Teuflischer Sog
Ufer entfernt auf dem Bauch in den Wellen. Max hielt die Pistole auf den Mann gerichtet, watete in das eisige Wasser und musste schließlich zischend einatmen, als es ihm bis an die Hüften reichte. Er griff in die Haare des Mannes und hob seinen Kopf hoch. Die Augen standen offen und blickten starr. Max drehte den Körper herum. Sein Schuss hatte den Mann mitten ins Herz getroffen. Hätte er tatsächlich darauf gezielt, dann wäre es ein bemerkenswerter Schuss gewesen. So jedoch war er nichts anderes als ein unglaublicher Glückstreffer.
In den Taschen des Mannes befanden sich keinerlei Ausweise, sondern nur ein wenig Bargeld sowie eine durchnässte Zigarettenpackung und ein Wegwerffeuerzeug. Max erleichterte den Mann um sein Geld und zog den Körper zum Strand. Als das Wasser seicht genug war, begann Hanley, Steine in die Kleidung des Mannes zu stecken. Er brauchte zwar ein paar Minuten, am Ende begann der Leichnam aber zu sinken. Max schleppte ihn wieder in tieferes Wasser und ließ ihn los. Da der Körper ausreichend beschwert war und die Ebbe einsetzte, würde man ihn wohl nie wiedersehen. Er hob die Pistole auf, die er fallen gelassen hatte, und ging zurück.
Während er eigentlich in den Laufschritt verfallen wollte, war sein Körper ganz einfach nicht fähig dazu. Er musste sich mit einem müden Trott zufriedengeben, der seine Knie immer noch protestierend aufschreien ließ. Er hatte es in weniger als sieben Minuten geschafft, zur Küste zu gelangen, für den Rückmarsch brauchte er jedoch mehr als eine Viertelstunde.
Max erwartete, Juan anzutreffen, aber von Cabrillo war nichts zu sehen. Zu seinem Schreck hatte die Winde das Seil nicht aufgewickelt. Er warf einen Blick auf die Kontrollen und erkannte, dass er irrtümlich den Abwärts-Knopf betätigt hatte. Eine schnelle Kontrolle der vorderen Stoßstange ergab, dass das Seil komplett von der Trommel abgerollt worden war.
Er ließ sich auf den hinteren Sitz des SUV sinken und setzte das Headset mit Kopfhörern und Mikrofon auf. Stirnrunzelnd nahm er zur Kenntnis, dass Juans Kamera außer elektronischem Schnee überhaupt nichts zeigte.
»Juan, hörst du mich, over?« Max hätte Cabrillo eigentlich in seinem Taucherhelm atmen hören müssen, aber alles, was er vernahm, war Stille, eine Stille, in der etwas Endgültiges lag. »Hanley an Cabrillo, hörst du mich, over?«
Er versuchte es noch dreimal, wobei seine Sorge mit jedem unbeantworteten Ruf zunahm.
Er entschied, das Seil nicht aufzuwickeln, sondern sprang stattdessen aus dem Ford und zog das separate Glasfaserkabel Hand über Hand ein. Nach ein paar Sekunden wusste er, dass es am anderen Ende nirgendwo befestigt war. Die dünne Schnur kringelte sich zu seinen Füßen, während er sie hektisch aus der Tiefe nach oben zog.
Als schließlich das Ende erschien, untersuchte er die Bruchstelle. Sie sah nicht so aus, als sei das Kabel glatt durchgeschnitten worden. Die Plastikumhüllung des empfindlichen Kabels war zerfetzt, als sei sie zwischen zwei rauen Flächen zerrieben worden. Er hatte Juans Tauchgang ja mitverfolgen können. Im Treasure Pit gab es nichts, das einen solchen Schaden hätte verursachen können. Jetzt schaltete er die Winde ein und verfolgte sorgenvoll, wie das Seil aus der Tiefe hochstieg. Genauso wie das Glasfaserkabel schien auch das geflochtene Stahlseil durchtrennt worden zu sein.
Max brüllte in den dumpfen Schacht hinunter, bis seine Kehle völlig heiser war, aber alles, was zurückkam, war das Echo eines verzweifelten Mannes.
14
Vor dem Hintergrund aufragender Eisberge, die von Wind und Wellen zu fantastischen Gebilden geformt worden waren, und einem Himmel, der von Horizont zu Horizont rötlich schimmerte, schaffte es die Oregon immer noch, wie ein Schrottkahn auszusehen. Nicht einmal diese unverdorbene antarktische Umgebung konnte die trostlose Erscheinung des heruntergekommenen Trampfrachters mildern. Selbst ein noch so schöner Rahmen kann ein hässliches Gemälde nicht aufwerten.
Linda Ross hatte während der Fahrt nach Süden hervorragende Arbeit geleistet. Glücklicherweise hatte das Wetter mitgespielt, und sie waren auf nur wenig Treibeis getroffen, bis sie leewärts die Antarktische Halbinsel erblickten. Dort angekommen hatte Gomez Adams mit ihrem MD-520 einen Weg durch die Eisberge gesucht. Die heftige Sturmfront, die den größten Teil des Kontinents in ihrem eisigen Griff gehabt hatte, war schließlich abgeflaut, aber er berichtete, dass es trotzdem einer der
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