Teuflischer Pakt - Thriller
mir nicht mal sicher, ob ich ihre aktuellen Telefonnummern habe.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Auf der Universität waren sie so dicke Freunde gewesen. Es überraschte ihn, dass ausgerechnet Tim den Kontakt verloren hatte. Er war der Klebstoff gewesen, der sie zusammenhielt, mit seiner unglaublich starken Persönlichkeit und dem Talent, alles, was er anfasste, in Gold zu verwandeln. Sie hatten alle Ehrfurcht vor ihm, sonnten sich zufrieden in seinem Ruhm, vielleicht in der naiven Hoffnung, er würde auf sie abfärben. Auch Alex hatte Paul Khan und Danny Black das letzte Mal bei der Hochzeit gesehen. Er hatte allerdings mit ihnen geredet, auch wenn es nur eine höfliche Unterhaltung zwischen Menschen war, die nichts mehr verband, außer die gemeinsame Vergangenheit. Paul war heute ein erfolgreicher Anwalt in einer großen Londoner Kanzlei, mit einem Appartement in Hoxton, einem teuren Wagen und einer ganzen Reihe unglaublich junger Freundinnen. Er war der Inbegriff oberflächlichen Erfolgs, doch damit nicht genug: Selbst nach all den Jahren versuchte er immer noch, etwas zu beweisen, distanzierte sich von seinen Einwandererwurzeln, wollte Teil des Establishments werden und war doch unfreiwillig komisch und erbärmlich unsicher verglichen mit Tim. Als Nächstes, hatte Joe gesagt, will er noch ins Parlament. Joe hatte Paul als fantasielos abgetan, was für Joe die ultimative Herabsetzung war, und Alex musste ihm widerstrebend zustimmen. Die Anlage war immer da gewesen, aber vielleicht war es unwichtig, als sie jung waren. Und was Danny anging, so mischte er nach wie vor irgendwo im Filmgeschäft mit, hatte seine Finger in verschiedenen Töpfen, obwohl es, wie Alex von anderen gehört hatte, nicht so gut lief. Danny war auf der Hochzeit so besoffen gewesen, dass nicht viel aus ihm herauszubekommen war. Joe war nicht da gewesen, fiel ihm jetzt ein. Er hatte irgendeine
Ausrede erfunden, aber es war klar, dass er keine Lust hatte. Das Leben ist weitergegangen, hatte er gesagt, für uns alle. Joe, Tim, Alex, Paul und Danny. »Die Fabelhaften Fünf«, wie sie sich selbst einmal bei einem Sauf- und Drogengelage genannt hatten, oder die »Fucking Five«, wie jemand – irgendeine bekiffte Frau natürlich – ein paar Tage später vor der Bibliothek in den Staub auf Pauls Auto gekritzelt hatte, und gleich daneben: »Verpisst euch«.
Alex suchte in Tims Gesicht nach einem Zeichen dafür, dass seine Gedanken in dieselbe Richtung gingen, aber Tim schien nur das Glas in seiner Hand zu sehen und ließ nicht erkennen, was er dachte. Das Unaussprechliche, das Eigentliche, das keiner von beiden anzusprechen wagte. So war es seit Jahren. Er kam sich vor wie ein Heuchler.
»Das ist alles so lange her, findest du nicht?«
Tim sah ihn durchdringend an. »Was meinst du?«
»Die Uni.« Er kniff, wie üblich.
Tim nickte. »Aber wenigstens hattest du immer Kontakt zu Joe. Wie war er, als du ihn das letzte Mal gesehen hast? Glücklich? «
»Ja, ich glaube, das war er. Endlich. Obwohl er die Publicity hasste, tat ihm die Anerkennung gut.«
»Ihr zwei wart immer befreundet.«
»Ich dachte, das wart ihr auch.«
Tim zuckte die Achseln. »Ja, früher. Aber die Arbeit … die Ehe … die Familie … Das macht es schwierig.«
Und Tims Wunsch, sich von jener Zeit zu distanzieren, dachte Alex. Obwohl Joe nie etwas gesagt hatte, hatte er den langsamen, stillen Rückzug gespürt und war verletzt gewesen. Wahrscheinlich war das die Ursache für seine Bitterkeit Tim gegenüber. Und Tim hatte seinerseits eine Pufferzone aus Erfolg und Seriosität um sich geschaffen, die allerdings mit Leichtigkeit weggeblasen werden konnte. Vielleicht war es das, was
er fürchtete. Er fragte sich, wie Tim reagieren würde, wenn er hörte, was Joe ihm erzählt hatte.
»Wann hast du Joe das letzte Mal gesehen?«, fragte Alex, während er überlegte, wie er es ansprechen sollte.
»Das muss mindestens ein Jahr her sein, und dann tauchte er plötzlich aus heiterem Himmel vor zwei Wochen in meiner Kanzlei auf. Du weißt ja, wie er war. Dachte nie daran, vorher anzurufen. Ich war bei Gericht. Er blieb eine Weile, bis mein Buchhalter ihn rausgeworfen hat. Danach hat er ein paarmal angerufen, aber ich war ziemlich im Stress und habe es nicht geschafft, ihn zurückzurufen. Heute bereue ich das.«
»Und du weißt nicht, was er wollte?«
»Ich vermute, er wollte sich Geld leihen wie beim letzten Mal.« In Tims Stimme klang keine Missbilligung mit. Es war eine
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