Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
einen Code, damit man sie deswegen nicht belangen konnte, aber da Gabe zwischen den Zeilen las, wusste er, worüber die Kerle redeten. Es gab aktuelle Fotos, die Jungs sahen älter und größer aus. Und obwohl Gabe auch gewachsen war, war er immer noch dünn und drahtig. Seine Arme und Finger waren aufgrund des jahrelangen Klavierspielens unverhältnismäßig lang im Vergleich zu seinem Oberkörper, wie die eines magersüchtigen Affen.
Seine Kumpel trugen mittlerweile ziemlich viel Körperkunst und Piercings zur Schau. Gabe stand nicht auf Piercings, aber gegen ein paar Tattoos hätte er nichts einzuwenden. Was ihn wirklich ärgerte, war die Tatsache, dass einige der älteren Typen bereits ihren Führerschein hatten. Er hingegen war aufgrund seines jungen Alters gezwungen, in einer Stadt, die für Cabrios gemacht war, den Bus zu nehmen.
Bei den paar Glücklichen über siebzehn tauchten mit dem Führerschein die Autos auf. Und mit den Autos die Mädchen – ergo das Vögeln. Er wusste, er würde nie wieder einen von ihnen anrufen, selbst wenn er zurück in den Osten aufs Juilliard gehen sollte. Die Zeiten waren lange vorbei.
Früher hatte er sich wegen des verpassten Sex ständig einen Kopf gemacht, aber jetzt, da Yasmine Teil seines Lebens war, dachte er nicht besonders oft an die Partys. Sie machten noch gar nicht richtig viel, aber seit er so scharf auf sie war, hatte alles, was sie machten, eine atomare Sprengkraft. So erbärmlich er das auch irgendwie fand, aber er machte lieber Kleinscheiß mit ihr als Riesenscheiß mit irgendwem sonst. Er wusste, dass er von ihr besessen war. Und er wusste, dass er sie nie kriegen würde. Das Ganze war von Anfang an dem Untergang geweiht, und er sah einen Megaabsturz herannahen. Er würde den Liebeskummer aushalten, aber der Gedanke daran, wie es ihr zusetzen würde, machte ihn total verrückt. Er konnte die Vorstellung nicht ertragen, sie traurig zu sehen.
Auf seinem Computerschirm erschien eine IM .
Hi.
Innerlich stöhnte Gabe. Er liebte seine Mutter, aber er wünschte sich wirklich, sie würde aufhören, ihn zu nerven. Mit ihr Kontakt zu haben brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Wie geht’s meiner Schwester?
Ein bisschen unleidlich. Sie bekommt einen Zahn.
Gabe brachte ein Lächeln zustande, wenn er an das Baby dachte. Er hasste es, dass seine Mutter ihn verlassen hatte, aber die Vorstellung, ein Geschwisterchen zu haben, gefiel ihm.
Drück sie von mir und gib ihr einen Kuss.
Mach ich.
Kannst du mir ein Foto von ihr schicken?
Natürlich. Pause. Kannst du mir ein Foto von dir schicken?
Er wollte schon Als ob es dich einen Dreck kümmern würde tippen, aber tief im Innersten wusste er, dass seine Mutter ihn liebte und vermisste und sich vermutlich schlecht fühlte aufgrund dessen, was sie getan hatte.
Habe kein aktuelles da. Wenn du mir eine Handynummer gibst, kann ich mich selbst fotografieren und dir das Foto schicken.
Bezahlt Chris deine Telefonrechnung?
Ja. Also ist es wahrscheinlich keine gute Idee.
Hast du ein Konto bei Skype?
Ja, willst du skypen?
Hat Chris Zugriff auf deinen Computer?
Nicht wirklich. Aber wenn es dich nervös macht, lassen wir das mit Skype.
Eine lange Pause.
Wie lautet dein Skype-Name, Gabe?
Er nannte ihn ihr. Fünf Minuten später meldete sich sein Computer. Er drückte auf Videoantwort, und zum ersten Mal seit fast einem Jahr sah er das Gesicht seiner Mutter. Der Anblick machte ihn urplötzlich wütend, aber er bemühte sich, seinen rasenden Zorn zu beherrschen.
»Hallo, Schönheit«, begrüßte er sie.
»Hi.« Ihre Stimme klang zittrig. Tränen standen in ihren Augen.
»Ich muss leise reden«, sagte Gabe. »Hier ist es zwei Uhr morgens. Erzähl mir von meiner Schwester.«
»Möchtest du sie sehen?«, fragte Terry.
»Na klar.« Sie stand auf, und er konnte sie außerhalb des Bereichs ihrer Webcam mit jemandem reden hören. Einen Augenblick später setzte sie sich wieder hin. Er redete weiter. »Du siehst gut aus.« Und das stimmte wirklich. Jung und schön, mit einer wallenden Mähne aus kastanienbraunem Haar und goldbraunen Augen. Logisch, sie war immer jung und schön gewesen, mit einer wallenden Mähne aus kastanienbraunem Haar und goldbraunen Augen. Er betrachtete sie nur ganz neu. Seine Mutter war einfach umwerfend. Seine Kumpel hatten in ihrer Gegenwart ständig gesabbert, aber sie hätten sich nie getraut, ein unangemessenes Wort zu sagen. Sie war die Ehefrau von Chris. »Geht’s dir gut?«
Terry nickte und
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