Thanatos
warf einen weiteren Blick auf die gewaltige Auswahl. »Aber du hättest dir nicht so viel Mühe machen müssen.«
Er setzte sich ans Tischende. »Mein Sohn befindet sich in dir«, sagte er einfach. »Du musst essen.«
Richtig. Natürlich ging es hierbei nur um das Baby. Nicht, dass sie etwas anderes erwartet hatte, aber … es schmerzte sie doch. Was hatte Lance noch gesagt? Dass sie nichts mehr wert sein würde, wenn das Kind erst einmal auf der Welt war? Er hatte sie ärgern wollen, aber was er gesagt hatte, hatte mitten ins Schwarze getroffen. Das war der Grund, warum sie so hart für die Aegis arbeitete, warum sie sich für jeden Job freiwillig meldete, warum sie versuchte, die Expertin für Vampire und Dhampire zu werden … Nur damit sie sich nützlich machen konnte. Sie hatten sie immer an der kurzen Leine gehalten, aufgrund ihrer Gabe, aber jetzt, wo diese verschwunden war, was wäre, wenn Lance recht behielt?
Der plötzliche Drang, Besteck und Servierplatten neu zu arrangieren, ließ ihre Finger zucken.
»Regan?« Thanatos packte ihre Hand. »Hey. Was ist mit dir los?«
»Nichts.« Sie schenkte ihm ein wackeliges Lächeln und war erleichtert, als einer seiner Vampire mit einer dampfenden Schüssel in den Händen aus der Küche kam. Er blieb neben ihr stehen und reichte ihr mit einer Greifzange ein heißes, feuchtes Handtuch. Der leichte, zitronige Duft hätte ihren Appetit anregen sollen, aber irgendwo in ihrem Kopf war ihr der Hunger vergangen.
Sie beobachtete den Vampir, als er die Deckel von den Servierplatten hob, unsicher, ob er zu den Tag- oder Nachtwandlern gehörte. Er war groß, aber sie hatte nicht das Gefühl, dass er ein Tagwandler wäre. Ob es wohl unhöflich war zu fragen?
Sie wartete, bis er wieder fort war, ehe sie sich nahe zu Than beugte und leise fragte: »War das jetzt ein Tag- oder Nachtwandler?«
»Er ist ein Tagwandler. Warum?«
»Weil mich vorhin in meinem Zimmer einer von deinen Nachtjungs, Peter, versehentlich gestreift hat und daraufhin quer durchs ganze Zimmer geschleudert wurde. Ich glaube, nur du und die Tagwandler können mich berühren. Hast du eine Ahnung, wieso das so ist?«
Thanatos’ Miene verschloss sich, und als er ein kaltes, tonloses »Nein« erwiderte, hinterließ das bei ihr den Eindruck, dass er log. Okay, also musste eine neue Taktik her. »Einer der Vampire im Hauptquartier, der nannte dich
Bludrexe
. Was bedeutet das?«
»Ich habe keine Ahnung.« Seine Stimme war ebenso ausdruckslos wie seine Miene.
»Dann hab ich noch einmal dasselbe Wort von dem Vampir gehört, der versucht hat, mich am Gehen zu hindern. Und ich habe es auch schon mal irgendwo gelesen.«
Than zuckte vage mit den Schultern. »Warum diese ganzen Fragen?«
Weil ich unbedingt nützlich für die Aegis sein muss.
»Weil ich nun mal gegenwärtig die Vampirexpertin der Aegis bin.« Sie drehte ihren Teller ein, zwei Zentimeter im Uhrzeigersinn, bis das italienische Weintraubenmuster exakt ausgerichtet war. »Weißt du, wie die Tagwandler entstanden sind?«
»Warum zur Hölle sollte ich das wissen?«
»Vielleicht weil die einzigen Tagwandler, die wir je getroffen haben, in deinen Diensten stehen.«
»Habt ihr sie darum entführt? Um herauszufinden, wie sie entstanden sind?« Seine Stimme war so hart wie der Blick, den er ihr zuwarf. »Was hattet ihr denn vor? Sie zu foltern? Zu sezieren?«
Autsch. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. »Ich wusste nichts von ihrer Gefangennahme, Than. Und Kynan auch nicht. Er war genauso sauer wie ich. Es war dumm von uns, das zu tun.«
Er starrte sie an, als ob er den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage abzuwägen versuchte; dann wies er mit dem Kopf auf das Essen. »Iss.«
Resigniert wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Essen zu, und jetzt, wo sie sich zum ersten Mal alles genauer ansah, fielen ihr fast die Augen aus dem Kopf.
Der Tisch war ein Buffet mit Roastbeef, Brathühnchen, Spaghetti, Enchiladas, einer ganzen Reihe von Beilagen, einschließlich einem grünen Salat, einem Nudelsalat, gedämpften Gemüsesorten, Makkaroni mit Käse, drei Arten von Brot und zwei Suppen.
»Damit könnte man eine ganze Armee satt kriegen.« Sie stürzte sich auf die Makkaroni mit Käse – ihr absolutes Lieblingsessen.
Dann lud sie sich ein bisschen von allem auf den Teller, ausgenommen das Roastbeef. Erst nach einigen Minuten merkte sie, dass Thanatos nichts aß. Er beobachtete sie nur.
»Hast du denn keinen Hunger?«
Seine Augen verdüsterten sich. Wieder
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