Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
von Ihrem Jungen.«
»Er war nicht selbstmordgefährdet . Er war auch nicht lebensmüde . Gregory hatte Freunde, er war ein guter Schüler. Er hatte viele Interessen. Er hat nicht mal im Entferntesten auf einen Selbstmord angespielt.«
»Hatte er sich irgendwie verändert in den letzten Monaten?«
»Nein.«
»Vielleicht war er öfters mal schlechter gelaunt?«, deutete Marge an.
»Nein!« Sie klang entschieden.
»Schlief er mehr als sonst?«, fragte Decker. »Aß er mehr? Aß er weniger?«
Wendys Seufzer brachte ihre Verbitterung zum Ausdruck. »Er war wie immer … nachdenklich … er konnte auch sehr ruhig sein. Aber ruhig bedeutet nicht lebensmüde, wissen Sie.«
»Natürlich nicht«, sagte Decker. »Es tut mir leid, Sie das fragen zu müssen, Mrs. Hesse, aber wie sieht es aus mit Drogenmissbrauch?«
»Niemals!«
»Erzählen Sie mir etwas über Gregorys Interessen. Nahm er an Aktivitäten außerhalb des Unterrichts teil?«
Sie war verdattert. »Äh … ich weiß, dass er in den Debattierklub wollte.« Schweigen. »Er hat sich sehr bemüht. Sie meinten, er solle es im nächsten Jahr noch mal versuchen, wenn es mehr freie Plätze gäbe.«
Was hieß, dass er nicht gut genug gewesen war. »Und außerdem?«, fragte Decker.
»Er war im Matheklub. In Mathe stach er alle aus.«
»Was machte er am Wochenende?«
»Da war er mit seinen Freunden zusammen. Er ging ins Kino. Er lernte. Er hatte sich viel aufgeladen, auch einen AP -Kurs, um bereits Punkte fürs College zu sammeln.«
»Erzählen Sie mir von seinen Freunden.«
»Gregory zählte vielleicht nicht zu den angesagten Kids.« Um das Wort angesagt herum malte sie Anführungszeichen in die Luft. Dann kreuzte sie die Arme vor ihrem üppigen Busen. »Aber ganz bestimmt war er auch kein Außenseiter.«
»Da bin ich mir sicher. Was ist mit seinen Freunden?«
»Seine Freunde waren … er kam mit jedem gut aus … Gregory war so.«
»Könnten Sie etwas genauer werden? Hatte er einen besten Freund?«
»Joey Reinhart. Die beiden sind seit der Grundschule befreundet.«
»Noch andere?«, fragte Marge.
»Er hatte Freunde«, wiederholte Mrs. Hesse.
Decker versuchte es mit einer anderen Herangehensweise. »Wenn Gregory in eine Highschool-Kategorie passen müsste, wie würde die lauten?«
»Was meinen Sie damit?«
»Sie haben die sogenannten angesagten Kids erwähnt. Es gibt noch andere Cliquen: Sportcracks, Skater, Kiffer, Nerds, Rebellen, Intelligenzbestien, Philosophen, Jazzmusiker, Goth-Fans, Vampire, Außenseiter, Künstler …« Decker zuckte mit den Achseln.
Der Mund der Frau war nur noch eine schmale Linie. Schließlich sagte sie: »Gregory hatte alle möglichen Freunde. Einige hatten ein paar Probleme.«
»Welche Art von Problemen?«
»Sie kennen das.«
»Bei uns heißen diese Probleme Sex, Drogen oder Alkohol«, sagte Marge.
»Nein, nichts davon.« Wendy knetete ihre Finger. »Einige seiner Freunde waren in ihrer Entwicklung etwas hinterher. Ein Junge, Kevin Stanger … sie haben ihn so übel schikaniert, dass er auf eine Privatschule gewechselt ist.«
»Wurde er gemobbt?«, fragte Decker. »Und mit mobben meine ich: körperlich unter Druck gesetzt.«
»Ich weiß nur, dass er versetzt wurde.«
»Wann war das?«, fragte Marge.
»Ungefähr vor sechs Monaten.« Die Frau schlug die Augen nieder. »Aber Gregory betraf das nicht. Keinesfalls. Wäre Gregory schikaniert worden, hätte ich davon gewusst. Und ich hätte etwas dagegen unternommen. Darauf können Sie sich verlassen.«
Und genau deshalb hatte Gregory ihr möglicherweise nichts davon erzählt. »Er kam nie mit unerklärlichen Beulen oder blauen Flecken nach Hause?«, hakte Decker nach.
»Nein! Warum glauben Sie mir nicht?«
»Ich glaube Ihnen ja, Mrs. Hesse«, sagte Decker, »aber bestimmte Fragen muss ich Ihnen einfach stellen. Sie wollen doch eine fachgemäße Ermittlung, oder?«
Die Frau schwieg dazu und sagte dann: »Sie können mich Wendy nennen.«
»Was immer Ihnen lieber ist«, sagte Decker.
»Gab es Freundinnen in seinem Leben?«, fragte Marge.
»Ich weiß von keiner.«
»Ging er am Wochenende aus?«
»Meistens gingen er und seine Freunde zu einem von ih nen nach Hause. Joey ist der Einzige, der alt genug fürs Autofahren ist.« Wendys Augen füllten sich erneut mit Tränen. »Meiner wird das nie werden.« Unmittelbare Schluchzer. Decker und Marge warteten ab, bis die unglückliche Frau wieder in der Lage war zu sprechen. »Ein paarmal« – sie wischte sich über die
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