The American Monstershow in Germany
schwarzes Samtkostüm, das ihre Formen zusätzlich zur Geltung brachte.
Der Maler sah diese Frau und wusste, dass er sie malen würde.
Zwei Tage nachdem der Maler sein neues Gegenüber kennengelernt hatte, zeigte sich die Frau zum ersten Mal nackt am Fenster.
Der Maler sah aus dem Fenster seiner Wohnung und stellte als erstes fest, dass die Frau von gegenüber die Gardinen zur Seite gerafft hatte. Dann sah er sie. Sie stand in der Mitte des Zimmers und war gerade dabei, sich zu entkleiden. Für Augenblicke schüttelte eine unbändige Lust den Maler wie ein Fieberschauer.
Er starrte wie gebannt auf die Schönheiten der Natur, die ihm dargeboten wurden. Er war sich sicher, die Frau wusste, dass er sie beobachten konnte. Sie wollte es, wozu sonst hätte sie die Gardinen zur Seite raffen sollen.
Diese Frau wusste um ihre Schönheit, und sie wollte sie zeigen. Sie zeigte ihre glatte, straffe Haut, die eine reizvolle Blässe bedeckte. Man konnte glauben, eine Statue aus weißem Marmor vor sich zu sehen. Ihre Brüste waren Kuppeln einer weißen Kathedrale der Begierde. Und dort, wo ihre Schenkel sich im Tal der Venus trafen, flammte das Haar wie ein ewiges Feuer.
Von jenem ersten Tag an verging eine Woche, ehe der Maler den Mut fand, die Frau zu fragen, ob er sie malen dürfe. Er öffnete sein Fenster und rief die Frage zur anderen Straßenseite hinüber, gerade als die Frau begann, sich zu entkleiden. Sie sagte kein Wort. Sie sah ihn nur für ein paar Sekunden aus dunklen Augen an, und der Maler glaubte, Trauer in den Zügen der Frau erkannte zu haben. Dann nickte sie. Sie sagte kein Wort, nickte nur leicht mit dem Kopf und entkleidete sich weiter.
Ein aufmerksamer Beobachter hätte in diesem Nicken eine Spur von Resignation erkannt. Es sah aus, als nicke ein zum Tode Verurteilter, wenn ihn der Richter fragt, ob er das Urteil vernommen habe. Doch der Maler war nicht aufmerksam, denn er war von der Schönheit der Frau viel zu sehr gefesselt.
So begannen die Sitzungen des Malers mit der Frau von gegenüber. Sie bega nnen stets nach Einbruch der Dunkelheit und dauerten bis zur Mitternacht. Dann verschloss die Frau das Fenster mit den Wolkengardinen und zog sich zurück. In den Stunden zuvor aber posierte sie dem Maler in ihrer ganzen Pracht. Von Tag zu Tag steigerte sich im Herzen des Malers die Sehnsucht. Und eine weitaus weltlichere Sehnsucht steigerte sich in seinen Lenden fast mit jedem Blick, den er auf diese Frau warf.
Der Maler versuchte, sich der fremden Schönen anzuvertrauen, doch gab sie auf Fragen seinerseits niemals Antwort. Manchmal nur neigte oder schüttelte sie leicht den Kopf. Der Maler versuchte, die Frau außerhalb ihrer Wohnung zu treffen, doch es wollte ihm nicht gelingen. So sehr er auch hoffte und wartete, nie sah er sie das Haus verlassen, nie traf er sie beim Einkaufen oder Spazierengehen. Manchmal schien es fast, als würde die Frau von etwas oder jemandem in ihrer Wohnung gefangen gehalten.
So verstrich fast ein Monat. Der Maler lebte in dieser Zeit in einem ständigen Widerstreit der Gefühle. Ein ums andere Mal packte ihn während der Arbeit eine unbändige Lust. Er wäre nur zu gern hinübergerannt zu dieser unbekannten Schönen, hätte von ihr Besitz ergriffen und sein Verlangen gestillt. Aber eine unerklärliche Furcht ließ ihn davor in letzter Sekunde immer wieder zurückschrecken. Sinnliche Träume quälten den Maler. An manchen Tagen überfielen ihn diese Trugbilder sogar am Tage.
Er sah die schöne Frau vor sich. Nackt und in ihrer ganzen Schönheit saß sie auf einer bunten Sommerwiese. Die Arme hatte sie ausgebreitet, die Schenkel einladend geöffnet. Sie erwartete den Maler. Er stand da, verzaubert. Dann rannte er auf sie zu, warf sich in ihre Arme, auf ihren Körper. Eine zärtliche, weiche Wärme umfing ihn. Lust durchflutete seinen Körper und ließ eine Brandung in seinem Kopf gegen ferne Gestade schlagen. Dann schüttelte ihn der Orgasmus, und noch während er ihn in gierigen Zügen trank, kam er wieder ein wenig zu klarem Verstand. Und dann sah er, dass er nicht auf einer bunten Wiese mit der Schönen war. Dieser Ort, wo sie es getrieben hatten, war ein Friedhof.
Die fremde Frau von der anderen Seite der Straße verstand es ausgezeichnet, ihre Reize zur Geltung zu bringen. Sie zeigte immer neue Varianten kunstvoller Verhüllung und Wiederentdeckung bei der täglichen Entkleidung. Sie wand sich, präsentierte bald diese, bald jene Körperpartie. Zärtlich fuhr ihre
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