Teuflische Versprechen
Lobhudelei, sonst wirst du noch größenwahnsinnig. Mach dich endlich frisch, damit wir essen können.«
Sie holte das Essen aus der Küche, ein indisches Gericht, das sie zum ersten Mal gekocht hatte. Hühnchenbrust mit einer scharfen Currysauce, dazu Naturreis und asiatisches Gemüse. Und als Getränk einen Weißwein. Julia Bernaux freute sich auf den Abend zu zweit, gab es doch nicht sehr viele Abende, die sie zusammen mit ihrer großen Liebe verbrachte. Aber sie hatte sich daran gewöhnt, einen Mann zum Freund zu haben, der beruflich viel unterwegs war, von Termin zu Termin hetzte und der ihr trotz all des Stresses fast jeden Wunsch von den Augen abzulesen schien. Er war der Mann ihrer Träume, und wenn sie auch nicht in den nächsten Wochen oder Monaten heiraten würden, so war es doch nur eine Frage der Zeit, bis sie vor dem Traualtar standen.
Er kam aus dem Bad, entkorkte die Flasche Wein und ließ die geöffnete Flasche noch einen Moment auf dem Tisch stehen, damit der Wein sein volles Bouquet entfalten konnte.
»Wann musst du morgen los?«, fragte er, nachdem er sich gesetzt hatte.
»Meine Maschine geht um halb neun. Das heißt, ich muss spätestens um Viertel vor acht am Flughafen sein.« Sie zog einen Schmollmund und sagte mit gespielt weinerlicher Stimme: »Und dann sehen wir uns ganze zwei Wochen nicht. Ich weiß gar nicht, wie ich das aushalten soll.«
»Es gibt ja zum Glück die moderne Kommunikation«, erwiderte er und schenkte ein, nachdem der Wein lange genug geatmet hatte. »Und vielleicht komm ich dich ja mal in Hamburg besuchen. Lass dich überraschen.«
»Du sollst dich nicht übernehmen. Mach es nur, wenn es dein Terminplan auch zulässt.«
»Versprochen. Schmeckt hervorragend«, sagte er nach dem ersten Bissen. »Kompliment. Ich denke, ich werde dir doch …«
»Was?«
»Na ja, eine schöne Frau, die auch noch so gut kochen kann«, sagte er lächelnd. Sie wusste, was er damit meinte, und trank von dem Wein.
Dienstag, 7.30 Uhr
Julia Durant war seit einer Stunde wach, hatte ihre Morgentoilette erledigt und gefrühstückt. Ihre Laune war eher mittelmäßig, als sie sich auf den Weg zum Präsidium machte, diesem grauen Gebäudekomplex, der nicht nur von außen, sondern auch von innen unpersönlich und kalt wirkte und in dem sie sich noch immer so unwohl fühlte wie am Tag des Einzugs. Sieht aus wie das Hauptquartier der Stasi, hatte sie gedacht, als sie den Bau zum ersten Mal gesehen hatte, und das empfand sie noch immer so. Sie hatte sich ihr Büro zwar so persönlich gestaltet wie möglich, war aberdennoch froh um jeden Moment, den sie im Außendienst tätig war, was zum Glück häufig vorkam. Andererseits, das neue Präsidium war notwendig geworden, vereinigte es jetzt doch sämtliche Abteilungen der Frankfurter Kriminalpolizei unter einem Dach. Es verfügte über eine Einsatzzentrale, die auf höchstem technologischem Stand war, über einen modernen Zellentrakt und einen Hubschrauberlandeplatz, aber es hatte bei weitem nicht die Atmosphäre des alten Präsidiums mit den alten Gängen, dem alten Gemäuer, den Spuren, die die Vergangenheit hinterlassen hatte. Viele ihrer Kollegen, unter ihnen Berger und Hellmer, fühlten sich hier nicht sonderlich wohl, lediglich Kullmer und Seidel hatten sich relativ schnell an die neue Umgebung gewöhnt. Der vergangene heiße Sommer war eine Tortur gewesen. Zwar gab es allen technischen und technologischen Schnickschnack, den sich die Polizei nur wünschen konnte und der die Arbeit erleichterte, aber an eine Klimaanlage hatte keiner der Planer gedacht. Nicht einmal an Aufzuggondeln für die Fensterputzer, und jeder fragte sich, wie wohl die unzähligen Fenster geputzt werden würden. Es machte schon der Witz die Runde, man würde Fassadenkletterer oder Bergsteiger engagieren.
Ihr Büro ging zum Süden hin, und war es schon im alten Präsidium im Sommer bisweilen stickig und heiß gewesen, so hatte Durant es in diesem Jahrhundertsommer im neuen kaum ausgehalten, als die Sonne vor allem im August Tag für Tag unbarmherzig auf die Scheiben gebrannt und der große Standventilator die heiße Luft nur umhergewirbelt hatte und klare Gedanken nicht mehr zu fassen waren.
Glücklicherweise war dieser Jahrhundertsommer Geschichte, die Tage waren kühl, die Nächte bisweilen sogar kalt, aber der große Regen ließ noch immer auf sich warten, die Pegelständeder Flüsse waren so niedrig wie noch nie zuvor seit Beginn der Messungen, viele Fische waren wegen
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