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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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Kerstin mitten im Zimmer am Boden auf dem Rücken lag und mit blinden Augen zur Decke starrte, stand Dirk keine Armlänge von Vera entfernt, schaute in deren hervorquellende Augen und weinte wie ein verirrtes Kind. Beide waren vorerst keine große Hilfe, wenn es darum ging, darüber nachzudenken, wie man aus diesem Schlamassel wieder herauskam.
     
    Zur gleichen Zeit, als Vera Schlüter ihren Todesschrei ausstieß, durchfuhr ein unglaublicher, namenloser Schrecken Ursula Schlüter, Veras Mutter. Sie stand in der Küche und bereitete das Abendessen für die Familie vor. Bei den Schlüters war es seit Jahren üblich, dass zum Abend eine warme Mahlzeit auf den Tisch kam. Das lag vor allem daran, dass Herr Schlüter Kantinenessen verabscheute, so als wäre dieses grundsätzlich mit Salmonellen infiziert. Also stand Veras Mutter wie jeden Tag zur gleichen Zeit an der Arbeitsplatte des Küchenschranks. Sie schnitt gerade Schweinefleisch in feine Streifen, denn es sollte an diesem Abend Geschnetzeltes „Stroganoff“ geben.
    Frau Schlüter stand dort, als sie jener Schrecken wie ein Blitz durchfuhr. Ihr war tatsächlich, als habe sie von irgendwoher ein Stromstoß durchrast. Sie zitterte am ganzen Körper, ließ das Messer fallen und schlug beide Hände vor das Gesicht. Das Messer fiel zu Boden und spießte dicht neben ihrem rechten Fuß in den Küchenfußboden.
    „ Mein Gott, was war das?“ fragte Ursula Schlüter in ihre leere Küche hinein. Noch immer zitterte sie ein wenig und war nicht in der Lage, sich von der Stelle zu bewegen. Ihr war, als habe man ihre Beine (die waren aus Pudding) am Boden festgeleimt.
    Nur schwerfällig kehrte der klare Verstand an seinen angestammten Platz in ihrem Kopf zurück. Mühsam verdrängte er das Entsetzen, das sich dort festgesetzt hatte. Es war, als sei er Sisyphos, der den Felsblock den Hügel hinaufrollen will. Mit den klaren Gedanken kamen auch die Fragen.
    ‚ Was hat mich so in Panik versetzt?‘
    ‚ 'Habe ich etwas gesehen oder nur etwas gespürt?‘
    ‚ Ist es eine Gefahr, die mich selbst betrifft, meinen Mann oder meine Tochter?‘
    ‚ Ist es eine reale Gefahr oder nur ein Hirngespinst?‘
    Ihren Mann konnte es kaum betreffen. Der saß um diese Zeit gewiss noch in seinem Büro vor dem Bildschirm seines Computers. Selbst wenn er heute eher nach Hause aufgebrochen war, Hans-Joachim war ein sicherer Fahrer.
    ‚ Wenn er aber doch einen Unfall hatte?‘ Man las jetzt täglich von schweren Unfällen in der Zeitung.
    Aber Ursula Schlüter spürte geradezu körperlich, dass dies nicht zutraf, dass es nicht Hans-Joachim war, dem etwas zugestoßen war, sondern Vera. Ja, mit Vera musste etwas passiert sein, und es war etwas Furchtbares.
    Kalter Schweiß stand plötzlich auf der Stirn von Ursula Schlüter. Sie spürte, dass die Beine unter ihr endgültig den Dienst versagen würden. Sie musste sich unbedingt hinsetzen, wenn sie nicht in ganzer Länge hinschlagen wollte. Sie zog sich einen der Küchenstühle herüber. Es bereitete ihr Mühe, als bewege sie den Berg Ararat. Dann ließ sie sich auf den Stuhl fallen und klappte nach vorn wie ein Taschenmesser.
    Fünf Minuten saß Ursula Schlüter so auf dem Stuhl, dann waren das Entsetzen und damit auch die nervliche Anspannung verflogen. Der zurückgekehrte logische Verstand fragte, ob das erste Anzeichen von Senilität wären.
    Aber ein leichtes Unbehagen blieb. Es hatte sich im Magen festgesetzt und sandte von dort aus Warnrufe des Unwohlseins durch den Körper.
    ‚Wo ist Vera jetzt ?‘ fragte sich Frau Schlüter.
    Sie hatte gesagt, sie würde zu Dirk gehen und dann, um ihre Mutter endgültig zu beruhigen, hinzugefügt, Kerstin würde auch da sein.
    War das am Ende eine Lüge gewesen? War Vera mit diesem Dirk allein, und dieser war über sie hergefallen?
    ‚Natürlich ist das Unsinn‘ , stellte Ursula Schlüter im Stillen fest, aber schließlich war Vorsicht die Mutter der Porzellankiste, und so schadete es gewiss nichts, wenn sie einmal nachfragte. So beschloss Ursula Schlüter, einmal hinüber zu den Wagners, Kerstins Eltern, zu gehen, um nachzuforschen, was die jungen Leute heute trieben.
    Die Wagners wohnten nur vier Häuser von den Schlüters entfernt. Natürlich wäre es einfacher und bequemer gewesen, anzurufen, doch ein Telefon nannten Schlüters noch nicht ihr Eigen, auch wenn die Vergabe jetzt deutlich schneller vonstattenging.
     
    Zu etwa dergleichen Zeit, als Ursula Schlüter in den Korridor zur Garderobe ging, um

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