The Acid House (German Edition)
zumute war. Hätte ich doch diese verdammte Kreuzfahrt nicht gebucht. Da habt ihr den dummen verdammten Idioten Jim Banks. Immer den Weg des geringsten Widerstands. Ich hätte mich mit dir hinsetzen und reden sollen, reden und wieder reden. Wir hätten alles wieder ins Lot bringen können, Joan.
Ich spüre eine Hand auf meiner. Mariannes. Ich habe Tränen in den Augen, wie so ein verdammter Himbeerbubi.
– Ich habe Sie verletzt, Jim. Es tut mir wirklich so leid.
– Nein, ganz und gar nicht, lächle ich.
– Ich verstehe das, wirklich, glauben Sie mir. Mutter … sie war so schwierig, sagt sie. Jetzt ist sie selbst den Tränen nahe. Was sind wir für ein unmögliches Paar. – Ich habe getan, was ich konnte. Ich hatte alle Chancen, mir ein anderes Leben aufzubauen. Ich wusste nicht wirklich, was ich wollte. Eine Frau muss sich immer entscheiden, Jim, entscheiden zwischen Ehe und Kindern und einer Karriere. Immer, an irgendeinem Punkt. Ich weiß nicht. Mutter war immer da, brauchte immer jemanden. Sie hat kampflos gewonnen. Aus der Karrierefrau wurde die alte Jungfer, verstehen Sie.
Sie wirkte so verletzt und durcheinander. Meine Hand versteifte sich auf ihrer. Wie sie auf den Boden schaut und ihr Kopf sich plötzlich hebt, wenn sie mir in die Augen sieht: Es erinnert mich an dich, Joan.
– Verkaufen Sie sich nicht so unter Wert, sage ich zu ihr.–Sie sind eine außergewöhnlich tapfere Frau, und eine sehr schöne noch dazu.
Sie lächelt, jetzt gefasster: – Sie sind ein wahrer Gentleman, Jim Banks, Sie sagen die nettesten Dinge.
Ich konnte nicht mehr tun, als das Lächeln zu erwidern.
Ich genoss das Zusammensein mit Marianne. Es war lange her, dass es mir mit einer Frau so gegangen war. Dass ich diese Intimität empfunden hatte. Wir redeten den ganzen Abend. Kein Thema war tabu, und ich war in der Lage, über Joan zu sprechen, ohne sentimental zu wirken und mein Gegenüber zu deprimieren. Das wäre anders gewesen, wenn die Kennedys mit am Tisch gesessen hätten. In ihren Ferien wollen sich die Leute so was nicht anhören. Aber Marianne, die selbst noch in Trauer war, konnte es mir nachfühlen.
Ich redete und redete, Unsinn meistens, aber für mich wunderschöne, schmerzliche Erinnerungen. Ich hatte noch nie vorher so mit jemandem darüber gesprochen. – Ich erinnere mich noch, als ich mit Joanie diese Kreuzfahrt machte. Ich geriet in eine schreckliche Situation. An unserem Nebentisch saßen Deutsche, reizende Leute. Wir teilten uns einen Tisch mit einem ziemlich reservierten Franzosenknaben und einem bezaubernden italienischen Mädchen. Ein Gesicht wie ein Filmstar. Seltsamerweise hatte der Franzosenknabe kein Interesse. Ich glaube, er war vielleicht, na ja, so eben, Sie wissen, was ich meine. Aber immerhin, da hatten wir einen hübschen Staatenbund beisammen. Es war nur so, dass wir dieses ältere Ehepaar aus Worcester dabei hatten, die für Deutsche nicht das Mindeste übrighatten, weil sie an die Kriegsjahre und all das zurückdachten. Tja, ich finde, die Vergangenheit sollte man ruhen lassen. Also entschied sich der gute alte Jim Banks, den Friedensengel zu spielen …
Gott, was ich mir zurechtquasselte. Meine Hemmungen schienen mit jedem Schluck Wein weiter zu schwinden, und wir waren bald bei der zweiten Flasche; Marianne nickte mir verschwörerisch zu, als ich sie bestellte. Nach dem Essen zogen wir in die Bar um, wo wir noch ein paar Gläser tranken.
– Ich habe den Abend sehr genossen, Jim. Ich wollte nur, dass Sie das wissen, sagte sie lächelnd.
– Für mich war es einer der schönsten Abende … seit Jahren, sagte ich zu ihr. Ich hätte fast gesagt: seit Joanie. Und das war er wirklich. Diese wunderbare Frau hatte es geschafft, dass ich mich wieder menschlich fühlte. Sie war wirklich ein ganz feiner Mensch.
Sie hielt meine Hand, während wir einige Sekunden nur dasaßen und uns in die Augen blickten.
Ich ölte meine Kehle mit einem Schluck Scotch. – Eins der schönen Dinge am Älterwerden, Marianne, ist, dass der drohende Sensenmann im Hintergrund sozusagen die Geistesgegenwart schärft. Ich finde Sie sehr anziehend, Marianne, und bitte, fassen Sie das nicht als Beleidigung auf, aber ich würde gerne die Nacht mit Ihnen verbringen.
– Ich bin nicht beleidigt, Jim. Das wäre fantastisch, erglühte sie.
Das machte mich ein wenig schüchtern. – Ob es unbedingt fantastisch wird, weiß ich nicht. Ich bin ein bisschen aus der Übung in diesen Dingen.
– Es heißt doch, das wäre
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