Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
Augen – »als ich ihn abgeholt habe … waren da auch ein paar Mädchen. Ich habe Gregory nach ihnen gefragt. Er meinte, das seien Tinas Freundinnen.«
»Wer ist Tina?«, fragte Marge.
»Oh … entschuldigen Sie. Tina ist Joeys kleine Schwester. Sie und Frank, mein jüngerer Sohn … sind in der gleichen Klassenstufe.«
»Gingen Joey und Gregory auf dieselbe Schule?«
»Bell and Wakefield. In Lauffner Ranch.«
»Ist mir bekannt«, sagte Decker.
Bell and Wakefield war die exklusive private Highschool des North Valley, verteilt auf acht Hektar Land mit einem supermodernen Football-Spielfeld und einer Basketball-Halle, einem Filmstudio und einem Computerraum, der NASA-Niveau hatte. Die Schule legte Wert auf Sportunterricht, Darstellungskunst und Wissenschaft, in dieser Reihenfolge. Viele Sportprofis und Schauspieler wohnten in der Gegend, und »B and W« war der natürliche Aufbewahrungsort für deren Kinder. »Ungefähr tausendfünfhundert Schüler, stimmt’s?«
»Genau weiß ich das nicht, aber es ist eine große Schule«, sagte Wendy. »Viel Raum zum Atmen, um deinen eigenen Platz zu finden.«
Und wenn du deinen Platz nicht findest, ist da jede Menge Raum, in dem du dich verlaufen kannst , dachte Decker.
»Joey sieht irgendwie ein bisschen dümmlich aus«, sagte Wendy. »Bei eins fünfundsiebzig Größe wiegt er bloß fünfundvierzig Kilo. Er hat eine riesige Brille und abstehende Ohren. Ich sage das nicht aus Bosheit, nur um Ihnen klarzumachen, dass es dort viele andere Kinder gab, die vor Gregory schikaniert worden wären.«
»Haben Sie ein Foto von ihm?«, fragte Decker.
Wendy kramte in ihrer Handtasche und fand Grego rys Grundschul-Abschluss-Foto. Man sah einen Jungen mit Milchgesicht, blauen Augen und rosa Pausbacken. Die Pubertät lag noch Lichtjahre entfernt, und die Highschool war zu solchen Jungs nie besonders freundlich.
»Darf ich das Foto behalten?«, fragte Decker.
Wendy nickte.
Er klappte seinen Notizblock zu. »Wendy, was wünschen Sie sich, dass ich für Ihren Sohn tue?«
»Finden Sie heraus, was meinem Jungen wirklich zugestoßen ist.« Noch mehr Tränen.
»Die Gerichtsmedizin hat den Tod Ihres Sohnes als Selbstmord eingestuft«, sagte Decker.
»Dann irrt sich der Gerichtsmediziner«, widersprach Wendy resolut. »Mein Sohn hat nicht Selbstmord begangen.«
»Könnte es ein Unfall gewesen sein?«
»Nein«, beharrte Wendy. »Gregory hasste Waffen.«
»Wie also ist er Ihrer Meinung nach gestorben?«, fragte Marge.
Wendy starrte die beiden Detectives an und knetete dabei ihre Finger. Die Frage beantwortete sie nicht.
»Wenn es kein Unfall mit Todesfolge durch eigene Hand war, auch kein vorsätzlicher Selbstmord, dann bleibt nur noch ein Tötungsdelikt – fahrlässig oder vorsätzlich.«
Wendy biss sich auf die Lippe und nickte.
»Sie glauben, jemand hat Ihren Sohn ermordet?«
Es dauerte einen Moment, bis Wendy etwas sagen konnte. »Ja.«
Decker versuchte, sich so einfühlsam wie möglich zu verhalten. »Warum?«
»Weil ich weiß , dass er sich nicht selbst erschossen hat.«
»Also hat Ihrer Meinung nach die Gerichtsmedizin et was übersehen, oder …« Wendy blieb stumm. »Ich habe kein Problem damit, zur Schule zu fahren und dort mit einigen von Gregorys Freunden und Klassenkameraden zu reden«, sagte Decker. »Aber die Gerichtsmedizinerin wird ihre Einschätzung nicht ändern, solange wir nicht etwas Außergewöhnliches herausfinden. Etwas, das einen Selbstmord undenkbar erscheinen lässt. Normalerweise kommt die Gerichtsmedizin zu uns, weil er oder sie einen Verdacht hat auf Fremdeinwirkung.«
»Selbst wenn es das war … was Sie sagen.« Wendy wischte sich wieder mit den Fingern über die Augen. »Selbst dann habe ich … keine Ahnung … was da vorgefallen ist.« Noch mehr Tränen. »Falls er es getan hat … dann weiß ich nicht, warum. Nicht den Hauch einer Spur! So dämlich konnte ich doch gar nicht sein.«
»Es hat nichts mit Verstand zu tun –«
»Haben Sie Kinder, Sir?«
»Ja.«
»Und Sie, Detective?« Sie drehte sich zu Marge um.
»Eine Tochter.«
»Was wäre, wenn einer von Ihnen beiden eines Tages plötzlich nach Hause kommt … und Sie entdecken, dass Ihr Kind … Selbstmord begangen hat?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Decker.
Marge schossen Tränen in die Augen. »Nicht auszudenken.«
»Dann sagen Sie mir jetzt«, fuhr Wendy fort, »wie Sie sich fühlen würden, wenn Sie wüssten, dass Ihr Kind absolut keinen Grund hätte, so etwas zu tun? Er war
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