The American Monstershow in Germany
am Boden des Korridors, etwa zwei Meter von der offenen Tür zur Besenkammer entfernt, lag der Kubus aus schwarzem Stein. Vielleicht wäre diese Tatsache allein wenig beunruhigend für Herrn Meier gewesen, wenn die Tür zur Besenkammer einfach aufgesprungen gewesen wäre, aber um das Maß voll zu machen, war sie offenbar aus dem Schloss geschlagen worden. Sie sah aus, als sei von innen ein Preisboxer gegen sie gesprungen. Herr Meier hatte aber noch niemals einen Preisboxer in seiner Besenkammer bemerkt. Es schüttelte ihn ein leiser Schauer, der nicht allein daher rührte, dass sein Hausmantel von auseinander klaffte. Es war das gleiche Gefühl, das ihn schon befallen hatte, als er im Garten den seltsamen Kubus zum ersten Mal in den Händen gehalten und das Vibrieren in dessen Innern gespürt hatte. Nur war das Gefühl jetzt viel stärker, und Heinrich Meier wusste nun, dass es eine Art panischer Schrecken war.
„ Was ist denn nun?“ fragte seine Frau, die inzwischen an der Schlafzimmertür erschienen war und in das Licht der Korridorlampe blinzelte.
„ Ich glaube jetzt auch, dass es das Beste sein wird, sich dieses Ding so bald als möglich vom Halse zu schaffen“, lautete Heinrich Meiers Antwort, und er deutete dabei auf den so harmlos auf dem Boden liegenden Kubus, der aber ganz offensichtlich doch nicht so harmlos war.
„ Mein Gott!“ Isolde Meier sah erst jetzt, was der Kubus angerichtet hatte. „Meinst du wirklich, er ist es gewesen?“
Die Frage wurde durch eine hilflose, beinahe verschreckte Geste in Richtung auf den seltsamen Fund unterstützt. In Isoldes Gesicht spiegelte sich zur gleichen Zeit unverkennbare Furcht vor unbekannten Mächten des Bösen.
„ Er?“ echote Herr Meier statt einer Antwort auf die Frage seiner Frau. „Wieso er? Es ist ein Ding, ein schwarzer Würfel, kein Tier.“
„ Aber es “, Frau Meier gab im Grunde bereits nach, „hat sich bewegt, es hat die Tür zur Besenkammer aufgebrochen.“
„ Vielleicht war es nur Zufall“, versuchte Heinrich Meier sich und seine Frau zu beruhigen. „Es war wahrscheinlich nicht weiter als ein Zusammentreffen ungewöhnlicher Zufälle und Umstände. Wir werden wieder zu Bett gehen. Morgen bringe ich die Tür wieder in Ordnung, und alles ist vergessen. Am Montagnachmittag werde ich dann sofort zu Denninger gehen und ihm dieses Ding zeigen. Er weiß bestimmt mehr damit anzufangen. Soll er es gleich behalten.“
„ Ja“, bestätigte Isolde, „das wird wohl das Beste sein.“ – „Was bleibt uns auch weiter übrig“, fügte sie in Gedanken hinzu.
Als die Meiers am nächsten Morgen in den Korridor traten, lag der Kubus an der gleichen Stelle, an der sie ihn in der Nacht verlassen hatten. Eine Tatsache, die das Ehepaar sofort ein wenig beruhigte. An Heinrich Meiers Entschluss, den Fund am Montag zum frühest möglichen Zeitpunkt Uwe Denninger zu übergeben, änderte dies allerdings nichts. Es waren zu viele Merkwürdigkeiten an diesem schwarzen Würfel, als dass man sie einfach ignorieren konnte. Es musste ein Fachmann her, und zwar bevor etwas wirklich Furchtbares passierte.
Am Sonntagvormittag brachte Heinrich Meier die Tür zur Besenkammer wieder in Ordnung, und gegen Mittag wurde der Kubus wieder hineinverfrachtet. Als Herr Meier ihn deswegen in die Hände nahm, spürte er, dass die Bewegung im Inneren des Würfels beträchtlich abgenommen hatte. Man konnte sogar den Eindruck gewinnen, er wäre leer. ‚Sollte alles nur Einbildung gewesen sein?‘, sinnierte Herr Meier überrascht. ‚Sind das Zeichen von Verkalkung?‘
Die Zweifel, die an einer möglichen Gefährdung durch den schwarzen Kubus aufkamen, wurden umso größer, je weniger er in den nächsten Stunden Anlass zu Überraschungen gab. Auch in der Nacht von Sonntag auf Montag regte sich in der Besenkammer nichts, und als Herr Meier am Montagnachmittag von der Arbeit nach Hause kam, hatte auch Isolde keine neuerlichen ungewöhnlichen Vorkommnisse zu vermelden. Waren es am Ende wirklich Hirngespinste? Herr Meier war ratlos, blieb aber entschlossen, Uwe Denninger aufzusuchen und ihm den Fund vorzulegen.
So kam es, dass sich am Montagabend, gegen 18 Uhr Heinrich Meier und Uwe Denninger in dessen Arbeitszimmer gegenübersaßen. Zwischen ihnen auf Denningers Schreibtisch lag der Kubus und spiegelte in seinen schwarzen, polierten Seitenflächen das Licht des vergehenden Tages. Denningers schlanke Finger strichen beinahe zärtlich über die Oberfläche des Objektes,
Weitere Kostenlose Bücher