Teuflische Kuesse
habe.«
»Was ihm
schwerer fallen würde, als dir bewusst ist.« Laura schaute müde zu, wie Diana
sich neben sie aufs Bett setzte.
»Als mein
Cousin auf Devonbrooke Hall ankam, hat mein Vater ihm alles gegeben, was er ihm
versprochen hatte. Sterling hat vielleicht keine Liebe bekommen, aber an Luxus
hat es ihm nie gefehlt.« Sogar jetzt spürte Diana noch den stichelnden alten
Neid. »Es hat alle nur erdenklichen Spielsachen bekommen, ein Shetlandpony,
die besten Lehrer. Aber jede Nacht habe ich ihn auf der Fensterbank seines
Kinderzimmers sitzen sehen und in die Dunkelheit hinausstarren. Er hat es nie
zugegeben. Aber er hat auf seine Mutter gewartet. Im tiefsten Winkel seines
Herzens hat er immer noch geglaubt, dass sie ihn holen würde.«
Laura holte
zittrig Luft. »Und wann hat er es aufgegeben?«
»Ich
glaube, da liegt der Hase im Pfeffer. Ich bin nicht sicher, ob er es je
aufgegeben hat.« Diana nahm Laura bei der Hand. »Du musst stärker sein, als sie
es war, Laura. Du darfst ihn nicht aufgeben, ohne um ihn gekämpft zu haben.«
»Und was,
wenn ich verliere?«, flüsterte Laura.
Diana
drückte fest ihre Hand. »Dann wirst du die Splitter deines gebrochenen Herzens
zusammenkehren und weitermachen. Genau wie ich.«
Als die
Duchess of
Devonbrooke oben an der Marmortreppe erschien, die von der Galerie
hinunterführte, wurde im Ballsaal aufgeregtes Geflüster laut.
Die Creme de
la Creme der Londoner Aristokratie hatte sich unter den glitzernden
Kronleuchtern zusammengefunden, um dabei zu sein, wenn die Herzogin in
exaltierter Gesellschaft debütierte. Als die Einladungen eintrafen, hatten
viele der Geladenen beinahe fluchtartig ihre Landgüter verlassen und die engen
Straßen Londons mit ihren Landauern und Kutschen verstopft. Seit die alte
Herzogin gestorben war, hatte es auf Devonbrooke Hall keine große Festivität
mehr gegeben, und man war auf das legendäre alte Haus fast ebenso gespannt wie
auf die berüchtigte junge Braut des Teufels von Devonbrooke.
Wie sich
zeigte, sollte keines von beiden sie enttäuschen.
Der
Ballsaal war groß genug, ihnen die Enge und die Hitze zu ersparen, die auf
derartigen Zusammenkünften allzu oft herrschte. Der Boden blitzte unter ihren
Füßen, und der feine Duft gewachster Zeder mischte sich mit dem Parfüm der Damen.
Eine Wandbeleuchtung aus roten Wachskerzen komplettierte den schimmernden
Glanz der Kronleuchter.
Doch
verglichen mit der strahlenden Frau, die oben an der Treppe stand, verblasste
alles.
Das dichte
braune Haar war am Scheitel elegant zusammengeschlungen und wurde von einem
perlenbesetzten Diadem gehalten. Ein paar lockigen Strähnen hatte man gestattet,
sich aus der Hochfrisur zu lösen, um die leuchtenden Augen und die perfekt
geschwungenen dunklen Brauen zu akzentuieren. Sommersprossen schienen wie
goldener Glimmer auf die Wangen gestäubt zu sein. Am Abend darauf würden die
Stadtschönheiten und ihre Mütter sich alle Mühe geben, mit Hilfe von Goldpuder
diesen Effekt zu kopieren.
Die hohe
Taille des weißen Seidenkleids mit dem Überrock aus feinster Gaze unterstrich
ihre schlanke Gestalt. Sowohl die Puffärmel als auch der Saum waren abwechselnd
mit Bändern aus Satin und Spitze besetzt. Nur eine dünne, silberne Kette zierte
den blassen Hals und verschwand im tiefen Dekolleté, was zu
wilden Spekulationen führte, welch phantastischen, extravaganten Edelstein
Laura wohl verbarg.
Sterling
stand gerade an einer der Fenstertüren, nippte Champagner und unterhielt sich
mit Thane, als das aufgeregte Getuschel einsetzte.
Er drehte
sich um und sah oben an der Treppe seine Frau stehen.
Als er
Laura Fairleigh zum ersten Mal gesehen hatte, hatte Sterling für sich
entschieden, dass sie keine Schönheit sei. Er hatte sich geirrt. Sie war weit
mehr als nur hübsch. Der Anflug von Trotz in ihrem unverwandten Blick und das
hoch erhobene Kinn machten sie nur noch begehrenswerter.
Thane stieß
ihn an. »Alles in Ordnung, Dev? Du siehst aus, als habe dich gerade jemand in
den Magen geboxt.«
»Es ist
nicht der Magen, um den ich mir Sorgen mache.« Er gab Thane sein Champagnerglas
und bahnte sich einen Weg durch die Menge.
Eigentlich
war es nicht notwendig, weil ohnehin schon alle Blicke auf Laura gerichtet waren,
doch Addison trat trotzdem der Etikette entsprechend vor und kündigte sie an:
»Ihre Gnaden, die Duchess of Devonbrooke.«
Als Laura
unter den kritischen Augen der allerersten Gesellschaft die Stufen
hinunterschritt, ging ihr nur ein einziger
Weitere Kostenlose Bücher