Teuflische List
mochte. Wäre sie nicht gewesen, würde Charlie noch leben und Maggie Blume vermutlich auch. Und indem sie sich entschieden hatte, Detective Lowe nichts zu erzählen und bei Silas zu bleiben, war sie seine Komplizin geworden; sie hatte sich selbst dazu gemacht. Und egal, ob sie das nun um Jules’ oder Ollis willen getan hatte oder für Silas oder um der Liebe willen, sie hatte es getan.
Zum Guten wie zum Schlechten.
Zum Schlechteren.
Daran konnte nun wirklich kein Zweifel bestehen.
Als sie in Heathrow herausfand, dass Edinburgh ihr Ziel war, sträubte sie sich, doch Silas ging auf freundlichste Art damit um.
»Wenn du wirklich nicht fliegen willst«, sagte er in aller Ruhe am Check-in, »habe ich nicht die Absicht, dich zu zwingen.«
»Das könntest du auch gar nicht«, erwiderte Abigail.
»Aber ich habe mir solche Hoffnungen gemacht«, fuhr er ruhig fort, »dass ich etwas für dich tun könnte, für dich ganz allein. Wenigstens dieses eine Mal.«
Die Frau, die ihre Tickets hielt, lächelte.
Und Abigail, die das Strahlen in den Augen ihres Mannes sah, wusste ohne jeden Zweifel, dass er es diesmal vollkommen ernst meinte, und so gab sie nach.
Er führte sie zum Caledonian Hotel, sodass ihre Angst verflog, er würde sie ins The George bringen – das Hotel, in das ihr Daddy sie an jenem Tag zum Geburtstagsessen ihrer Mutter hatte ausführen wollen. Als es stattdessenins Caledonian ging, war Abigails Erleichterung so groß, dass sie am liebsten getanzt hätte.
Wenn du auch nur an Tanzen denken kannst, Abigail, bist du genauso böse wie er.
Ihr Zimmer war wunderbar, mit hoher Decke und Blick auf die Burg – Silas erinnerte sie an ihre Furcht als Kind, die Burg könne zusammenbrechen und auf die Princess Street stürzen.
»Siehst du?«, sagte er. »Sie ist vollkommen sicher.«
Als er das sagte, erinnerte Abigail sich daran, warum sie ihn einst so sehr geliebt hatte.
Den Rest verdrängte sie.
Sie stieg mit ihm in das riesige Bett und zeigte es ihm.
Der folgende Tag war warm und schwül. Als Abigail erkannte, wohin sie in ihrem Leihwagen fuhren, erstarrte sie vor Entsetzen. Dann stieß sie den Fuß auf die Fußmatte, als wäre sie der Fahrer und wolle eine Vollbremsung einlegen.
»Wie konntest du?« Sie starrte ihn an. »Silas, wie konntest du das tun?«
Seine Wangenmuskeln arbeiteten, doch er fuhr weiter.
»Du warst nie wieder dort, nicht wahr?«
»Nein, und das weißt du«, antwortete Abigail mit erstickter Stimme.
»Ich dachte, es könnte dir helfen«, sagte Silas.
Das Schild über dem alten Tor war verschwunden, und ein neues gab es nicht.
»Bitte, halt an«, bat Abigail ihn mit schwacher Stimme.
Er fuhr weiter. Durchs Tor.
Auf den langen Feldweg, der zum Haus führte.
Abigail schloss die Augen. Sie hörte das Brüllen des kleinen Biests und spürte den Wind in ihrem Haar.
»Mach die Augen auf, Liebling«, sagte Silas.
»Nein. Ich kann nicht.«
Aber sie waren alle dort, das wusste sie trotz ihrer geschlossenen Lider. Dougie und Francesca, alle zurechtgemacht für den Geburtstagsausflug. Und der arme Eddie Gibson auf dem Sozius: Einen Arm um ihre Hüfte geschlungen und die Hand auf ihrer Schulter versuchte er, sie vor dem Schlammloch zu warnen.
Abigail glaubte, ihr Kopf würde platzen.
»Bring mich schnell hier weg«, verlangte sie von ihrem Mann.
Silas blickte sie an, schaute auf ihre noch immer geschlossenen Augen und in ihr gequältes Gesicht.
»Na gut«, sagte er.
Sie stand noch immer unter Schock, als er sie zu dem Friedhof brachte, wo ihre Eltern begraben waren.
Der Ort roch süßlich nach Wildblumen, wirkte alt und friedvoll.
Silas hielt Abigails Hand und führte sie, und sie kämpfte nicht dagegen an; sie war wie betäubt.
»Du kannst mich ruhig hassen, wenn du musst«, sagte er, »aber ich habe es für dich getan.«
Er deutete auf eine schöne Holzbank am Weg auf Höhe des Grabes.
Abigail blickte zu der Bank und las die Inschrift auf der Lehne.
In liebendem Gedenken an Francesca und Douglas Allen.
»Eddies Namen habe ich weggelassen«, sagte Silas. »Irgendwie kam es mir nicht richtig vor, weil er ja nicht hier bestattet ist. Außerdem halten ihn die meisten Leute noch immer für den Todesfahrer.«
»O Gott«, murmelte Abigail.
»Alles in Ordnung?«, fragte Silas, der noch immer ihre Hand hielt.
Sie antwortete nicht.
»Willst du ein bisschen Zeit für dich haben?«
Sie nickte.
»Okay.«
Sie wartete und hörte, wie seine Schritte sich auf dem Kiesweg entfernten;
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