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Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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hin oder her«, sagte Abigail. »Ich will keinen neuen Manager.«
    »Aber für mich wirst du doch noch spielen, oder?«
    »Wenn du darauf bestehst«, antwortete sie.
    »Ich bestehe nicht darauf.« Silas sah verletzt aus. »Ich habe einfach nur Freude daran.«
    Er hielt kurz inne. »Ich nehme an, das habe ich mit deiner Mutter gemein.«
    Abigail ging wieder nach St. Peter. Nicht in die Messe oder zur Beichte, denn das hatte ihr überhaupt nicht geholfen; aber sie hatte herausgefunden, dass es ihr ein gewisses Maß an Trost spendete, einfach nur still in der Kirche zu sitzen oder draußen zwischen den alten Gräbern umherzuwandern.
    An einem warmen Nachmittag gesellte der Priester sich zu ihr. Er bewegte sich so leise und leichtfüßig übers Gras, dass Abigail keine Gelegenheit hatte, ihm zu entkommen.
    »Wie stehen die Dinge?«, fragte er, ohne so zu tun, als würde er sie nicht kennen.
    Abigail schaute ihn an; zum ersten Mal sah sie ihn aus der Nähe. Wie sie erwartet hatte, war er jung und schlank und besaß ein schmales Gesicht, das sie ein wenig an einen Greyhound erinnerte.
    »Also schön«, erwiderte sie und hielt kurz inne. »Alles ist falsch.«
    Seine blauen Augen blickten scharf. »Wollen Sie darüber reden? Oder würden Sie lieber allein gelassen werden?«
    »Die meiste Zeit fühle ich mich ohnehin allein«, sagte Abigail. »Auch wenn ich das nicht bin – nur in meinem Kopf.«
    »Ich heiße Michael Moran«, stellte er sich vor.
    Einen Augenblick lang, als sie einander die Hände schüttelten, wurde Abigail sich seiner Ruhe bewusst. Siewar fast greifbar und übertrug sich auf sie. Dann war das Gefühl wieder verschwunden – und schon bereute sie dessen Verlust.
    »Wollen Sie mich ins Pfarrhaus begleiten?«, fragte der Priester. »Ich bin sicher, dass Mrs. Kenney, meine Haushälterin, einen schönen Tee für uns hat.«
    Abigail zögerte nur kurz. »Ja«, sagte sie dann. »Das würde mir gefallen.«
    Und sie ging mit ihm.
    Silas beobachtete sie schweigend von seinem Wagen aus, den er zwischen einem Shogun und einem alten Metro an der gelben Linie auf der anderen Straßenseite geparkt hatte.
    Er beobachtete, wie sie gemeinsam hineingingen.
    Sein Kopf schmerzte, und er rieb sich die Stirn zwischen den Augenbrauen, blickte auf seine Digitalkamera hinunter und schaute sich das letzte Foto an, das er von ihnen auf dem Friedhof gemacht hatte.
    Der Priester war jung und gut aussehend.
    Silas scrollte zu den vorherigen Bildern zurück, bis er zu dem Foto kam, das er sehen wollte.
    Das Foto mit ihren großen grauen Augen.
    Sein Herz zog sich vor Kummer zusammen, als er sich an jenes andere erste Mal erinnerte.
    Ihr erstes Mal.
    Er konnte sich jedoch nicht daran erinnern, ob er je gesehen hatte, dass sie Charlie Nagy so angeschaut hatte.
    Er konnte sich nicht erinnern, weil eine Wolke aus Blut jedes Mal die Erinnerung verhüllte, wann immer er an Nagy dachte. Und die Geräusche, das Stöhnen, das Sterben …
    Deshalb konnte er sich nicht daran erinnern, wie sie Charlie Nagy angeschaut hatte.
    Aber der hier war kein Mann, der war Priester. Also konnte es nicht sein – es konnte nicht.
    Er würde es nicht zulassen.

30.
    »Ich habe etwas Besonderes arrangiert«, sagte Silas zu Abigail in der dritten Juliwoche. »Ich hoffe, es wird dir gut tun.«
    »Und was ist das?«, fragte sie.
    »Es soll eine Überraschung werden.« Er sah die Besorgnis und das Misstrauen in ihrem Gesicht und lächelte. »Nicht wieder so etwas wie das Solokonzert«, sagte er. »Es geht um eine Reise.«
    Abigail war erstaunt, denn seit Deauville waren sie nicht mehr zusammen verreist.
    »Wohin?«, fragte sie.
    »Bitte«, sagte Silas. »Lass dich überraschen.«
    Sie hörte seine höfliche, sanfte Stimme – er hatte viele Stimmen, wie sie inzwischen erkannt hatte –, und sie war einfach zu müde, um mit ihm zu diskutieren. »Woher soll ich denn wissen, was ich einpacken soll, wenn du mir nicht sagst, wohin es geht?«
    »Es ist nächstes Wochenende«, sagte er. »Du wirst nicht viel brauchen.«
    Im Laufe der Woche fragte Abigail sich mehrere Male, ob sie wirklich mit einem Killer irgendwohin fahren wollte, und jedes Mal war die Antwort die gleiche: Sie lebte nun schon seit Wochen mit einem Killer zusammen; sie aß mit ihm, arbeitete mit ihm, schlief mit ihm (aber sie liebten sich nicht, nicht mehr seit Charlie). Warum sollte da eine gemeinsame Reise etwas anderes sein?
    Außerdem war sie ja selbst eine Killerin, egal was Vater Michael Moran sagen

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