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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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ein Ochse brüllen würde, der in einem brennenden Stall steht und nicht hinaus kann.
    Dann erreichten Kerstin und Andreas das Zimmer. Sie taumelten hinein und blieben wie erstarrt stehen. Es dauerte mehrere Sekunden, ehe ihr Verstand bereit war, zu begreifen, was sie da vor sich sahen. Kerstin bemerkte es zuerst, und als sich die Erkenntnis einer Säure gleich bis zu ihrem Bewusstsein durchgefressen hatte, bekam sie einen hysterischen Anfall. Sie schrie mit gellender, hoher Stimme auf, warf sich auf den Boden und wälzte sich wie in einem ekstatischen Tanz. Vielleicht wollte auch sie Veras Namen artikulieren, doch es ertönte nur der Urschrei einer bis an die Grenze der Belastbarkeit gepeinigten Kreatur.
    Vera stand an der Wand. Sie hatte sich offenbar mit dem Rücken dagegen gelehnt und stand einfach dort.
    So sah es im ersten Moment aus.
    So wollte es der Verstand sehen, ehe er doch gezwungen war, zu begreifen.
    Die Wirklichkeit war von so unheimlicher Entsetzlichkeit, dass dem Verstand gar nichts anderes übrig blieb, als zunächst mit Verdrängung zu reagieren. Jede andere Alternative hätte sofort zum Wahnsinn geführt. Aber die Verdrängung ließ sich nicht ewig aufrecht erhalten. Man konnte nicht in dieses Zimmer gehen, Vera dort sehen und einfach wieder hinausgehen, als wäre nichts wirklich Furchtbares passiert. Man konnte nicht dauerhaft verdrängen, dass Vera mit dem Rücken zur Wand von dieser gefressen wurde.
    Ja, Vera wurde von dieser Wand gefressen, langsam, aber gleichmäßig wie durch tausende Strohhalme in sie eingesaugt. Die gesamte Rückenpartie Veras war verschwunden. Blut sickerte aus der großflächigen Wunde, versickerte jedoch nach kurzer Wegstrecke in der Wand wie ein Rinnsal in der Wüste. Der Kopf war an die Wand gepresst, als habe man ihn mit einem unsichtbaren Nagel durch die Stirn dort befestigt. Ein Teil des Hinterkopfes sah aus, als wäre er mit dem Hobel bearbeitet worden. Ein Arm hing schlaff an Veras Körper herunter. Der andere war offenbar im Augenblick der Katastrophe gegen die Wand gestützt gewesen. Jetzt erschien es dem Betrachter so, als hätte Vera die Hand bis zum Gelenk in ein Loch der Wand gelegt und dieses Loch dann verschlossen. Nur der verbliebene handlose Stumpf war noch zu sehen und stützte sich scheinbar ab, um dem Grauen zu entkommen. Aber Vera konnte nicht mehr entkommen. Sie war tot.
    Anders als Dirk oder Kerstin war Andreas nicht in der Lage, alle seine Gefühle in Schreien aus sich herauszuschleudern. Er stand nur erstarrt inmitten dieses verfluc hten Zimmers und starrte mit offenem Mund auf Veras verblassende Schönheit.
    Angst und Schmerz verzerrten Veras ebenmäßige Züge zu einer wilden Grimasse. Veras Mund war noch zu einem Schrei der Verzweiflung geöffnet. Die Zunge hing wie ein alter Lappen aus der klaffenden Öffnung heraus. Die einst so sinnlichen Lippen sahen blutleer und verschrumpelt aus. Ein Blutfaden sickerte aus dem Mund und lief am bleichen Kinn hinab. Man konnte Augenblicke lang glauben, es sei nur verschmierter Lippenstift, ein sehr, sehr roter Lippenstift.
    Veras ohnehin großen Augen waren weit geöffnet. Die Augäpfel standen weit vor den Höhlen. Sie sprangen so weit vor, dass Andreas von der wahnsinnigen Vorstellung befallen wurde, er müsse sie in die Höhlen zurückdrücken, damit sie nicht hinausfielen und ihm vor die Füße rollten.
    Andreas starrte noch immer gebannt auf Vera, die mit saugendem Geräusch von irgendetwas, das einmal eine Wand war, gefressen wurde. Es sah beinahe so aus als ginge Vera rückwärts durch ein Hologramm, das eine Wand nur vortäuschte. Aber da war dieses Entsetzen in Veras Gesicht, das diese Illusion verfliegen ließ.
    Übelkeit stieg in Wellen in Andreas auf. Er musste hier raus, musste aus diesem Zimmer, aus diesem Haus hinaus. Er wollte zur Tür. Er fuhr auf dem Absatz herum, machte einen Schritt ... Die Tür war geschlossen. Der Rückweg war versperrt.
    In diesem Moment schleuderte es Andreas ‘ Mageninhalt hinaus wie bei einer Explosion in seinen Eingeweiden. Alles flog gegen die Wand neben der Tür. Die Wand machte sich sofort über die dargebotene Speise her.
    „ Friss das, du Monster“, dachte Andreas, und dies war der Augenblick, als er dem Wahnsinn entkam. Wut und Hass auf jenes Etwas, das in diesem Zimmer wütete, packten ihn und verdrängten Apathie und Hysterie zugleich. Endlich konnte er wieder klar denken, und damit war er wesentlich besser dran als Dirk und Kerstin.
    Während

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