Teuflische Kuesse
Nachgeschmack des Albtraums
vergangen war. Er würde nicht einmal die empfindsame Stelle hinter ihrem Ohr
küssen oder seine Hände um ihre cremeweißen, weichen Brüste schließen. Er
schüttelte hilflos den Kopf. Nein, zur Hölle, das würde er nicht.
Sterling
öffnete Lauras Tür. Caliban und Cerberus lagen ausgestreckt auf dem Teppich
vorm Fußende ihres Bettes wie zwei schnarchende Schutzengel.
»Ihr
Verräter«, murmelte er und bückte sich, um den beiden die Köpfe zu tätscheln.
Die
erschöpften Hunde hatten den ganzen Nachmittag lang Lotties Kätzchen durch die
Eingangshalle gejagt, bis ein graues Fellbündel herumgeschossen war und
Caliban eins auf die Nase gegeben hatte. Den Rest des Nachmittags hatten die
beiden dann winselnd unter der Küchentreppe gekauert.
Sterlings
Pulsschlag beschleunigte sich vor Vorfreude, während er die Vorhänge
auseinander zog – und verlangsamte sich deutlich, als er neben Lauras brünettem
Haupt einen blonden Lockenkopf entdeckte.
Seine Frau
hatte offensichtlich auf ihn gewartet. Ihr Blick war klar, nicht umwölkt vom
Schlaf. »Lottie hat schlecht geträumt«, flüsterte sie mit entschuldigender
Miene. »Ich konnte sie schlecht fortschicken.«
Sterling
blickte auf das Kind hinab, das sich in Lauras Arme gekuschelt hatte und das
halbe Dutzend Kätzchen, die gemütlich zwischen den Laken dösten. Der Neid versetzte
ihm einen heftigen Stich.
»Natürlich
nicht«, murmelte er und streichelte Lottie übers Haar. Er stopfte die Fäuste in
die Taschen seines Hausmantels, um sich daran zu hindern, Laura ebenfalls zu
streicheln. »Sie ist in guten Händen. Ich bin sicher, du hältst ihr die Schreckgespenster
vom Leib.«
Sterling
machte sich zum Wintergarten auf, kramte eine Zigarre aus der Tasche und
wünschte sich nur, sie hätte das Gleiche auch für ihn getan.
Devonbrooke Hall hallte vor Fröhlichkeit wider.
Wenn die Hunde
einmal nicht damit beschäftigt waren, gutmütig den Katzen nachzujagen, dann
rutschte bestimmt gerade Lottie irgendein Treppengeländer herunter und schrie
sich die Lunge aus dem Leib, während George auf Strümpfen durchs Foyer
schlitterte. Ein strahlender Addison stellte fest, dass sowohl die
Mahagoni-Geländer als auch die Marmorbö den so gut poliert waren wie nie zuvor
und gab den Dienstmägden einen Tag frei.
Cookie
fegte durch die Küche wie eine frische Brise aus Hertfordshire und schwang
drohend das Nudelholz, als der französische Chefkoch sie von seinem Terrain
verscheuchen wollte. Als sie eine seiner schweren Sahnesoßen an die Katzen
verfütterte, quittierte der kleine Mann beleidigt den Dienst, stürmte durch den
Speisesaal davon und sprudelte derart wüste gälische Schimpfworte heraus, dass
sogar Dower beeindruckt war. Cookie legte einfach nur die Schürze beiseite,
die er ihr an den Kopf geworfen hatte, und machte sich daran, Ingwerbrot zu
backen.
Der einzige
Mensch, der gegen das fröhliche Chaos immun zu sein schien, war der Hausherr
selbst. Sterling tauchte nur selten aus dem vertäfelten Dunkel seines
Studierzimmers auf und pflegte sogar dort zu speisen, seit Lauras Familie im
Speisesaal Karten spielte und turbulente Fressgelage veranstaltete.
Er hatte
bis spät in die Nacht im Schein einer einzigen Lampe am Schreibtisch
gearbeitet, als seine Cousine hereinkam.
»Wie
nachlässig von mir«, sagte er trocken. »Ich habe anscheinend dein Klopfen
überhört.«
Diana nahm,
wie gewöhnlich, kein Blatt vor den Mund. »Du bist jetzt seit fast einem Monat
verheiratet und machst keine Anstalten, deine Ehefrau der Gesellschaft
vorzustellen.«
Sterling
wedelte vage mit dem Federhalter und schrieb an dem Brief weiter, der einem
seiner Gutsverwalter in Lancashire galt. »Die meisten Familien sind an der See
zur Sommerfrische oder auf ihren Landgütern. Im Herbst vielleicht, wenn sie
wieder zurück sind –«
»Laura
glaubt, du schämtest dich ihrer.«
Sterling
hob den Kopf. »Mich ihrer schämen? Wie ist sie auf diese lachhafte Idee
gekommen?«
»Es gab da
einiges an Gerüchten, die ungewöhnlichen Umstände
eurer Hochzeit betreffend, die du nicht aus der Welt geräumt hast.«
»Elizabeth
...«, fauchte er. »Verflucht soll sie sein, diese Dame mit ihrer giftigen
Zunge.«
»Unglücklicherweise
musste Laura kurz nach ihrer Ankunft in London ein recht boshaftes Gespräch
mit anhören, das sich um ihre verschiedenen Unzulänglichkeiten drehte.«
»Unzulänglichkeiten?«
Sterling sprang auf. »Sie hat keine verfluchten
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