The Acid House (German Edition)
Unbehagen bemerkte.
Wir mussten nicht erst fragen: Wo ist Keith? da unsere Blicke wohl für uns gesprochen hatten.
– Ach je, ich weiß gar nicht, wie ich es euch beibringen soll. Von Keithy-Maus gibt es sehr schlechte Nachrichten, fürchte ich. Sie durchquerte das geräumige Zimmer und hob die Abdeckung von einem Glastank, der vor der Wand stand. Sie knipste seitlich am Tank ein Licht an und sagte: –Aufwachen, Schätzchen, Valerie und Crawford sind da!
Zuerst glaubte ich, es sei ein Aquarium, Keith hätte sich einfach abgeseilt, und Fiona hätte aus schierer Verzweiflung ihre emotionale Energie auf Haustiere in Gestalt irgendwelcher tropischen Fische übertragen. Im Nachhinein betrachtet war der Gedanke schon damals abwegig.
Dann bemerkte ich, dass der Tank einen Kopf enthielt. Einen menschlichen Kopf, entkörpert, enthauptet. Zudem schien der Kopf lebendig zu sein, als ich näher heranging. Die Augen im Kopf bewegten sich. Das Haar breitete sich medusenhaft um den Kopf herum aus, trieb schwerelos in der wässrigen, gelben Lösung, die ihn umgab. Diverse Schläuche, Röhren und Kabel führten in den Kopf, hauptsächlich am Hals, aber auch an anderen Stellen. Unter demGlastank war eine Konsole mit diversen Reglern, Schaltern und Lämpchen.
– Keith …, stammelte ich.
Der Kopf zwinkerte mir zu.
– Ihr dürft nicht erwarten, dass er allzu gesprächig ist, sagte Fiona. Sie schaute nach unten in den Tank: – Armer Schatz. Er kann nicht reden. Keine Lungen, versteht ihr. Sie küsste den Tank und stellte sich dann wegen des Lippenstiftflecks an, den sie hinterlassen hatte.
– Was ist mit ihm passiert? Valerie machte einen Schritt vor und zwei wieder zurück.
– Diese Maschine erhält ihn am Leben. Wundervoll, nicht? Hat uns vierhundertzweiunddreißigtausend Pfund gekostet. Sie sprach die Zahl mit langsamem, konspirativem Bedacht und gespieltem Entsetzen aus. – Ich weiß, ich weiß, fuhr sie fort, – ihr fragt euch, wie wir uns das leisten können.
– Eigentlich, sagte ich eisig, – haben wir uns gefragt, was mit Keith passiert ist.
– Oh, upps, so sorry! Es muss ja ein irrer Schock für euch sein. Keith raste auf der M25 Richtung Guildford, als der Porsche von der Straße abkam. Reifen geplatzt. Anscheinend schleuderte der Wagen über mehrere Spuren, dann durch die Leitplanke und mitten in den Gegenverkehr. Und dann frontal gegen einen riesigen Sattelschlepper; der Porsche war natürlich Totalschaden, das könnt ihr euch denken. Keith war so gut wie tot; na ja, genau genommen war er es. Arme Keithy-Maus. Sie schaute nach unten in den Tank und wirkte zum ersten Mal etwas betreten und unglücklich.
– Der Mann von der Krankenversicherung hat zu mir gesagt: In gewissem Sinn ist Ihr Mann tot. Sein Körper ist zerfetzt. Fast alle lebenswichtigen Organe arbeiten nichtmehr. Aber sein Kopf und sein Gehirn sind intakt geblieben. Wir haben eine neue Maschine, die in Deutschland entwickelt und in den Staaten bereits erprobt wurde. Wir hätten gerne Ihre Einwilligung, Keith zu behandeln. Die Behandlung ist äußerst kostspielig, aber wir können da etwas mit der Lebensversicherung deichseln, weil er technisch gesehen tot ist. Es ist eine schwierige Frage, sagte der Mann von der Krankenversicherung, und die ethischen Fragen wollen wir den Philosophen überlassen. Immerhin bezahlen wir mit unseren Steuergeldern dafür, dass sie in ihren Elfenbeintürmen sitzen und nachdenken. Das hat er gesagt. Es gefiel mir irgendwie. Na, jedenfalls, er sagte mir, seine Rechtsanwälte hätten noch ein paar offene Fragen zu klären, aber sie seien zuversichtlich, dass sie schließlich, wie er es ausdrückte, zu einem Ergebnis kommen würden. Haben wir Ihre Zustimmung? fragte er. Tja, puh, was sollte ich sagen?
Ich schaute zu Val, dann runter auf Keith. Es gab nicht viel zu sagen. Vielleicht würden sie eines Tages, bei den erstaunlichen Fortschritten der medizinischen Wissenschaft, einen Körper mit einem unbrauchbaren, demolierten Kopf finden und eine Transplantation vornehmen können. Daran herrschte ja kein Mangel; ich dachte da an diverse Politiker. Ich vermutete, einen gesunden Körper zu finden, an dem man den Kopf anbringen konnte, war der Grund für diese schmutzige und bizarre Übung. Ich wollte es wirklich nicht wissen.
Wir setzten uns zum Essen hin. Fiona hätte den Abend vielleicht als Erfolg verbucht, wie ein Geschäftsessen oder ein Projekt, das abgeschlossen werden musste. Wir leisteten uns ein oder zwei
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