The Acid House (German Edition)
Redaktion. Lass ein Foto von dir machen, grinste der schwarze Typ. Er wusste, dass daran nicht zu denken war. Ich würde den Fotzen nen Scheiß erzählen; sonst würden die Bullen Treibjagd auf mich machen.
– Eh, macht doch, wasser wollt, sagte ich und wandte mich ab.
Eine dicke Frau kam auf mich zu und zeterte los: – Die halten da drin anständige christliche Jungs fest. Leroy Ducane und Orit Campbell. Jungs, die nie was Unrechtes getan haben. Von den Jungen reden wir hier, nicht von irgendnem verkommenen Drogenteufel.
Ein langer Rasta mit John-Lennon-Brille schwenkte drohend ein Transparent vor meiner der Nase. Darauf stand:
ANDS OFF DE BLACK YUTE
Ich drehte mich zu Ange um und verzog mich zitternd vom Schauplatz des Geschehens, ein paar hämische Bemerkungen und Drohungen klangen mir noch in den Ohren. Mir war, als würden wir noch ein Stück verfolgt. Wir gingen schweigend weg und redeten kein Wort bis zum Bahnhof Dalston Kingsland. Paranoia pur.
– Wo fährst du hin? fragte Ange.
– Ich nehm n Zug, die North London Line zu so m Kumpel von mir, Albie, unten in Kentish Town. Ich mach mich frisch mit der Schore von den Bullen, danach verzieh ich mich nach Bush. So schön zivilisiert da, verstehste? Fick-Hackney steht mir bis da oben, is ja schlimmer als wo ich herkomm. Is mir zu beschissen kleinkariert da. Zu viele selbstgerechte neugierige Fotzen. Zu isoliert, das is das Problem. Keine U-Bahn. Nich genug Sozialkontakt mit m Rest von London. Tiefste Provinz mitten inner Stadt.
Ich geiferte. Geiferte und fühlte mich kotzelend.
– Du musst mich mitnehmen. Die Bude ist am Arsch. Die ist bestimmt längst Schutt und Asche. Die Bullen haben bestimmt nicht dran gedacht, die Tür zu sichern.
Ich wollte Ange nicht am Bein haben; die hatte eindeutig die Seuche. Die Seuche wird gewöhnlich durch engen Kontakt mit notorischen Pechvögeln übertragen. Ich konnte allerdings kaum was dagegen sagen oder tun, denn da kam schon der Zug, wir stiegen ein und saßen uns in erschlagenem, krankem Schweigen gegenüber.
Als der Zug anfuhr, sah ich verstohlen zu ihr hin. Ich hoffte bloß, sie erwartete nicht, dass ich etwa mit ihr schlief. Nach Sex war mir jetzt wirklich nicht. Albie würde vielleicht, wenn sie’s wollte. Es war ein beunruhigender Gedanke, aber nur, weil jeder Gedanke, der nicht unmittelbar mich selbst betraf, beunruhigend war. Bald würde ich ja von all dem erlöst sein; erlöst von allen bohrenden, quälenden Gedanken, dachte ich, und tastete nach dem Päckchen in meiner Hosentasche.
Vat ’96
Fiona bekniete Valerie schon seit unanständig langer Zeit, wir müssten endlich einmal zu ihr und Keith zum Essen kommen. Wir hatten die Dinge schleifen lassen, aber schließlich wurde es uns peinlich, immer wieder abzusagen, und es erschien uns weniger lästig, endlich einen Termin auszumachen und einen Abend bei ihnen zu verbringen.
Wir trafen Fiona in bester Laune an. Sie war befördert worden; sie arbeitete für eine Gesellschaft, die Versicherungen an Großkunden verkaufte. Auf diesem Level bestand Versicherungen zu verkaufen zu neunzig Prozent aus Public Relations, die wiederum, wie einem jeder unvoreingenommene PR – Mensch sagen wird, zu fünfundneunzig Prozent aus gepflegter Gastlichkeit und zu fünf Prozent aus Information bestanden. Das Problem mit Fiona war, dass sie, wie viele karriereorientierte Menschen, unfähig war, ihr berufliches Rollenverhalten abzulegen, und daher gnadenlos langweilig sein konnte.
– Kommt rein! Wundervoll, dass ihr da seid! Hoppla! Todschickes Outfit, Val! Wo hast du das her? Crawford, hast du ein breites Kreuz bekommen. Steht dir aber gut. Hat er Krafttraining gemacht, Val? Hast du Krafttraining gemacht, Crawford? Ihr seht toll aus, alle beide! Ich hole uns ein paar Drinks. Wodka-Tonic für dich, Val, setzt euch, setzt euch, ich will alle eure Abenteuer hören, alles, Menschenskind, hab ich euch Sachen zu erzählen … Du willst vermutlich einen Jack Daniels, Crawford?
– Äh, eine Dose Bier wäre mir recht.
– Oh, Bier. Oh. Sorry. Upps. Wir haben überhaupt kein Bier im Haus. Oh Gott. Crawford und sein Bier!
Erst machte sie so einen Wirbel, und dann kanzelte sie mich ab, als sei es eine Todsünde, um ein Bier zu bitten. Ich gab mich mit einem Jack Daniels zufrieden, den Fiona extra für mich besorgt hatte.
– Oh, Val, ich muss dir von diesem erstaunlichen Mann erzählen, den ich kennengelernt habe …, setzte Fiona an, ehe sie unsere Überraschung und unser
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