Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen
Auch als er einen Stein aufhob, den Wall hinabkullern ließ und damit eine kleine Steinlawine auslöste, nahm keiner Notiz von ihm.
Ratlos schaute Floritzl auf die Rauferei unter sich. Dann fiel ihm etwas ein: Andrak musste brüllen! Den würde bestimmt keiner überhören. Und da kam er auch schon, um nachzusehen, was da los sei und Bordeker mit ihm. Der Elf flatterte zu ihnen.
Andrak zeigte Verständnis für die Raufbolde: „Sie sind nervös und ängstlich, auch wenn sie versuchen, es nicht zu zeigen. Natürlich macht sie das gereizt!“
„Heißt das, du willst sie sich prügeln lassen, bis sich alle gegenseitig umgebracht haben?“
„Aber nein, Floritzl, natürlich nicht. Nur würde es nichts besser machen, wenn man sie anbrüllt. Außerdem bringen sie sich sicher nicht um. Das tun sie nie. Die kleinste Ablenkung und sie sind wieder friedlich!“
„Schön, ganz wunderbar! und wo willst du die hernehmen?“
„Du könntest ein Lied für sie spielen!“, schlug der Drache vor.
Floritzl war sprachlos. Seit er hier war, hatte er spielen wollen, aber keiner wollte zuhören. Jetzt endlich! Der Elf strahlte und griff an seinen Gürtel. Erst da fiel ihm wieder ein, dass seine geliebte Flöte ja zu Bruch gegangen war.
Enttäuscht ließ er den Kopf hängen: „Geht ja gar nicht, hab kein Instrument mehr.“
Bordeker und Andrak schwiegen verlegen. Besonders Andrak sah sehr betroffen aus. Wahrscheinlich war es ihm sehr peinlich, dass er nicht nur nichts bemerkt hatte, sondern auch noch alles noch schlimmer gemacht hatte. Dabei hatte er es doch eigentlich gut gemeint.
Auch Bordeker tat der Elf sehr leid, wie er so die Flügel hängen ließ und einem Häufchen Elend ähnelte.
Doch da hellte sich die Miene des Moosmannes wieder auf: „Ich hab eine Idee! Komm mit!“
Andrak sah Bordeker erstaunt an, war aber zu höflich, zu fragen, wohin er mit dem Elf wollte. So schaute er den beiden nur aufmerksam nach, als Bordeker Floritzl mit sich fort zog.
Bordeker hielt sich am Rand der Rauferei und wich geschickt aus, wenn mal jemand besonders weit zu einem Schwinger ausholte und lotste den Elf unbeschadet zu seinem eigenen Haus.
„Meine Jüngste hat sich mal eingebildet, sie müsse unbedingt Flöte lernen“, erzählte er unterwegs. „Sie dachte, sie könne damit Einhörner anlocken. Hat aber nicht geklappt.“
„Jaja“, Floritzl nickte weise. „Diese Viecher sind gar nicht so musikalisch, wie man immer glaubt ...“, dann dämmerte ihm erst, was Bordeker da gesagt hatte. „Eine Flöte? Du meinst, eine richtige Flöte? Aus Holz, mit 12 Löchern?“
„Was denn sonst? Natürlich aus Holz und mit Löchern – allerdings hab ich sie nie gezählt.“
„Schon gut, entschuldige. Und wo ist sie jetzt? Habt ihr sie gut behandelt?“
„Ich denke, sie hat sie, als sie das Üben über hatte, in die große Kiste geworfen. Das macht sie immer mit Sachen, die sie über hat.“
„Geworfen!“
„Sie wird schon in Ordnung sein. He du, lass uns doch mal vorbei!“
Sie schoben sich an einem Gerstler vorbei, der am Haus stand und neugierig um die Ecke lugte, um der Schlägerei zuzusehen. Dabei vermieden die beiden sorgfältig, ihn zu berühren.
„So, da ist die Truhe. Irgendwo da drin muss die Flöte sein.“ Bordeker wies auf einen großen Holzbehälter, der kunstvoll mit Gerstenähren beschnitzt war. Jeder Halm, jede Grane waren deutlich zu erkennen. Aber der Moosmann hatte gar keinen Blick für diese Kunst. Er zerrte die Truhe ohne viel Federlesens zur Hüttentür hinaus.
„Draußen haben wir besseres Licht“, meinte er. „Das Ding scheint ja randvoll zu sein.“
Also sah ihm Floritzl voller Ungeduld zu. Hoffentlich war die Flöte noch da und hoffentlich war es wirklich eine Flöte, nicht nur so ein Kinderspielzeug, mit dem man ein paar quäkende Töne erzeugen konnte und sonst nichts. Irgendwo in seinem Hinterkopf wunderte er sich außerdem noch über dieses prunkvolle Möbelstück, das der Moosmann da hinter sich hinaus schleifte. Alles andere in Bordekers Hütte war eher zweckmäßig als schön gestaltet; der Esstisch war viereckig und gerade, mit einer blitzsauberen Platte, aber völlig unverziert. Dasselbe galt für die Bänke und auch für alle anderen Möbel.
„Ist diese Truhe ein Erbstück?“, fragte Floritzl schließlich höflich.
„So etwas in der Art.“
Gut, das war geklärt und er konnte sich wieder voll auf die Flöte konzentrieren.
Als Bordeker den Deckel aufklappte, quoll ihm bereits
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