuvor einen Mord geplant.
    Sie würde sich nichts vormachen. Was sie sich vorstellte, war ein kaltblütiger Mord, wie er im Buche stand. Geplant. Vorsätzlich. Und fest entschlossen, einem anderen Menschen schweren körperlichen Schaden zuzufügen.
    Falls man sie fasste, würde die stellvertretende Staatsanwältin Page sie raushauen. Sobald der Fall in ihren Händen läge, würde es nicht einmal mehr wie Totschlag aussehen. Es würde als Notwehr tituliert werden. Immerhin war Taylor Polizistin, und die waren nun einmal manchmal gezwungen, im Dienst zu töten. Zudem gab es nur wenige Menschen in ihrem Umkreis, die nicht bereits von dem Pretender und seinen Drohungen wussten. Solange sie es schaffte, die Kontrolle über die Situation zu behalten, solange ihr Wort gegen seines stand – na gut, seines galt dann nicht mehr, denn er wäre ja tot. Keine Zeugen für den Augenblick der Tat. Timing war bei ihrem Plan alles. Sie musste schlicht sicherstellen, dass niemand sah, wie sie den Schweinehund tötete, und gleichzeitig dafür sorgen, dass im Nachhinein niemand Zweifel daran hegte, dass sie aus reiner Notwehr gehandelt hatte. Das war das Wichtigste. Auf diese Weise würde es nicht wie eine Hinrichtung aussehen.
    Trotzdem wäre es Mord.
    Ein Menschenleben zu nehmen bedeutete, jeden Tag mit den Konsequenzen zu leben. Das wusste sie aus Erfahrung. Normalerweise kamen sie um drei Uhr nachts, wenn der Schlaf ihr versagt blieb: Die Geister der Männer, die sie getötet hatte, saßen auf ihrer Bettkante und starrten sie aus leeren, missbilligenden Augen an; ihr Fleisch verrottete am Leib, ihre Knochen schimmerten im Mondlicht. Ihre Albträume waren ihre Strafe.
    Welche Strafe erwartete sie wohl, wenn sie das hier durchzog?
    Erschrocken bemerkte sie, dass es ihr egal war. Sie wollte einfach nur, dass es ein Ende fand.
    Was würde Baldwin davon halten?
    Sie wand sich in ihrem Stuhl und spielte mit ihrem Pferdeschwanz.
    Baldwin hatte auch schon getötet. Er wusste, was das mit der Seele anrichtete. Keine Vergebung, keine Rechtfertigung konnte den dunklen Fleck je wieder auslöschen. Würde er ihr Vorwürfe machen, die Sache in ihre Hände genommen zu haben? Würde er ihr applaudieren? Sie hatte den Verdacht, dass er genau die gleiche Idee hatte wie sie, doch sie würde ihn niemals danach fragen. Das war etwas, dass sie nie, nie, nie laut aussprechen könnte. Nicht gegenüber Baldwin.
    Wie schön wäre es, wenn sie eine unregistrierte Waffe benutzen könnte. Sie hatte ein paar, die für den Zweck geeignet wären. Sie wollte ihre Dienstwaffe nicht mit dem Blut der Rache besudeln. Falls sie das wirklich durchziehen würde, hätte sie immer noch einen Job, Verantwortung, ein Leben in der Metro Police. Sie würde die Waffe täglich berühren und wissen, dass sie ihr gehorcht hatte, dass sie absichtlich einen Mann aufgespürt und sein Leben genommen hatte. Das würde Taylor niemals vergessen können. Vielleicht wäre das die angemessene Strafe.
    Aus der Distanz oder aus der Nähe? Sie zwang sich, ehrlich zu sein. Aus der Nähe. Definitiv. Sie wollte dem Pretender in die Augen schauen, wenn er starb. Nur so konnte sie sich wirklich sicher sein.
    Sie ignorierte das Adrenalin, das durch ihren Körper rauschte. Allein der Gedanke an eine direkte Konfrontation mit ihm erfüllte sie mit einer Mischung aus Lust und Grauen. Sie erkannte sich selber nicht mehr. Er hatte sie an diesen Punkt gebracht, hatte in ihr dieses Verlangen geweckt, einen anderen Menschen zu töten. Jedem Versprechen, das sie sich und der Truppe je gegeben hatte, den Rücken zu kehren. Sie hatte einen Eid abgelegt, Menschen zu beschützen und nicht, selber dem Ruf der Dunkelheit zu erliegen.
    Aber diejenigen zu verletzen, die ihr nahestanden … das überschritt jede Grenze. Der Pretender hatte sich für diesen Weg entschieden, und Taylor war die Einzige, die ihn aufhalten konnte, bevor noch mehr Menschen verletzt wurden. Fitz, Sam, Lincoln, Marcus, selbst McKenzie, sie waren alle mehr als Kollegen, mehr als Freunde. Sie waren ihre Familie, genau wie Baldwin. Vielleicht sogar noch mehr.
    Sie musste den Hurensohn nur finden. Ihn finden und ein paar kostbare Minuten mit ihm alleine haben. Dann fände der Albtraum endlich ein Ende.
    Damit der Plan gelingen konnte, musste Taylor ein paar Vorkehrungen treffen. Staatlich bestellte Bodyguards, die ihr auf Schritt und Tritt folgten, gehörten nicht

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