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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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rechts verschwand. „Auf diese Weise kann ich dieses Jahr vielleicht mal ohne meine vermaledeiten Eltern in Urlaub fahren.“
    „ Aber nur, wenn wir auch genügend finden“, sagte Andreas und wandte sich der Wohnzimmertür zu. „Wo willst du denn hin?“ fragte er dann.
    „ Weiß nicht genau. Aber auf alle Fälle in eine große Stadt. Raus aus diesem Kuhkaff, wo nie was passiert.“ Kerstin ahnte nicht, wie viel in einem Kuhkaff passieren kann. Wahrscheinlich hätte sie sich dann niemals gewünscht zu erleben, dass einmal etwas passierte.
    Die Fensterläden im Wohnzimmer waren geschlossen, so dass auch hier die Schwärze eines ägyptischen Grabmahls regierte. Andreas öffnete einen der Läden, das Licht floss in faden Strahlen herein. Staub von zwanzig Jahren dämpfte es.
    Der Blick aus dem Fenster ging auf das, was einmal der Vorgarten des Becker-Anwesens gewesen war. Jetzt sah es aus wie ein Weltrekordversuch im Brennesselanbau. Auf der schmalen Hauptstraße fuhr ein Traktor mit Heuanhänger vorüber. Es war September, und die Bauern hatten alle Hände voll zu tun, auch wenn es keine großen Schlagzeilen über die Ernteschlacht mehr gab.
    Andreas riss sich vom Fenster los und sah sich im Wohnzimmer um. Bis auf eine große, wahrscheinlich eichene Vitrine, die einiges Porzellan enthielt, und einen Kachelofen war es leer. An den Wänden zeigten sich noch sehr schwach hellere Flecken, wo einst weitere Möbel gestanden oder Bilder gehangen hatten. Die Vitrine war als einziges Stück vermutlich zu schwer gewesen, um sie fortzuschaffen. Vielleicht hatte sie auch einfach niemandem gefallen.
    „ Sieht aus, als wären wir nicht die ersten“, stellte Kerstin fest, und es klang enttäuscht und, mehr noch, besorgt.
    „ Was hier fehlt, fehlt schon seit Jahren“, erwiderte Andreas. „Man sieht kaum noch, dass hier außer diesem Monstrum überhaupt etwas gestanden hat. Vielleicht haben Verwandte der Beckers den Rest zur Seite geschafft.“
    „ Warum sind die nicht hierher gezogen?“
    „ Nicht jeder mag ein Kuhkaff wie Felsengrund, du doch auch nicht“, entgegnete Andreas. ‚Und nicht jeder mag dieses Haus‘, fügte er in Gedanken hinzu. „Durchsuch du das Porzellan nach brauchbaren Stücken“, wies Andreas sie an. „Ich werde sehen, ob in der Küche mehr zu holen ist.“
    Er steuerte auf die Tür zu, die Küche und Wohnzimmer verband. Gerade als er die Klinke niederdrückte, ertönte in der oberen Etage ein langgezogener, hoher Schrei. Dieser Schrei war voller Todesangst, so dass Andreas für Sekunden der Gedanke kam, alles sei nur ein Traum. In der Wirklichkeit schrie niemand so um sein Leben. Andreas wandte in zeitlupenhafter Langsamkeit seinen Blick zu Kerstin um, die inzwischen eine kalkweiße Gesichtsfarbe zeigte.
    Der Schrei schien nicht enden zu wollen. Er schwellte auf und ab wie eine Sirene.
    ‚ Vera ist da oben‘, ging es Andreas durch den Kopf, und dieser Gedanke fand sofort Bestätigung, denn während der erste Schrei in einem gurgelnden Schluchzen endete, begann oben eine zweite Person zu schreien. Dies war eindeutig Dirks Stimme. Es war auch klar und deutlich zu verstehen, was sie schrie. Es war nur ein Wort.
    Ein Name.
    „ Vera!!“
    „ Was ist da los?“ Kerstin starrte Andreas mit vor Entsetzen geweiteten Augen an.
    „ Ich habe keine Ahnung.“ Eine bessere Antwort wollte Andreas einfach nicht einfallen. Sollte er das Naheliegendste sagen: Vera ist tot?!
    Wie in Trance ließ er die Türklinke, die er noch immer umklammert hielt, los. Danach machte er einen Schritt auf den Korridor zu.
    ‚ Müssen wir wirklich dort rauf?‘ ging es ihm durch den Kopf. ‚Ja, wir müssen Dirk helfen. Wobei helfen? Vera betrauern? Wir müssen hier raus, verdammt, wir müssen hier raus!‘
    Kerstin war inzwischen aus dem hinteren Teil des Wohnzimmers zu Andreas g etreten. Sie hatte seinen Arm umfasst, und er spürte, dass sie zitterte.
    „ Wir müssen nachsehen, ob wir Vera helfen können“, brachte Kerstin hervor. Ihre Worte wurden durch zusammengepresste Lippen herausgequetscht. Vielleicht hätte sie sonst mit den Zähnen geklappert.
    „ Ja“, antwortete Andreas nur. ‚Nein, wir können Vera nicht mehr helfen und Dirk auch nicht‘, dachte er.
    „ Ich habe Angst“, gestand Kerstin.
    Andreas war heroisch. „Ich auch“, gab er unumwunden zu.
    Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur ersten Etage hinauf, wo Dirk noch immer Veras Namen schrie und stammelte. Er rief den Namen nicht, er brüllte, wie

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