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Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen

Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen

Titel: Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth M. Fuchs
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Gedankenverkettung?“
    „Durch Selbstsucht.“
    Lumiggl sah das Weiße Fräulein zweifelnd von der Seite an. Natürlich konnte das funktionieren. Wenn jede Weißdornfee der anderen im Charakter ähnelte, waren wahrscheinlich auch die Wünsche die gleichen und wenn dann jede nur an ihre eigenen Wünsche dachte, dachten praktisch alle an dasselbe. Aber was geschah, wenn mal eine aus der Art schlug?
    Der Wombling wurde aus seinen Überlegungen gerissen, denn sie hatten den Rand des Eichenhains erreicht.
    „So, jetzt musst du mit dem Weg wieder allein gehen“, meinte das Fräulein und blieb stehen. „Diesen Hain betrete ich niemals nie nicht.“
    Sie zögerte einen Moment und beugte sich dann zu Lumiggl hinab um ihn leicht auf die Wange zu küssen.
    „War nett, mit dir zu plaudern“, sagte sie herzlich. „Ich schätze einen Gedankenaustausch mit Tiefgang.“
    Der Wombling nickte verblüfft. Eigentlich war ihm der Austausch sehr einseitig erschienen. Aber er war klug genug, das nicht laut zu sagen.
    „Alles Gute“, wünschte die Fee noch.
    Lumiggl verabschiedete sich mit einer vollendeten Verbeugung. Es gab schließlich keinen Grund, die Fee im letzten Moment noch zu verärgern. Als sie sich umwandte, um zu ihrem Weißdorn zurückzukehren, winkte er ihr sogar nach, bis er sie aus den Augen verlor. Dann drehte er sich um, blickte ein Weilchen nachdenklich auf die scheinbar uralten Bäume vor sich und dann auf den Weg, auf dem er stand.
    „In Ordnung“, sagte er zu ihm, „du führst.“
    Der Hain war dicht mit Eichen bestanden. Trotzdem war es nicht dunkel unter den Baumkronen, denn aus jedem Stamm schien ein eigenes Licht zu dringen. Lumiggl ging in einem angenehmen Halbschatten. Um ihn herum wuselten Eichhörnchen zwischen den Ästen, Amseln und Finken sangen. Nur das Klopfen eines Spechts fehlte. Die Dryaden hatten es wohl nicht gerne, wenn man Löcher in ihre Bäume pickte. Oder aber es traute sich einfach kein Ungeziefer in die Nähe von Feen und jeder Specht wäre verhungert.
    Lumiggl schritt auf dem Weg dahin, der sich aufgeräumt fröhlich zwischen den Bäumen hindurch schlängelte. Da machte der Weg vor Lumiggl einen besonders eleganten Bogen, um genau zu Füßen einer ausgesucht ehrwürdigen Eiche zu verlaufen. Diese Eiche stand so kerzengerade da, als wäre sie allein auf der Welt, mit einer dichten ausladenden Krone und sattgrünen Blättern. Auf dem untersten Ast, der extra zu diesem Zweck in bequemer Sitzform gewachsen schien (39) , saß eine Frau. Sie war ganz in die Grün- und Brauntöne der Eiche gekleidet, so dass Lumiggl sie im ersten Moment fast übersehen hätte. Auch ihr langes, lockiges Haar hatte diesen Braunton, ja selbst ihre Augen. Sie trug Pluderhosen aus grüner Seide und darüber einen braunen Samtrock, der vorne auseinander fiel und ein grünes Futter zeigte. Ihre schlanke Figur wurde noch betont durch ein Samtmieder, unter dem sie eine langärmelige Bluse trug aus dem gleichen Stoff wie die Hose. Ihr Haar war mit Eichenlaub bekränzt und am Arm trug sie einen mit allerlei Moos ausgepolsterten Weidenkorb, in dem friedlich ein Baby schlummerte. Sie schien nicht mehr in ihrer Frühlingsjugend zu sein, wie etwa das Weiße Fräulein, sondern in der Reife des Sommers. Alles an ihr strahlte Würde und Gelassenheit aus. Ihre Haltung war die einer Königin, ihr Lächeln das einer Mutter. 
    Die Dryade betrachtete den Wombling ruhig, während er näher kam. Er starrte seinerseits zu ihr hinauf, besann sich dann aber schnell eines Besseren und machte eine tiefe Verbeugung, als er den Baum, auf dem sie saß, erreicht hatte.
    „Willkommen“, begrüßte sie ihn. „Wer bist du und was führt dich in diesen Hain? Womblinge von deiner Art trifft man hier selten.“
    Noch während sie sprach, glitt sie anmutig zu ihm hinab, den Korb mit dem Baby immer noch am Arm, setzte sich auf das Moos, das rings um die Eiche wuchs und lud Lumiggl mit einer Handbewegung ein, sich neben sie zu setzen. Gehorsam nahm dieser Platz und erzählte wieder einmal seine Geschichte von den roten Drachen und seiner suche nach dem großen Zauberer. Die Dryade unterbrach ihn kein einziges Mal. Je mehr Lumiggl erzählte, um so ernster wurde ihre Miene.
    „Du bist ein mutiger Wombling“, sagte sie, als Lumiggl geendet hatte und prompt wurde er feuerrot. Doch die Dryade schien es nicht zu bemerken. Ihr Blick war in die Ferne gerichtet und sie murmelte mehr zu sich selbst: „Ach, es ist lange her, dass Yorick uns

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