Teuflische Kuesse
verblüfft von seinem
kultivierten Bariton. Als der Mann zu Lauras Schwester herüberschaute, ließ
Dower langsam die Heugabel sinken.
Lottie war
die Erste, die die Fassung wiedergewann. Sie knuddelte eines der in Frage
stehenden Untiere unter ihrem spitzen, kleinen Kinn. »Das sind keine Ratten,
Sir. Sondern Kätzchen.«
Er
schnaubte. »Das macht keinen großen Unterschied, wenn du mich fragst.«
Lottie
schnappte nach Luft.
Cookie kam
geschäftig an und zog ihren Dower aus des Fremden Reichweite. »Ist ja gut, ist
ja gut, mein Lieber. Ich bin sicher, unsere kleine Lottie hat Sie nicht
erschrecken wollen.« Ihr mütterliches Glucken wäre sicherlich beruhigender gewe
sen, hätte sie nicht immer noch das blutige Beil in der Hand gehabt. Sie sah
den argwöhnischen Blick des Fremden und ließ die Waffe hinter ihrem Rücken
verschwinden. »Sie brauchen sich wegen der alten Cookie keine Sorgen zu machen.
Ich habe nur gerade ein schönes, dickes Huhn für Ihr Mittagessen geschlachtet.«
»Vielleicht
hätte er ja lieber Katzeneintopf«, schlug Lottie eisig vor, das kleine Näschen
so hoch erhoben, wie es nur ging.
»Ich hatte
auf Fratzensuppe gehofft«, schoss der Fremde zurück.
Laura
wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Bitte strengen Sie sich nicht
so an, Sir. Sie haben einen schrecklichen Schlag erlitten. Sie sind noch gar
nicht wieder Sie selbst.«
Als er sie
mit zornigem Blick anfunkelte, war ihr, als seien die anderen vier
verschwunden: »Verflucht noch mal, warum sagen Sie mir dann nicht einfach, wer
ich bin?«
KAPITEL 4
Und dann
wieder ist mir, als
wärst du immer noch mein kostbarer kleiner Junge ...
Sein goldener Blick war halb wütend,
halb flehentlich, von einer Angst begleitet, die fast greifbar war. Wenn Laura
jetzt nicht handelte, schnell handelte, würde irgendjemand in diesem Raum
etwas sagen, das ihr Vorhaben unmöglich werden ließ.
»Oh, armer
Liebling.« Sie schenkte ihm ihr mitfühlendstes Lächeln, ging auf ihn zu und
nahm ihn am Arm. »Nach allem, was Sie durchgemacht haben, ist es kein Wunder,
dass Sie in verdrießlicher Stimmung erwacht sind.«
Er blickte
auf sie hinab und zog die Augen zusammen. »Warum nennen Sie mich Liebster?«
»Genau,
warum nennst du ihn Liebling?«, wiederholte Cookie argwöhnisch und holte das
blutverschmierte Schlachtbeil wieder hinterm Rücken hervor.
Laura
überhörte die Fragen geflissentlich und stellte sich entschlossen vor ihren
Gast hin. »Er kann im Augenblick weder unsere Aufregung gebrauchen noch unsere
Hätscheleien, sondern nur Frieden und Ruhe.«
Der Mann schnaubte.
»Eine Bande rabiater Katzen und eine Beil schwingende Hexe würde ich kaum als
Hätschelei bezeichnen.«
Dower
befreite sich aus Cookies Griff und stürzte auf ihn zu. »Ich verhätschle ihn
mit der Heugabel, das versprech ich, wenn er noch mal schlecht von meiner Madam
redet.«
Laura
duckte sich unter den Zinken durch und legte Dower beruhigend die Hand auf die
Brust. »Er wollte niemanden beleidigen. Er ist einfach nur erschöpft und
verwirrt. Weswegen ich euch bitten muss, uns alleine zu lassen.«
Dower
polterte gleich darauf wieder los: »Müssen bekloppt im Kopf sein, wenn Se
meinen, ich lass Sie mit dem Wilden da allein.«
»Und einem
halb nackten Wilden dazu.« Cookie betrachtete nervös den Quilt, der die untere
Hälfte des Fremden abschirmte.
»Mach dich
nicht lächerlich, Cookie. Du weißt genauso gut wie ich, dass er mir niemals
etwas tun würde.« Laura schaute den großen,
zornigen Fremden schnell über die Schulter an und hoffte nur, dass sie Recht
behalten würde. Er hatte um einiges kleiner und ungefährlicher ausgesehen, so
lange er noch bewusstlos gewesen war.
»Wenn er
auch nur den Finger streckt, Miss, dann brauchen Se bloß schreien und ich komm
gerannt«, versprach Dower und gestikulierte mit der Heugabel in Richtung des
Mannes.
»Wenn sie
auch nur annähernd so kreischt wie ihre Schwester, bin ich derjenige, der zu
rennen anfängt«, versicherte der Fremde dem Alten.
Dower und
Cookie verließen widerwillig grummelnd das Schlafzimmer. Es blieb Laura
überlassen, Lottie samt ihres Arms voller
Katzen aus dem Bett zu fischen. Lottie schlurfte erbärmlich schniefend herum,
bis Laura sich hinunterbeugte und sie anzischte: »Marsch, kleine Lady, oder du
kriegst was ab, worüber du wirklich weinen kannst.«
Während sie
Lottie in die Eingangshalle hinunterscheuchte, lehnte George immer noch am
Türstock, ein nachdenkliches Glänzen im Blick.
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