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Teuflisch erwacht

Teuflisch erwacht

Titel: Teuflisch erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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sie bloß Marla beruhigen, aber die Worte bestärkten auch ihren Mut. Plötzlich verstand sie, warum Sebastian allein fortgezogen war. Er hatte dasselbe getan, sie waren einander ähnlicher, als sie gedacht hatte. Marla hingegen sah nicht wirklich erleichtert aus. Sie rang sichtbar um Fassung. Ihr wäre es nicht anders ergangen, wenn Marla ihr Leben geopfert hätte. Es war etwas anderes, einen Menschen zu verlieren, den man liebte, als sich selbst in den Abgrund zu stürzen. Sie stürzte freiwillig. Die Magier hatten es geschafft. Sie hatten aus ihr einen stahlharten Gegner geformt, dessen Guss kein Feuer verbiegen vermochte.
    »An dem Tag, an dem sie stirbt, bist du geliefert, Salim«, zischte Marla. »Und deine komische Loa gleich mit.«
    Anna berührte Marlas Schulter. Sie musste sie unbedingt davor bewahren, die Nerven zu verlieren. Das Ende war greifbar, wenn Marla jetzt nicht alles ruinierte.
    »Ihr habt mich aufgesucht, Hexe. Ihr seid in mein Haus gekommen und habt nach meiner Hilfe gefragt. Die Loa herrscht nicht über euren Willen, sie tauscht nur Energien.« Salim zuckte gleichgültig die Schulter. Für ihn war das Thema durch. Herrgott, der Typ war doch echt das Letzte.
    Marla setzte zu einer Antwort an, doch Anna schnitt ihr das Wort ab. »Wie geht es weiter? Was müssen wir jetzt tun?« Sie musste einen Fuß vor den anderen setzen. Anna konzentrierte sich darauf, nicht an die Zukunft zu denken, und die Gedanken an ihren bevorstehenden Tod sorgsam zu verschließen.
    »Bring mir das erste Geschenk und ich gebe dir die Macht, den Engel zu wecken. So einfach ist das.« Salim grinste, seine Zähne blitzten weiß auf.
    Ein dunkler Skorpion bohrte seinen giftigen Stachel in ihr Herz, und der Reiter der Angst schwang sich auf ihren Rücken. Das erste Geschenk bedeutete das erste Opfer. Sie musste einen Menschen töten. Wie hatte sie es geschafft, den ersten Teil der Vereinbarung auszublenden und selbstsüchtig an ihren Tod zu denken? Die Angst vor dem Leben war größer als die vor dem Tod, denn es war eine Herausforderung. Ihre Beine waren zu müde, um über weitere Schatten zu springen. Gottgütiger, sie musste ein unschuldiges Leben nehmen. Abwechselnd heiße und kalte Wellen pulsierten durch ihren Körper und ein kalter Sturm brauste auf.
    Anna sprang auf die Füße und rannte los. Sie stürmte kopflos aus der Wohnung. Übelkeit wand sich im Magen, boxte gegen die Schleimhäute und forderte, auszubrechen. Sie stolperte ins Freie und übergab sich in den erstbesten Schneehaufen. Der leere Magen gab nicht sonderlich viel her, trotzdem wünschte sie sich, daran zu ersticken. Sie musste töten.
    »Anna?« Marla tauchte neben ihr auf und strich ihr über den Rücken.
    Anna schluchzte. Sie schaffte es nicht, sich zu einer Antwort durchzuringen.
    »Es wird alles gut. Wir finden einen Weg, wie wir dich retten.«
    Marla klang beherrscht. Wann hatte sie ihre Fassung zurückerlangt? Ihr Talent, sich immer wieder aufzurichten, war eines der größten. Aber sie verstand nicht, was wirklich los war.
    Anna hob den Kopf. »Marla, ich muss töten. Mein Leben ist egal, aber ich muss einen Menschen opfern.« Ein bitterer Fluss überschwemmte ihre Sinne.
    »Nein«, antwortete Marla leise. »Das musst du nicht.«
    »Du hast ihn gehört.«
    »Die Loa fordert ein Leben. Wer es ihr bringt, wurde nicht verhandelt.«
    Anna zitterte. Ihre Knie trugen ihr Gewicht nicht länger. Sie sackte zusammen, landete im Schnee und vergrub das Gesicht zwischen den Händen.
    »Ich werde töten.« Marla kniete sich neben sie und umfasste ihre Handgelenke. »Du musst das nicht tun, hörst du?«
    Anna zog die Nase hoch. Sie fühlte sich in einem grausamen Albtraum gefangen. Sie lag in einem gläsernen Sarg und die abgestandene Luft reichte nicht aus, ihr Hirn mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Sie biss auf ihre Lippe, um die Tränen zu unterdrücken und betete, einfach aufzuwachen.
    »Steh auf.« Marla versuchte, sie auf die Beine zu ziehen.
    Kraftlos stemmte sie die Gelenke durch und Marla half ihr auf.
    »Schau mich an. Ich habe eine Idee.«
    Anna schluchzte. Ihr Kopf wog so schwer, dass sie ihn nicht heben konnte.
    »Jetzt schau mich an und hör mir zu, verdammt.« Marlas Stimme überschlug sich.
    Himmel, jetzt verlor sie auch noch die Nerven. Zwei Frauen. Was dachten sie eigentlich, wer sie waren?
    Anna warf den Kopf in den Nacken, schnappte nach kalter Luft und kämpfte das lähmende Gefühl nieder. Sie zählte in Gedanken bis drei und

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