Teuflischer Pakt - Thriller
einigen Sätzen seines Verlags über Joes Begabung als Schriftsteller, den Schock über seinen frühen Tod und den Verlust für die literarische Welt. Der Rest des Artikels konzentrierte sich, wie schon zuvor, auf die Ermittlungen der Polizei und die Worte eines Polizeisprechers, der versuchte, Spekulationen einzudämmen, dass der Mord einen Bezug zur Schwulenszene hatte. Sonst gab es nichts Neues, und er warf die Zeitung zur Seite.
Kurz darauf kam Tim zurück. Er hatte das Jackett und die Krawatte ausgezogen, die Hemdsärmel hochgekrempelt und war in ein Paar schwarzer Samthausschuhe mit aufgestickten, goldenen Löwenköpfen geschlüpft. Tims Vater hatte beinahe exakt die gleichen Slipper getragen, erinnerte sich Alex. Er hatte früher oft die Schulferien bei Tim zu Hause in der umgebauten Mühle bei Basingstoke verbracht. Im Gegensatz zu seinem eigenen, eher bescheidenen Heim war es luxuriös gewesen, voller Antiquitäten, mit einem weitläufigen Garten inklusive Tennisplatz und Swimmingpool. Damals erschien es ihm als absolut höchste Errungenschaft, ein solches Haus zu besitzen. Tims Vater kam zuverlässig wie ein Uhrwerk jeden Tag mit dem Zug von der Waterloo Station nach Hause, zog sich als Erstes um und schlüpfte in seine Hausschuhe. Wie der Vater, so der Sohn.
»Jetzt haben wir hoffentlich eine Weile Ruhe«, sagte Tim. »Ich bin total fertig. Ich war den ganzen Tag im Gericht und habe heute Abend noch einen Haufen Arbeit vor mir, aber als Erstes brauche ich was zu trinken. Du hast bestimmt auch nichts gegen einen Drink.«
»Danke.«
»Es gibt Wein, Bier, Whisky, Brandy, Wodka, vielleicht noch Tequila …« Er rieb sich die Hände.
»Was nimmst du?«
»Wodka Tonic.«
»Dann nehme ich das auch.«
Tim verließ wieder den Raum und kehrte kurz darauf mit ein paar Flaschen Tonic und einer Schüssel mit Eiswürfeln zurück. Er gab der Tür hinter sich einen Fußtritt und ging zu einem kleinen Tisch am Fenster, wo er ihre Drinks mixte. »Was macht die Schauspielkunst?«, fragte er mit dem Rücken zu Alex.
Alex zögerte. Das war eine belastende Frage. Abgesehen von einigen kleineren Geschichten für Radio 4 hatte er seit über sechs Monaten keinen Job gehabt, jedenfalls mit Sicherheit nichts, was für Tim zählte. Tim zufriedenzustellen war unmöglich, es sei denn, man spielte den Hamlet im National Theatre. Tim schaffte es immer wieder, dass Alex sich wie ein Kind vorkam. Obwohl völlig verschieden, klang Tim oft wie das Echo von Alex’ Vater, dem Klischee eines ehrgeizigen Selfmademans, der sich aus dem Sumpf seiner Herkunft befreit hatte und seinem Sohn die beste Erziehung angedeihen lassen wollte, die man für Geld kaufen konnte. Und wofür? Damit Alex es für ein sinnloses und verschwendetes Leben verplemperte? Tim drückte sich etwas milder aus, aber auch er war der Ansicht, dass Alex die Schauspielerei schon lange hätte aufgeben und sich einen anständigen Job suchen sollen, und machte keinen Hehl daraus, vor allem nach ein paar Drinks. Sie kannten sich schon so lange, waren wie eine Familie, und Tim fühlte sich berufen, seine Meinung frei zu äußern. Aus irgendeinem Grund ließ Alex sich das gefallen. Er mochte Tim trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen. Die Tatsache, dass ihr Leben heute so unterschiedlich war, hatte keine Bedeutung.
Joe war weit weniger tolerant gewesen. »Du bist verdammt
sentimental, Alex«, hatte er gesagt. »Befrei dich. Vergiss die Vergangenheit. Verscheuch die Geister und fang an, in der Gegenwart zu leben.« Vielleicht hatte Joe deshalb das Buch geschrieben. Vielleicht war es eine Art Exorzismus.
»Hast du was Interessantes in Aussicht?«, hakte Tim nach, als Alex nicht antwortete.
»Dies und das.« Er hörte das befriedigende Geräusch von klirrenden Eiswürfeln, gefolgt von einem leisen Zischen.
»In dem Guy-Ritchie-Film warst du wirklich gut. Ich habe ihn mir neulich noch mal angesehen, als ich nicht schlafen konnte. Aber das war vor zehn Jahren. Wirklich schade, dass da nicht mehr draus geworden ist.«
Alex sagte nichts dazu. Tim hatte recht. Es war bislang eine seiner besten Filmrollen gewesen, doch inzwischen zu lange her, um bei einem Casting Eindruck zu machen.
Tim warf ihm über die Schulter einen Blick zu. »Zitrone?«
»Bitte.«
»Arbeitest du noch in dem Restaurant?«
»Es reicht zum Leben. Das heißt, ich muss mir keine Sorgen machen, wenn es sonst nicht so läuft.«
»Nun, das ist doch schon was, und du bist einer der Geschäftsführer. Wie
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