Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teuflisch erwacht

Teuflisch erwacht

Titel: Teuflisch erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
Vom Netzwerk:
zwang sich, Marla tief in die Augen zu schauen. Sie trug den blanken Wahnsinn im Blick.
    »Wir werden jemanden suchen, der bereits im Sterben liegt. Wir nehmen jemanden, für den der Tod eine Erlösung ist. Ganz sicher bieten wir diesem Monster kein frisches Leben an. Ich werde das durchziehen, und wenn wir das hinter uns gebracht haben, finde ich auch einen Weg, dich zu retten.«
    »Es gibt keinen Weg«, flüsterte Anna. Ihre Stimme versagte.
    »Doch, den gibt es immer. Wir sind dabei, ein paar Halbengel zu erledigen. Meinst du, da kann uns eine jämmerliche Geistergestalt was anhaben? Ich gebe dir mein Wort, dass wir dich heil aus der Sache rausbringen. Verstanden?«
    Anna verschlug es die Sprache. Die Tränen legten sich auf ihre Stimmbänder. Vielleicht fanden sie einen Weg, möglicherweise auch nicht. Die Sache war es wert. Sie atmete tief durch und verbannte die Angst in den hintersten Winkel ihres Verstandes. Sie durfte nicht zerbrechen, bis sie gesiegt hatten. Helden wurden nicht geboren, sie entstanden aus der Verzweiflung einer Zwangslage. Wer seine Angst bezwang, trug den Sieg davon, ganz gleich, welche Opfer es einem abverlangte. Ein Mensch musste sterben? Schön, täglich starben Menschen. »Dann lass uns gehen«, brachte sie erstickt hervor.
    Wenn sie schon den Weg in die Hölle einschlugen, dann konnten sie es genauso gut gleich tun. Außerdem wollte sie nur noch fort von diesem Ort. Der Weg war das Ziel und das Leben eine Prüfung. Brachte ihnen der Pfad ins Fegefeuer den Sieg? Gut, sie würde ihn erhobenen Hauptes gehen. Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie besaß doch eine Gabe. Die Prophezeiung besagte, dass sie die Fingerless stürzen würde. Bewahrheiteten sich solche Vorhersagen nicht für gewöhnlich? Sie musste sich nur am Riemen reißen.
    Marla nickte. »Willst du hier warten?«
    »Nein. Ich hab es satt, zu warten und hier bleib ich schon gar nicht. Wir fahren ins Krankenhaus und ich finde eine Seele in den Schatten, die auf dem Weg ins Jenseits ist.«
    Marla stieß hörbar die Luft aus. »Du weißt, dass du das nicht tun musst? Ich habe mich angeboten, es allein durchzuziehen, und dazu stehe ich auch.«
    Anna schüttelte den Kopf. »Ich kann helfen, also helfe ich. Außerdem habe ich etwas erkannt.«
    Marla raufte sich die Locken, die wild vom Kopf abstanden. »Was denn?«
    »Wir werden siegen.«
    »Was?«
    »Wir werden den Fingerless und dem Beirat dermaßen in den Hintern treten, dass sie sich wünschen werden, nie existiert zu haben. Wir werden haushoch gewinnen.« Sie war bereit, für den Sieg zu sterben. Der Schock löste sich in Rauch auf. Sie hatte richtig entschieden, als sie Salims Angebot zugestimmt hatte. Ganz gleich, wen sie als Opfer auswählen würde. Es hatte ebenso bereit zu sein, getötet zu werden, wie sie es war. Anna rang sich ein verkrampftes Lächeln von den Lippen ab und machte den ersten Schritt, den ewigen Abgründen entgegen.

11. Kapitel
    Heimliche Geisel
     
     
     
    A ldwyn Eltringham mühte sich die Treppe hinauf. Weshalb sich das Büro des ersten Beiratsvorstandes ausgerechnet im obersten Stockwerk befand, blieb ihm ein Rätsel. Seine Pumpe schlug zögerlich in der Brust. Sie schaffte es nicht mehr, die Beine mit ausreichend Blut zu versorgen. Die Glieder schmerzten und sein Atem rasselte. Er stoppte, um sich gegen den goldenen Handläufer zu lehnen. Gesichter von großen Porträtbildern lächelten auf ihn hinab. Sie schmückten den letzten Treppenaufgang in die Chefetage. Es waren die Bilder verstorbener Mitglieder. Jüngst hatten sich weitere hinzugesellt. Das Foto von Robert Pearson sah beinahe lebendig aus. Der Fotograf hatte die Unbeschwertheit des Momentes gut eingefangen. Die anderen drei Bilder, die ebenfalls erst seit wenigen Wochen die Wand zierten, wirkten gestellt. Arthur Goldsmith, Richard Woodstock und Peter William hatten selten gelächelt, deshalb wirkte ihr Lachen falsch.
    Aldwyn zwang sich, weiterzugehen. Er zog sich am Geländer hoch und nutzte mit der anderen Hand den Gehstock, um sich zu stützen. Er erreichte die letzte Stufe und wischte den Schweiß von der Stirn, bevor er sein Büro betrat.
    Roberts Habseligkeiten waren entfernt worden. Von wem wusste er nicht. Der Schreibtisch gehörte nun ihm, da die anderen Ältesten tot waren. Sebastian Fingerless hatte den Rechtsbeirat schwer verwundet, indem er vier Mitglieder an einem einzigen Tag ausgelöscht hatte. Es hatte sich als schwierig erwiesen, die Nachfolger aufzuspüren und sie taten sich

Weitere Kostenlose Bücher