Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
war.«
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken mehr, Mrs. Hesse. Passt es bei uns allen morgen Nachmittag um drei?«, fragte Marge.
»Ich bin am Gericht, sollte aber bis drei durch sein«, sagte Oliver.
»Drei ist für mich okay«, sagte Wendy.
»Dann kommen wir morgen zu Ihnen. Falls Sie heute Abend die Gelegenheit haben, suchen Sie nach Gregs Videokamera.« Marge erhob sich. »Und falls Sie sie finden, verstecken Sie sie an einem sicheren Ort.«
21
Yasmine hasste es, wenn die Zeiger ihrer neuen silbernen Uhr mit dem blauen Ziffernblatt ihr sagten, dass es Viertel nach sieben war. Es bedeutete, sie musste los.
So viele Stunden ohne ihn zu verbringen war schrecklich. Egal, wie sehr sie versuchte, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen, egal, wie oft sie sich zwang, wieder in ihr Leben vor Gabriel zurückzufinden, sie war einsam, und sie fühlte sich ohne ihn unsicher. Die letzte Woche war wegen der Pessach -Feiertage besonders quälend gewesen. Die ganze Familie hatte sich in dem großen Haus ihrer Tante in Beverly Hills eingenistet, und sie hatte ihn über eine Woche lang nicht gesehen. Sie war mürrisch und blies Trübsal, und alle machten sich über sie lustig. Und alles, was sie wollte, war Gabe – als wäre sie von ihm abhängig.
Sie schlürfte den letzten Tropfen Kaffee und wartete darauf, dass er von der Toilette zurückkam. Ihr Blick schweifte über den Rand ihres Styroporbechers, und sie bemerkte erschrocken, dass ein wunderschönes Mädchen – circa achtzehn – sie anstarrte. Sie stand wartend am Tresen, mit ausgestellter Hüfte, und ein schwarzer Wildlederstiefel wischte leicht über den Boden, bewegte sich vor und zurück.
Abrupt wurden ihre Augen zu Schlitzen.
Yasmine widmete sich verwirrt wieder ihrem Kaffee. Das Mädchen trug einen schwarzen Kaschmirpullover, Skinny-Jeans und, der roten Sohle nach zu urteilen, todschicke Stiefel von Christian Louboutin. Ihr Goldschmuck sah echt aus. Ihr Teint war milchweiß, und sie hatte tiefblaue Augen und blondes Haar, das den halben Rücken hinunterreichte. Außerdem hatte sie einen großen Busen.
Gott, wie sehr Yasmine sich wünschte, sie hätte auch schon Busen.
Sie schielte wieder zu dem Mädchen, und die Ältere lächelte.
Weiße, gerade Zähne in einem wunderschönen Gesicht. Aber ihr Lächeln war unheimlich … fast fies. Im Hinterstübchen überlegte Yasmine, ob sie sie irgendwie beleidigt haben könnte, vielleicht indem sie sich letzte Woche vorgedrängelt hatte. Oder vielleicht mochte das Mädchen einfach keine Perser. Yasmine fühlte sich immer unwohl bei gut aussehenden weißen Mädchen, vor allem bei denen, die nicht jüdisch waren. Sie wünschte, Gabe käme endlich wieder. Er war so bewandert, und ohne ihn verkroch sie sich lieber in ihrer Muschel.
Zu ihrer großen Erleichterung kehrte er einen Augenblick später zurück. Er setzte sich hin und legte seinen Arm um ihre Schulter. »Leider ist es schon so weit.« Er blickte sich um und küsste sie auf den Mund. »Ich möchte nicht, dass du zu spät kommst.«
»Okay.« Ihr Blick hob sich. Das Mädchen war weg.
Gabe betrachtete ihr Gesicht. »Alles in Ordnung bei dir?«
»Ja, klar.«
»Du siehst … bestürzt aus, irgendwie.«
»Nein, alles in Ordnung.« Sie räusperte sich. »Nach den Ferien ist es immer schwer, wieder in die Schule zu gehen.« Sie versuchte, das Mädchen und ihr fieses Lächeln zu vergessen. Die mochte also keine Perser, das war ihr Problem. »Ich habe dich noch nicht mal gefragt, wie dein Pessachfest war.«
»Meins?« Gabe lachte. »Am ersten Abend hatte ich tatsächlich mit den Deckers einen Sederteller. Als dann alle zu Hause waren, wurde es zu voll, also hab ich den Rest der Woche bei meiner verrückten Tante Melissa verbracht, die ist nicht viel älter als ich. Albern und phlegmatisch, aber sie kann auch richtig Gas geben. Trotzdem hab ich dich furchtbar vermisst, Yasmine. Die letzte Woche ohne dich war die reinste Folter.«
»Ich hab dich auch sooooo sehr vermisst.« Sie fühlte sich immer noch unwohl. »Ich bin heilfroh, dass es vorbei ist.«
»Wie war dein Pessachfest?«, fragte Gabe.
»Langweilig. Meine Tante hatte zigtausend Leute zu Besuch. Mein Job war’s, den Tisch mit Romasalatblättern zu bedecken.«
Gabe sah sie verständnislos an. »Bitte?«
Sie schenkte ihm ein angedeutetes Lächeln. »Persische Sederabende sind anders als die der Aschkenasen. Zum Beispiel bedecken wir den Tisch mit Maror, dem Bitterkraut. Dann durchleben wir noch einmal den
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