The American Monstershow in Germany
hatte.
Heinrich Meier wusste, in welchem Schrank seine Frau die Spankörbe für die Erdbeeren des Sommers aufbewahrte, kramte einen davon heraus, legte seinen Fund, den er immer unsympathischer fand, hinein und verließ dann endgültig seinen Garten. Endgültig war ein sehr treffendes Wort.
Als Heinrich Meier in der heimatlichen Wohnung ankam, bereitete seine Frau Isolde gerade den Kaffeetisch vor. Sie hatte einen Kirschkuchen gebacken, während ihr Mann im Garten erste Voraussetzungen für die nächste gute Ernte geschaffen und dabei einen schwarzen Kubus aus Onyx – was Herr Meier aber nicht wusste – zu Tage gefördert hatte, der scheinbar voller Flöhe steckte.
„ Du wolltest doch schon um vier zu Hause sein“, bemerkte Isolde Meier nach der Begrüßung und begann, Kaffee auszuschenken. „Ich habe mir schon Sorgen gemacht.“
„ Aber das musst du doch nicht.“ Heinrich Meiers Fröhlichkeit wirkte ein wenig erzwungen, wenn er auch nicht wusste, was ihn beunruhigte. „Ich habe nur noch das hier verpackt. Darum ist mir die S-Bahn vor der Nase weggefahren.“ Bei diesen Worten deutete Herr Meier auf seinen Fund im Erdbeerspankorb, der unschuldig und ruhig darin träumte.
„ Was ist denn das?“ Isolde Meier hob den Korb interessiert hoch. „Ein Schmuckkästchen?“
„ Ich weiß nicht, ich hab’s beim Umgraben gefunden. Es wird wohl irgendwer weggeworfen haben.“
„ Irgendwie sieht es unheimlich aus“, stellte Frau Isolde fest und drehte den Spankorb um seine Achse, dabei blickte sie auf den schwarzen Kubus, als spränge sie dieser jeden Augenblick an.
„ Meinst du?“ Auch Heinrich Meier mochte „das komische Ding“, wie er den Fund inzwischen im Stillen nannte, nicht, doch gegenüber seiner Frau wollte er Schwäche nicht zeigen.
„ Es ist so… so völlig schwarz und ebenmäßig. Wie aus einem Film über Marsmenschen. Die bringen immer solches Zeug mit auf die Erde, und dann vermehrt es sich und frisst alles auf.“
„ Du siehst Gespenster. Stell es weg, wir wollen jetzt in Ruhe Kaffee trinken.“ Natürlich hatten keine Marsmenschen diese Büchse auf die Erde gebracht, sie sah viel zu irdisch aus, entschied Heinrich Meier. Was es aber wirklich war, wusste auch er nicht zu sagen.
Seine Frau Isolde ergriff den Spankorb und trug das Objekt in die Besenkammer. Dies war ein kleiner Raum, den Heinrich Meier in seiner Jugend, das heißt vor über 20 Jahren, kurz nach ihrem Einzug in diese Wohnung mit mehreren Brettern von dem langen Flur abgetrennt hatte. Dieser Verschlag war mit viel Gerümpel angefüllt, allesamt Zeitzeugen einer glücklichen Vergangenheit, die niemand bereit war wegzuwerfen, da jedem Stück allzu viele Erinnerungen anhafteten. Da fand sich Michaels Schlitten, dessen linke Kufe zerbrochen war, als er im Alter von 11 Jahren gegen einen Baum gefahren war. Wie froh waren sie damals gewesen, dass nur die Kufe gebrochen, Michael aber völlig heil geblieben war. Hier fand sich auch Cindys Puppe, die Cindys Schlafstatt nicht mehr teilen durfte, als Peter dort einen Platz fand und später dann Dirk. Aber da war Cindy bereits 21. Ein Kassettenrecorder, der in alle Einzelteile zerlegt worden war, befand sich genauso in dem Verschlag wie der Einkochtopf, den Isolde jedes Jahr zur Obsternte wieder hervorholte. Es war ein Raum der melancholischen Gedanken und Gefühle, stellte Isolde fest, und der schwarze Kubus passte absolut nicht hier hinein. Aber andererseits wusste sie nicht, wo sie mit diesem Ding sonst auf die Schnelle hin sollte. Keineswegs wäre sie bereit gewesen, es in irgendeinem der bewohnten Räume unterzubringen, dessen war sie ganz gewiss.
Als sie die Tür der Besenkammer schloss, glaubte sie, darin ein leises Stöhnen zu vernehmen, aber ihr Verstand erklärte ihr, dies könne nur der Wind im Küchenabzug gewesen sein. Der neckte sie manches Mal mit Gruselgeräuschen, wenn ihr Mann im Büro war.
„ Trotzdem, mir gefällt das Ding nicht“, sagte Isolde Meier plötzlich laut und schritt energisch in Richtung Küche. Dort saß ihr Mann und spuckte gerade einen Kirschkern auf den Rand seines Tellers. Er genoss offensichtlich den gut geratenen Kirschkuchen und hatte den merkwürdigen Fund schon wieder vergessen.
Erst am Abend wurde Heinrich Meier wieder an den schwarzen Kubus erinnert.
Isolde ließ sich mit einem Glas Apfelsaft an seiner Seite auf der Couch nieder, holte das Strickzeug ans Licht, klapperte ein kurzes Entree auf den Nadeln und fragte dann: „Heinrich,
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